06. Julie
Damian Lorenzo Martinelli
Gerade als ich das Café verlasse, pralle ich gegen einen Körper. Ich taumle etwas zurück und blicke auf – es ist Elaine. Mein Herz schlägt schneller, als ich sie sehe. Es ist fast zwei Jahre her, seit sie einfach verschwunden ist, und all die Monate habe ich nach ihr gesucht. Es war wie ein Schatten, der mich verfolgt hat, und jetzt stehe ich hier, direkt vor ihr. »Emalia, du bist wieder da«, sage ich, mein Lächeln ist unecht, aber ich kann nicht anders. Ich fühle mich nervös und aufgeregt zugleich. »Wie geht's dir?«
»Es geht so«, antwortet sie hastig und ich merke, dass sie sich unwohl fühlt. Ich kann es verstehen. Unsere Vergangenheit ist kompliziert und schmerzhaft. »Ich bin beschäftigt«, fügt sie hinzu und versucht, an mir vorbeizukommen. Doch dann höre ich das Laufen eines kleinen Mädchens. » Mama!« ruft sie und stürzt sich in Elaines Arme. In diesem Moment wird mir klar, dass sie eine Tochter hat. Ich bin überfordert. »Du hast eine Tochter?« frage ich, während ich versuche, die Gedanken in meinem Kopf zu sortieren. »Das ist Octavia«, sagt sie schließlich und mein Herz zieht sich zusammen. »Meine Tochter. Sie ist zwei Jahre alt.« Ich kann nicht glauben, was ich höre. Verwirrung breitet sich in mir aus, aber auch etwas anderes – ein tiefes, schmerzliches Verlangen nach dem, was wir einst hatten. »Sie sieht dir ähnlich«, murmle ich, und ich bereue es sofort, weil ich nicht will, dass sie denkt, ich würde sie mit ihr in Verbindung bringen. »Danke«, sagt sie kurz und wendet sich ab. Die Kluft zwischen uns ist spürbar, und ich fühle mich wie ein Fremder in ihrem Leben.
»Ich dachte, du wärst nicht mehr in der Stadt«, sage ich, und die Worte fühlen sich wie ein Schatten an, der über uns schwebt.»Ich bin zurückgezogen«, antwortet sie, und ich spüre die Kälte in ihrer Stimme. »Ich habe ein neues Leben mit Octavia aufgebaut.« Ich nicke, während ich die Bruchstücke unserer gemeinsamen Vergangenheit zusammensetze. »Ich hoffe, es läuft gut für dich«, sage ich, obwohl ich weiß, dass es nicht leicht für sie sein kann. »Es läuft«, antwortet sie, und ich kann die Anspannung in ihrer Stimme hören. »Es ist nicht einfach, aber es funktioniert.« In diesem Moment zupft Octavia an ihrem Ärmel und ich erkenne, dass ich nicht länger in ihr Leben eindringen kann. »Mama, lass uns gehen!« sagt sie ungeduldig. »Ja, wir müssen wirklich gehen«, sagt Elaine und sieht mich an. »Es war nett, dich zu sehen.« Ich nicke, aber in meinem Inneren fühle ich mich zerrissen. Ich möchte, dass sie einen Vater hat, einen guten Vater, aber ich kann nicht zulassen, dass ich wieder Teil ihres Lebens werde. Die Wunden sind noch zu frisch, und die Unsicherheiten zu groß. Als sie mit ihrer Tochter davongeht, bleibt mir nur die Stille und die Erinnerung an das, was einmal war.
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Ich saß in meinem Büro, umgeben von den vertrauten Geräuschen der Stadt, die durch das Fenster drangen. Der Verkehrslärm, das gelegentliche Hupen und das Murmeln der Passanten bildeten einen fernen Klangteppich, der für mich nur ein leises Hintergrundrauschen war. Meine Gedanken kreisten um den unerwarteten Moment mit Emalia, der mich seit Stunden nicht losließ. Es war erst vor wenigen Stunden gewesen, als ich ihr im Café begegnete. Der Augenblick, als ich gegen sie prallte, war wie ein Blitzschlag. Ihr Gesicht, das ich so lange nicht gesehen hatte, zeigte eine Mischung aus Überraschung und Abwehr. Ihre braun gefärbten Haare fielen ihr über die Schultern, und für einen flüchtigen Moment erinnerte ich mich an die Zeit, als sie noch blond waren. Der natürliche Glanz, der sie einst ausmachte, hatte mich immer wieder in ihren Bann gezogen. Doch jetzt war dieses Bild, das ich einst geliebt hatte, in ein anderes Licht getaucht, in eine andere Realität.
Ich stellte mir vor, wie sie im Laufe der Monate, in denen sie verschwunden war, einen neuen Lebensstil angenommen hatte. Die braunen Strähnen schienen eine Geschichte zu erzählen, eine von Veränderung und Neuanfang. Ich konnte die Gründe hinter ihrer Entscheidung nicht verstehen, aber ich wusste, dass sie sie mit Bedacht getroffen hatte. Es schmerzte, an all die Erinnerungen aus der Vergangenheit zu denken, an die Zeit, als wir zusammen waren und ich der einzige war, der ihr Herz berühren durfte. Doch es war nicht nur Emalia, die mir durch den Kopf ging. Die kleine Octavia, die sie mir vorgestellt hatte, war ein weiterer Grund für mein unaufhörliches Grübeln. Wie sie mich mit ihren großen, neugierigen Augen angesehen hatte, während sie sich in Emalias Arme schmiegte. Ich konnte nicht anders, als zu denken, dass etwas an dem kleinen Mädchen mir bekannt vorkam. Hatte Emalia mir wirklich nie erzählt, dass sie ein Kind hatte? Oder war es die Möglichkeit, dass ich der Vater sein könnte? Die Idee schlich sich in meine Gedanken, drängte sich wie ein Schatten in mein Bewusstsein. Ich schloss die Augen und ließ mich von meinen Gedanken treiben. Ich erinnerte mich an die Nächte, in denen ich mit Emalia am Tisch saß und wir über unsere Träume und Wünsche sprachen. Wir hatten oft darüber geredet, eine Familie zu gründen, wie wir uns ein gemeinsames Leben vorstellten. Ich hatte immer gewusst, dass sie eine wunderbare Mutter sein würde. Aber die Vorstellung, dass Octavia tatsächlich meine Tochter sein könnte, ließ mich kalt und heiß zugleich fühlen. Die letzten Monate hatte ich damit verbracht, die Schrecken unserer Trennung zu verarbeiten, und jetzt, wo die Möglichkeit einer Verbindung zu einem Kind aufkam, schien alles noch komplizierter zu werden.»Kann es wirklich sein?« murmelte ich leise vor mich hin, während ich an die Zeit dachte, als wir zusammen waren. Hatten wir während unserer Beziehung nicht oft darüber gesprochen, wie sehr wir uns Kinder wünschten? Es war eine der vielen Ideen gewesen, die wir miteinander geteilt hatten, und jetzt, mit dieser neuen Erkenntnis, fühlte ich mich wie in einem Strudel gefangen.
Ich stand auf und ging zum Fenster, um frische Luft zu schnappen. Der Blick auf die pulsierende Stadt half mir nicht, meine Gedanken zu ordnen. Stattdessen verstärkten sich die Fragen in meinem Kopf nur noch mehr. Was wäre, wenn ich tatsächlich der Vater von Octavia war? Hätte Emalia mir die Wahrheit sagen sollen? Oder hatte sie es aus einem bestimmten Grund verborgen? Ich erinnerte mich an das Gefühl der Stille, als sie mir die Nachricht über die Tochter überbrachte. Es war, als würde die Zeit für einen Moment stillstehen, während ich versuchte, die Bedeutung dieser Worte zu erfassen. Es gab so viele Möglichkeiten, und jede von ihnen war mit Emotionen und Erinnerungen beladen. Ich dachte daran, wie ich sie damals geliebt hatte, und dass trotz all unserer Schwierigkeiten ein Teil von mir immer noch an ihr hing. Ich fühlte mich hin- und hergerissen. Ich wollte Emalia nicht verletzen, wollte nicht in ihr Leben eindringen, wenn sie nicht bereit war, mir die ganze Wahrheit zu erzählen. Aber das Bedürfnis, mehr über Octavia zu erfahren, war überwältigend. Ich wollte wissen, ob sie tatsächlich meine Tochter war. Ich setzte mich wieder an meinen Schreibtisch und griff nach einem Stift. Unwillkürlich begann ich, auf ein leeres Blatt Papier zu kritzeln. Ich schrieb den Namen »Octavia« und dann »Emalia« darunter. Ein einfacher Akt, der aber so viel in mir auslöste. Gedanken und Gefühle über das, was hätte sein können, über die Träume, die ich für Emalia und mich hatte, über die Zukunft, die wir uns einst gemeinsam gewünscht hatten. »Was soll ich nur tun?« fragte ich mich laut, während ich das Blatt betrachtete. Es war klar, dass ich nicht einfach so weitermachen konnte, als wäre nichts geschehen. Diese Begegnung hatte etwas in mir geweckt, eine Sehnsucht nach Antworten und einer Verbindung, die ich nicht ignorieren konnte.Ich wusste, dass ich eine Entscheidung treffen musste. Ob es darum ging, Emalia zur Rede zu stellen oder einfach meine eigenen Gefühle zu klären, ich konnte nicht länger im Dunkeln tappen. Es war an der Zeit, mich der Wahrheit zu stellen, egal wie schmerzhaft sie auch sein mochte. Und vielleicht würde ich dann endlich die Klarheit finden, die ich so dringend brauchte.
Die Fragen, die mir durch den Kopf gingen, schienen sich zu multiplizieren. Wenn ich wirklich der Vater von Octavia war, wie würde das mein Leben verändern? Und wie würde Emalia reagieren, wenn ich sie darauf ansprach? Ich wollte nicht, dass sie sich angegriffen fühlte – ich wollte verstehen, was passiert war, und ich wollte wissen, wo ich in all dem stand. Die Vorstellung, ein Vater zu sein, war sowohl überwältigend als auch beängstigend. Ich hatte immer über die Verantwortung nachged acht, die damit einherging, über die Liebe und die Fürsorge, die ein Kind brauchte. Aber jetzt, da ich mit der Möglichkeit konfrontiert war, es könnte meine Tochter sein, fühlte sich alles so viel intensiver an. Könnte ich der Vater sein, den sie verdient? Ich lehnte mich zurück in meinem Stuhl und schloss die Augen. Ich versuchte, mich zu beruhigen, aber die Gedanken rasten weiter. Was, wenn ich die Chance auf eine zweite Chance mit Emalia hatte und gleichzeitig die Möglichkeit, eine Beziehung zu meiner Tochter aufzubauen? Das war eine Vorstellung, die ich nur schwer fassen konnte. Schließlich öffnete ich wieder die Augen und schaute aus dem Fenster. Die Stadt pulsierte vor Leben, und ich fühlte mich wie ein Teil davon, aber doch auch wie ein Außenseiter. Es war an der Zeit, aktiv zu werden. Ich musste Emalia kontaktieren, musste herausfinden, was zwischen uns geschehen war und was ich nun für die beiden tun konnte.
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Futuro pericoloso
RomanceEs ist ein wundervolles Gefühl, wenn man sich verliebt hat und sich nach der Person sehnt. Die Gedanken kreisen ständig um sie, und das Herz sehnt sich nach ihrer Nähe. Jeder Moment ohne sie fühlt sich wie eine Ewigkeit an, und man kann es kaum erwa...