15. Streit

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Donnerstag der 12. September

Elaine Florence Arvanitis

Ich sitze immer noch an der Theke, das Licht der Küche wirft einen warmen Schein auf die Arbeitsfläche, doch der Raum fühlt sich kalt an. Es sind Stunden vergangen, seit Azrael und Octavia nach Hause gekommen sind. Azrael hat gekocht, ein köstliches Abendessen zubereitet, und sie haben gemeinsam gegessen. Das Lachen von Octavia hallt noch in meinen Ohren, ihre kindliche Freude bringt ein Lächeln auf mein Gesicht, doch ich kann die Last, die auf meinen Schultern liegt, nicht abschütteln. Octavia ist bereits im Bett, und Azrael kommt die Treppe hinunter. Ich spüre seine Präsenz, bevor ich ihn sehe. Er bewegt sich geschmeidig, die Müdigkeit der letzten Tage scheint ihn nicht zu belasten. Als er näher kommt, streichelt er sanft über meinen Rücken. Ein kurzer Moment der Zärtlichkeit, der mich für einen Augenblick vergessen lässt, was mich belastet. »Was ist los?« fragt er, und ich kann die Besorgnis in seiner Stimme hören.

Ich zögere. Die Worte stecken mir im Hals. Ich möchte ihm nicht zeigen, wie gebrochen ich mich fühle. Doch nach ein paar überzeugenden Worten von Azrael fühle ich mich gezwungen, ihm die Wahrheit zu sagen. »Ich denke darüber nach, Damian zu erzählen, dass Octavia seine Tochter ist.«Diese Worte fallen schwer in den Raum, und ich kann die Spannung spüren, die sofort zwischen uns entsteht. Azraels Gesichtsausdruck verändert sich, seine Stirn zieht sich zusammen. »Elaine, ist das wirklich eine gute Idee?« Seine Stimme hat einen scharfen Unterton, und ich fühle mich wie ein Kind, das einen Fehler gemacht hat. »Ich weiß es nicht genau,« antworte ich, mein Herz schlägt schneller. »Aber ich denke, dass es an der Zeit ist, die Wahrheit zu sagen. Octavia hat das Recht zu wissen, wer ihr richtiger Vater ist. «

»Und was ist mit deinem Recht, in Frieden zu leben? Den hätte sie mit mir.
Ihren Vater. « fragt er, und ich kann den Frust in seinen Augen sehen. »Ich habe Angst, dass das dazu führen könnte, dass du wieder in New York lebst wieder etwas mit Damian anfängst. Er ist ein Monster. Er hat dich nicht verdient. «Sein Gesicht ist angespannt, und ich spüre, wie der Raum um uns herum immer enger wird. »Wie kannst du so über ihn reden?« rufe ich, mein Herz schlägt wild. »Damian ist nicht nur die Person, die du denkst, dass er ist. Ich habe ihn geliebt, auch wenn es nicht perfekt war.«Die Erinnerungen an die Zeit mit Damian blitzen in meinem Kopf auf, die schönen Momente, die ich mit ihm geteilt habe, und ich spüre, wie die Wut in mir aufsteigt.

»Zwei Jahre sind vergangen, Elaine,«  sagt Azrael, und die Enttäuschung in seiner Stimme schneidet wie ein Messer. »Warum kannst du nicht einfach loslassen? Du redest von einem Mann, der dich nur ausgenutzt hat.« Seine Worte sind wie ein Schlag ins Gesicht, und ich kann nicht fassen, dass er so über Damian spricht.
»Das ist nicht fair! Du kennst nicht die ganze Geschichte!«schreie ich, und die Tränen steigen mir in die Augen. »Damian war nicht immer der Mensch, den du beschreibst. Er hat mir Dinge gegeben, die du nie verstehen wirst.« »Und was ist mit dem, was ich dir gegeben habe? Reicht es dir nicht ? Reiche ich dir nicht ?«fragt Azrael, seine Stimme wird lauter. »Ich kann nicht tatenlos zusehen, wie du wieder in diese alte Geschichte eintauchst!« Der Zorn in seiner Stimme ist jetzt unverkennbar, und ich fühle, wie die Luft zwischen uns knistert.

In einem Moment der Wut, der mich selbst überrascht, schreie ich: »Du bist eifersüchtig! Du hast Angst, dass ich wieder zu ihm zurückkehre!«Die Worte sind wie ein Feuer, das unsere Diskussion in Flammen setzt. Azrael tritt einen Schritt näher, seine Augen sind voller Schmerz und Frustration. »Ich mache mir Sorgen um dich, Elaine!«ruft er, und ich kann die Verzweiflung in seiner Stimme hören. »Ich will nicht, dass du wieder verletzt wirst!« Doch die Hitze des Streits hat einen Punkt erreicht, den ich nicht mehr kontrollieren kann. Azrael wird immer lauter, und ich kann die Scherben unserer Beziehung hören, die zu Boden fallen. »Es geht nicht nur um dich , es geht um Octavia!« schreie ich zurück, und in diesem Moment verliert er die Kontrolle.

Mit einer plötzlichen Bewegung schlägt er mir ins Gesicht, und die Wucht des Schlages lässt mich zurücktaumeln. Der Schmerz ist nicht nur physisch; er durchbohrt mein Herz und lässt mich sprachlos. Die Schockwelle, die durch meinen Körper geht, ist überwältigend. Ich kann nicht fassen, dass der Mann, den ich so sehr liebe, mir das antut. Er greift nach seiner Jacke an der Garderobe und stürmt aus der Wohnung, die Tür schlägt mit einem lauten Knall hinter ihm zu. Ich sinke auf den kalten Boden des Wohnzimmers, meine Knie angezogen, während die Tränen unaufhörlich über mein Gesicht strömen. Ich weine, doch ich versuche, so leise wie möglich zu sein, damit Octavia nicht aufwacht.

Die Einsamkeit umhüllt mich wie ein schwerer Mantel. Ich fühle mich gebrochen und verloren, und die Gedanken an Damian, die Sorgen um Azrael und die Verantwortung für Octavia vermischen sich in meinem Kopf. Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll. Die Dunkelheit der Wohnung scheint mich zu erdrücken, während ich darüber nachdenke, was gerade geschehen ist. Stunden vergehen, während ich auf dem Boden sitze, umgeben von den Erinnerungen an den Streit und dem schmerzlichen Gefühl, dass alles, was ich je gewollt habe, in einem Moment zerbrochen ist. Die Fragen schwirren in meinem Kopf: Wie konnte es so weit kommen? Werde ich jemals den Mut finden, Damian die Wahrheit zu sagen? Und wie kann ich Azrael je wieder in die Augen sehen, nachdem er so gehandelt hat?
In diesem Moment wird mir klar, dass ich nicht nur um die Beziehung zwischen Azrael und mir trauere, sondern auch um die Verbindung, die ich zu Damian hatte. Ich muss einen Weg finden, um all diese Emotionen zu verarbeiten, um die Antworten zu finden, die ich so verzweifelt suche. Es ist ein langer und steiniger Weg, aber ich weiß, dass ich ihn gehen muss, um Frieden mit mir selbst und meiner Vergangenheit zu finden.

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