Lucy pov.
'Es fühlt sich an, als hätte ich mein gesamtes Leben, alles was ich mir aufgebaut habe, weggeschmissen, um hier her zurückzukommen... in dieses Loch.' Doch nachdem mein Bruder Eggsy mich damals angerufen und von Mums Situation erzählt hat, bin ich zurückgekehrt. 'Ich musste einfach.', denke ich, während ich die letzten Gläser hinter dem Tresen poliere und diese zurück ins Regal stelle. "Lucy!", reißt mich die tiefe Stimme von meinem Chef und dem Inhaber der Kneipe Mike aus den Gedanken. "Du kannst für heute Schluss machen. Wir sehen uns dann morgen Mittag."
Müde schließe ich nach meiner Schicht die Wohnungstür auf und gehe ins Wohnzimmer, wo ich mit Freude feststelle, dass Dean nicht anwesend ist. Freudig umarme ich meinen Bruder und streiche meiner kleinen Schwester, die schlafend in ihrem Bettchen liegt über das kleine Köpfchen. Der Kontakt zu meiner Mutter ist, nun ja, sagen wir sporadisch, besser als früher und wesentlich besser als zu der Zeit, bei der ich bei der Navy war. Sie hat mir durchgängig Vorwürfe gemacht und mir weiß machen wollen, dass sie mich ebenso wie meinen Vater verlieren würde. Aber ich bin schließlich nicht ihretwegen zurückgekehrt, sondern wegen meiner Geschwister. Auf meinen kleinen Bruder lasse ich nichts kommen und auch meiner kleinen Schwester soll kein Leid widerfahren... Den Tag über verbringe ich mit meinem Bruder und als am frühen Abend Dean auftaucht, verkrümele ich mich schnell wieder in meine eigenen vier Wände, wo ich an meinem Laptop nach neuen Job-Angeboten in London suche. Besser bezahlt und am besten wieder in dem Bereich in dem ich mich auskenne...
Am späten Abend höre ich meine Mutter nach Eggsy rufen, die ihn fragt, ob er Blättchen hat. Nach einem kurzen Gespräch höre ich, dass sich mein Bruder meinem Zimmer nährt, weshalb ich kurzerhand die Tür öffne und ihn frage: „Alles gut?" „Ja. Soweit. Mum vergnügt sich mit Dean und seinem Pudel. Ich soll Blättchen holen, aber dachte mir ich schaue bei dir vorbei und frage, ob du mit in den Pub willst. Musst du nicht eh arbeiten?" „Ne, erst morgen Mittag wieder, aber wenn du schon mal hier bist, verbringen wir jetzt ein wenig Geschwisterzeit zusammen."
Schnell schnappe ich mir meine Lederjacke, mein Portmanie und meine Schlüssel und folge meinem kleinen Bruder aus der Wohnung. Im Wohnzimmer fällt mein Blick kurz auf meine Mutter, welche mit Dean und seinem Anhängsel im Schlafzimmer verschwindet. Enttäuscht schüttele ich meinen Kopf und verlasse mit meinem Bruder die Wohnung und unseren Block, welcher sich super zum Parkour springen eignet. Schweigend laufe ich mit Eggsy, welcher seine Hände in die Taschen seiner Collegejacke vergraben hat, zum Black Prince, dem Pub, in welchem ich morgen auch wieder arbeiten werde. Er ist dort wohl mit seinen Freunden verabredet. Schnell schubse ich die Tür auf und bestelle, während Eggsy sich zu seinen beiden Kumpels setzt, ein Bier und ein Wasser und begebe mich dann mit unseren Getränken zu meinem Bruder, dem ich das Bier reiche...
„Wenn Dean eure Mutter so scheiße behandelt, warum verlässt sie ihn nicht?", fragt einer der beiden, nachdem wir bereits einige Minuten am Tisch sitzen. „Keine Selbstachtung, dass ist ihr Problem." „Ach was, wieso sollte sie keine Selbstachtung haben, sie hat echt was vor der Hütte. Nicht sauer sein Kumpel.", lacht er, was auch mich traurig schmunzeln lässt. „Irgendwann werde ich ihm die Fresse einschlagen.", murmelt Eggsy neben mir, was mich die Augen verdrehen lässt. „Du hast schon genug Scheiße angestellt, du brauchst nicht auch noch ne Körperverletzung. Dann wanderst du echt ein und da kann ich dich auch nicht rauskloppen.", gebe ich meinen Senf dazu und nehme einen Schluck aus meinem Glas. „Ich stimme deiner Schwester zu man. Außerdem er wird dafür sorgen, dass die Idioten dich fertig machen und dann so tun, als wüsste er nichts.", meint sein dunkelhäutiger Freund und zeigt auf die Gang von Dean, die an einem Tisch an der Wand sitzen, weshalb ihm der junge Mann der mir gegenübersitzt, leicht in die Seite boxt.
„EHHY! Denkt ihr, ihr könnt Scheiße über uns labern und wir machen nichts, nur weil der Boss Eggsys und ihre Mutter bumst?!", brüllt der Halbstarke von Nachbartisch zu uns rüber. „Na super.", murmle ich und sehe schon das nächste Problem auf uns zukommen. „So ungefähr. Ja.", murmelt mein Bruder provozierend, was den anderen Typ dazu bringt aufzustehen. Auch die Versuche der anderen die Situation zu deeskalieren, schlagen fehl. „Ihr Typen seid hier nicht mehr willkommen. Abmarsch! Aber deine Schwester kann gerne bleiben und uns Gesellschaft leisten.", zischt uns der Gangtyp zu und zwinkert mich widerlich an, weshalb ich mich erhebe. Lässig gehe ich auf ihn zu. „Tut uns leid, die Jungs haben wohl alle einen zu viel im Tee. Wir wollen kein Streit und gehen einfach. Ich bringe sie nach Hause.", damit entferne ich mich wieder von dem Typen, ignoriere sein Angebot und schubse Eggsy leicht vor mich, damit er von dem Typen weggeht und auch rausgeht. Kurz höre ich ihn vor mir noch ein „Opfer." murmeln, was ich jedoch getrost ignoriere.
„Ach, die waren es echt nicht wert Leute.", murmelt Garys Kumpel, während sie durch die Seitentür rausgehen. Kurz reibe ich meine Hände aneinander, um sie auf Grund der plötzlichen Kälte zu wärmen, als Eggsy: „Es scheiße kalt hier. Also warum laufen wir?", von sich gibt und lachend den Autoschlüssel von dem Vollidioten aus seiner Jackentasche zieht. „Du hast ihm seine Schlüssel geklaut? Alter." „Ja hab ich. Und jetzt klauen wir seine Karre.", höre ich Eggsy sagen, als ich mich ausklinke. „Ich fürchte ihr müsst alleine Spaß mit dem Wagen haben. Ich habe noch was zu erledigen. Baut keinen Mist und verletzt euch nicht. Eggsy? Pass auf dich auf und mach ja keine Scheiße. Ich warne dich.", murmle ich, drehe mich von ihm weg und gehe schmunzelnd meiner Wege.
Bedachten Schrittes laufe ich die engen Gassen Londons entlang und betrachte die hellerleuchteten Schaufenster der Läden. Ich sollte mir wohl auch mal irgendwann wieder was neues leisten... Meinen Spaziergang in Richtung unserer Wohnung fortsetzend, schweifen meine Gedanken wieder ab. Ich bin mir sicher, dass ich meinen Bruder gut genug kenne, um zu wissen, dass er den Typen aus der Bar richtig schön provozieren wird, aber so wie der sich aufspielt, tut ein Dämpfer seinem Ego sicherlich keinen Schaden an. Ich kann nur hoffen, dass Eggsy keinen Scheiß anstellt... im Nachhinein war es wahrscheinlich keine gute Idee die Schlüssel zu klauen... Na ja, erstmal abwarten.
Das erstmal abwarten hat sich gleich am nächsten Morgen erledigt, als ich einen Anruf von Eggsy aus dem Polizeirevier bekomme. Scheinbar hat er letzte Nacht doch mehr Mist angestellt als erwartet. „Ok warte. Warte, warte, warte. Ich muss nachdenken... Was machst du auch für einem Mist?!... Ok ich hab ne Idee. Ich rufe bei jemandem an und hoffentlich kann der dich daraus boxen. Ich kann aber nichts versprechen. Sonst komme ich nach meiner Schicht vorbei." Damit lege ich auf und verfluche mich selbst für meine Dummheit. Ich hätte ihn nie mit den verschissenen Schlüsseln ins Auto steigen lassen dürfen. Aber wer rechnet schon damit, dass das Ganze in einer Verfolgungsjagd mit der Polizei endet?
Genervt und gestresst fummle ich die Tapferkeitsmedaille meines Vaters unter meinem Shirt hervor und drehe sie um. 'Keine Zeit für Trauer', denke ich mir, ehe ich auch schon die Nummer, die darauf steht, in mein Telefon eingebe. 12.19.97, der Tag an dem mein Vater stab. An meinem achten Geburtstag, zwei Tage später überbrachte uns der Mann im Anzug die Nachricht. Seinen Namen konnte ich mir nicht merken und auch nicht in welcher Beziehung er zu meinem Vater stand, aber wenn wir Hilfe brauchen, egal welcher Natur, sollen wir diese Nummer wählen. Also mache ich genau das.
„Kundenservice wie kann ich ihnen helfen?" verwirrt beginne ich zu sprechen: „Ähm... Hallo. Ich bin Lucy, Lucienne Unwin. Mein Bruder sitzt auf dem Polizeirevier und ihm drohen einige Monate Haft, wenn..." „Tut mir Leid, Sie haben sich verwählt.", werde ich von der Frauenstimme auf der anderen Seite unterbrochen und spüre Panik in mir aufkommen. „Äh, Moment. Oxford, nicht Budapester.", spreche ich die drei Worte, die mir auf einmal in den Geist flogen. „Ihre Reklamation wurde vermerkt und wir hoffen Sie nicht als treue Kundin verloren zu haben." Damit legt die Dame auf und beendet so das Gespräch. Na super... Was eine Scheiße. Das wird doch nie was.
Wissend, dass ich gleich arbeiten muss, schnappe ich mir meine Sachen und hoffe Eggsy nachher wieder zu sehen. 'Die Kaution kann ich niemals bezahlen...' Während meine Gedanken weiterhin bei meinem Bruder hängen, laufe ich zum Black Prince, um meiner Arbeit als Barkeeper nachzugehen. Glücklicherweise habe ich heute die Frühschicht, weshalb sich die Kundschaft in Grenzen halten dürfte. „Ah Lucy, gut, dass du schon da bist. Du siehst ja, wie es hier wieder aussieht, würdest du bitte die ganzen Gläser nach hinten bringen und die Tische abwischen? Ich kümmere mich um den Boden.", werde ich sogleich von Mike meinem Chef begrüßt. „Klar.", damit hänge ich meine Klamotten weg, lege meine Tasche, jederzeit griffbereit unter den Tresen und mache mich an die Arbeit.
Schon wenige Minuten später schwingt die Ladentür auf und ein gutgekleideter Mann im Anzug betritt den Raum. Den kenne ich doch irgendwoher... Direkt hinter ihm betritt mein Bruder die Kneipe, weshalb ich meine Gedanken, den Mann betreffend nach hinten schiebe und auf ihn zu laufe. „Eggsy! Geht es dir gut? Bist du völlig bescheuert? Jag mir nie wieder so einen Schrecken ein, hast du gehört!", schimpfe ich, schlage ihn leicht gegen den Hinterkopf und ziehe ihn dann in eine feste Umarmung. „Sorry. Und danke.", murmelt er und erwidert die Umarmung leicht.
Und da fällt es mir wie Schuppen von den Augen, als mein Blick wieder auf den Mann mit der Brille fällt. „Sie sind der Mann, der mir damals die Medaille gab. Haben Sie ihn rausgeholt? Haben Sie vielen Dank. Wirklich. Ich danke Ihnen." „Vielleicht solltest du dir ein wenig Respekt von deiner Schwester abschauen, Eggsy.", höre ich den Mann murmeln, welcher sich dann auf einen bereits gereinigten Platz fallen lässt. Die Situation noch nicht ganz begreifend, beobachte ich wie sich mein Bruder zu ihm gesellt und sie sich angeregt unterhalten. Na das kann ja noch was werden.
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Between Duty and Desire - Kingsman (Hamish "Merlin" Mycroft FF)
Fanfiction1997 Während im Nahen Osten das Leben eines Mannes im Beisein seiner Kameraden endet, bereiten sich seine Kinder gemeinsam mit ihrer Mutter auf das nahende Weihnachtsfest vor. Unwissend über den Verbleib ihres Manners ereilt die Familie Unwin kurz d...