... I will love you until my dying day

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TW: (sehr friedlicher) Tod

„Schlafen Sie gut, Herr Thewes. Gute Nacht, Herr Thewes", verabschiede die Altenpflegerin sich für die Nacht und wollte schon die Tür schließen, als Colin sie nochmal aufhielt.

„Schwester Ivana? Könnten wir morgen bitte vor dem Sonnenaufgang geweckt werden, damit wir ihn uns gemeinsam anschauen können?", bat er die Pflegerin, die ihn freundlich anlächelte.

„Natürlich. Ich werde es der Frühschicht weitergeben", versprach sie, bevor sie die Tür leise ins Schloss zog.

Mühsam drehte Colin sich um und sah zu Noah, der neben ihm im Pflegedoppelbett lag. Sie hatten wirklich Glück gehabt, dass das Altenheim, in dem sie waren, eins zur Verfügung gehabt hatte, als sie eingezogen waren. Colin wusste nicht, ob er ohne Noah neben sich überhaupt noch schlafen konnte. Er konnte sich auch nicht wirklich daran erinnern, wann das zum letzten Mal vorgekommen war. Andererseits konnte er sich an recht viele Dinge nicht mehr sehr gut erinnern. Er schätzte sich unheimlich glücklich, dass er mit über 90 Jahren mental und kognitiv noch so fit war, genau wie Noah. Alt zu werden war nicht leicht und ging mit vielen körperlichen Einschränkungen einher, zumindest war es bei ihnen so gekommen, doch immerhin waren sie nicht an Demenz erkrankt. Colin wusste nicht, wie sie damit umgegangen wären. Sie konnten immer noch Freude über ihren Besuch empfinden, wenn Denise und Claudia mit ihren Familien vorbeikamen, und Colin behielt weiterhin den Überblick über die vielen Kinder und Enkelkinder, für die sie allesamt Onkel Colin und Onkel Noah waren. Erst an diesem Nachmittag hatte es einen großen Besuch mit fast allen Familienmitgliedern gegeben, bei dem Colin und Noah sich perfekt hatten verabschieden können, auch wenn die Familien nicht wussten, was für eine Art Abschied es gewesen war.

„Hast du Schmerzen?", fragte Colin und streichelte mit einem Finger über Noahs Handrücken. Noah schüttelte den Kopf und lächelte Colin sanft an.

„Nein", sagte er leise. „Du?"

Colin schüttelte ebenfalls den Kopf. Ihre Schmerzmittel wirkten. Sie würden eine ruhige Nacht haben.

„Schlaf gut, love."

„Du auch, sunshine."

„Guten Morgen, Herr Thewes. Sie wollten zum Sonnenaufgang geweckt werden, ja?" Die ruhige Stimme der Pflegerin riss Colin aus dem Schlaf. Es dauerte einen Moment, bis er sich orientiert hatte, doch dann nickte er.

„Ja. Danke, Schwester Tina", murmelte er. Sein Nacken war steif und seine Hüfte schmerzte ein wenig, aber heute wollte er sich nicht mit Schmerzmitteln betäuben. Er drehte sich zu Noah und fuhr ihm sanft über die Wange, bis dieser die verschlafenen Augen öffnete und Colin dann automatisch anlächelte. Ihre Hände hatten sich in der Nacht nicht voneinander gelöst und Colin drückte Noahs Hand jetzt einmal, bevor Schwester Tina kam, um beiden beim Aufstehen und Anziehen zu helfen.

„Können wir uns nach draußen in den Garten setzen?", fragte Colin, während Noah sich wacklig in seinem Rollstuhl niederließ.

„Natürlich. Ich begleite Sie bis dahin", lächelte Schwester Tina und langsam machten sie sich auf den Weg in den Garten des Altenheims. Colin war selbst auch nicht mehr gut zu Fuß unterwegs, doch wenn er Noahs Rollstuhl schob, dann ging es. Notfalls war die Pflegerin da, um ihn zu stützen. Sie schafften es ohne Zwischenfälle nach draußen, wo sie sich beide mit Hilfe von Tina auf einer Bank niederließen, die nach Osten ausgerichtet war. Es war noch dunkel draußen und ein wenig frisch, weswegen Tina eine dünne Decke über die Beine von Colin und Noah legte.

„Ich muss jetzt wieder rein. Wenn etwas ist oder Sie wieder zurück möchten, dann haben sie die Klingel, ja?", sagte die Altenpflegerin und deutete auf die Notfallklingel.

Come what may | NolinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt