Come what may | Nolin

I hope you know

„Onkel Noah, fährst du mit mir Geisterbahn?", bettelte Denise und sah Noah mit ihren großen braunen Augen flehend an. „Die anderen sind so langweilig und trauen sich nicht!"

„Hey!", beschwerte ihr Vater Kilian sich, während Julia lachend eine Hand auf den Arm ihres Ehemanns legte.

„Lass gut sein, Schatz. Mit zehn Jahren ist der Onkel einfach cooler als der Vater", meinte Julia.

„Er ist nicht mal ihr echter Onkel", brummelte Kilian beleidigt, doch Noah wusste, dass er es nicht böse meinte. Sie waren mittlerweile seit guten zwölf Jahren befreundet, seit er mit Julia zusammengekommen war. Julia hatte damals ihr Lebensziel erreicht und die Rolle der Julia im Stadttheater ergattert, und Kilian war ihr Romeo gewesen, sowohl auf der Bühne als auch kurz darauf im echten Leben. Nur ohne die ganze Tragödie dabei. Julia hatte viel Lob für ihre Performance bekommen und immer gemeint, dass sie gar nicht so viel geschauspielert hatte, weil sie sich sehr schnell in Kilian verliebt hatte. Ab diesem Zeitpunkt hatte es viele Doppeldates gegeben und Kilian war Teil ihrer Gruppe geworden. Diese war irgendwann durch die Geburten ihrer Töchter Denise und Claudia erweitert worden.

„Natürlich, Denny, gehen wir, während die Langweiler hier Dosen werfen können", grinste Noah und drückte Colin noch einen schnellen Kuss auf die Wange, bevor Denise ihn an der Hand Richtung Geisterbahn zog.

Noah fand die Fahrt ganz lustig und auch Denise schien sich gut zu amüsieren, auch wenn sie öfter mal in Noahs Ohr kreischte und seine Hand fast zerquetschte. Das würde er ihren Eltern natürlich nicht erzählen. Er liebte seine zwei Patenkinder wirklich sehr, sie waren Teil ihrer Familie. Colin und Noah hatten sich gegen Kinder entschieden, aber dafür hatten sie viel Spaß mit Julias und Kilians Kindern, ohne die ganze Verantwortung, schlaflosen Nächte und das Chaos in ihrem Leben.

Die Fahrt endete und sie gingen wieder zurück zu den anderen, während Denise ununterbrochen aufgeregt plapperte und erzählte, was sie bei den Geistern am besten fand. Noah freute sich, dass sie seine Leidenschaft für Horror teilte und sah schon viele gemeinsame Filmabende in ihrer Zukunft. Denise ließ seine Hand los, als sie bei ihren Eltern und ihrer Schwester angekommen waren und berichtete diesen nun alles bis ins kleinste Detail. Lächelnd ging Noah auf Colin zu, der ihm schon mit einem liebevollen Ausdruck entgegengeblickt hatte.

„Na? Lebt deine Hand noch?", fragte Colin mit einem Zwinkern und Noah lachte.

„Es geht. Denny hat sich tapfer geschlagen, würde ich sagen", erwiderte Noah und wollte gerade einen Arm um seinen Mann legen, als dieser hinter seinem Rücken eine rote Plastikrose hervorzog und Noah überreichte. Überrascht sah Noah zu Colin auf und spürte Hitze in seinen Wangen aufsteigen. Wie konnte Colin ihn nach all den Jahren immer noch überraschen und so süß sein? Sein Herz schlug schneller, als ob er wieder 15 wäre und sie gerade ihr erstes Date hatten.

„Wo hast du die denn her?", fragte Noah und versuchte, nicht allzu gerührt zu klingen. Er ging mit großen Schritten auf die 40 zu, er konnte sich nicht wie ein Teenie verhalten, vor allem nicht vor seinen Patenkindern.

„Hab sie beim Bogenschießen für dich gewonnen", erzählte Colin lächelnd. Er hatte das Hobby bei einer ihrer Reisen für sich entdeckt und war wirklich gut darin. Noah war überzeugt davon, dass Colin alles meistern konnte, wenn er es sich in den Kopf gesetzt hatte. Er gab einfach nie auf.

„Und das war der Hauptpreis?", fragte Noah zweifelnd. Er war sich sicher, dass Colin den Hauptpreis gewonnen hatte. Colin deutete auf einen riesigen Teddybären, den Claudia überglücklich in den Armen hielt und den Noah bis dahin seltsamerweise gar nicht wahrgenommen hatte.

„Ich hab gefragt, ob ich nochmal schießen darf, um eine Rose zu bekommen", sagte Colin verlegen und Noah wusste wirklich nicht, womit er Colin verdient hatte. Ihm fiel keine Antwort ein, also legte er eine Hand an Colins Wange und küsste ihn zärtlich.