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Als ich die Küche betrete, sehe ich, dass Giulia gerade dabei ist Töpfe zu spülen.

"Hallo", sage ich kurz, um mich bemerkbar zu machen. Giulia lässt sofort den Topf fallen und wirbelt umher. Auf ihrem Gesicht erscheint ein riesiges Lächeln. Dann kommt sie schnell auf mich zu und schließt mich in die Arme. Sofort fühle ich mich geborgen. Es ist eine sehr mütterliche Umarmung.

"Es ist so schön, dass du wieder da bist! Ich hatte mir solche Sorgen gemacht!", spricht sie. Dann schiebt sie mich ein Stück weg und betrachtet mich.

"Geht es dir gut? Mamma Mia! Was ist mit deinem Gesicht passiert?", fragt sie weiter. Mein Gesicht wird durch deutliches blau-grün geziert.

"Das war ein Schlag und ein Tritt in mein Gesicht", antworte ich leise. Sofort kommen die Bilder zurück in meinen Kopf und ich versuche sie zu verdrängen. Ich muss schwer schlucken und versuche die Tränen wegzublinzeln.

"Es tut mir so leid!", sagt Giulia und zieht mich wieder in ihre Arme.

"Es ist nicht deine Schuld", schniefe ich.

"Ich bin so froh, dass du wieder da bist! Ich habe dich vermisst. Und ich weiß, dass es den Jungs genau so ging", erklärt Giulia mir.

"Den Jungs?", hake ich nach. Bei Sandro kann ich mir das vorstellen und bei Damian merke ich, dass es mein Wunsch wäre. Aber bei Lorenzo und Jack kann ich mir das absolut nicht vorstellen.

"Ohja und zwar alle. Aber glaub mir, zugeben würden sie es natürlich niemals."

"Wer würde was nicht zugeben?", ertönt da Damians Stimme. Wie macht er das immer? Wie taucht er immer aus dem Nichts auf?

Ich sehe, das sich Giulias Wangen leicht rot färben. Sie räuspert sich und scheint nach einer Ausrede zu suchen.

"Ist nicht so wichtig, wollen wir los?", frage ich daher schnell, um Giulia aus der Situation zu retten. Ich sehe ein kurzes dankbares Lächeln von ihr und dann wendet sie sich schnell ab und widmet sich wieder den Töpfen. Damian schaut verwirrt und will anscheinend nochmal nachhaken, entscheidet sich aber doch dagegen. Er nickt und deutet mir an ihm zu folgen.

Ich atme einmal tief durch und setze mich dann in Bewegung. Wir gehen durch die Eingangstür nach draußen und bewegen uns um das Haus herum. Ich sehe wieder die Wachen in der Ferne, aber sonst sind wir allein.

Wie soll ich das Gespräch anfangen? Sollte ich mich dafür entschuldigen, dass ich weggelaufen bin? Aber tut es mir leid? Ich wollte nicht bei den Berlusconis landen und wollte Damian auch nicht in Schwierigkeiten bringen, aber fliehen wollte ich schon. Und will ich vielleicht auch noch.

"Warum bist du weggelaufen?", beginnt da plötzlich Damian das Gespräch.

Ich bin verwirrt. "Ist es nicht offensichtlich? Ich bin gegen meinen Willen hier. Ich wollte zurück nach Hause", versuche ich zu erklären.

"Also bin ich dir egal?", fragt Damian weiter. Sein Gesicht zeigt keinerlei Emotionen.

"Ich weiß noch nicht einmal, wo ich genau bin. Ich darf mich nicht frei bewegen. Mir wurde bereits gedroht mich in den Keller zu sperren und es wurde auf mich geschossen. Außerdem bleibe ich vollständig im Dunkeln und keine meiner Fragen wird beantwortet. Alles was mir gesagt wird, wirft mehr und mehr Fragen auf. Und um das Ganze abzurunden, bin ich einfach nur ein Mittel zum Zweck. Musst du also wirklich fragen, warum ich weggelaufen bin?", lasse ich alles raus.

"Du hast meine Frage nicht beantwortet", sagt Damian kurz angebunden.

"Dann weißt du mal, wie es mir seit Tagen geht!", erwidere ich. Mein Herz schreit: 'Nein, natürlich bist du mir nicht egal!' Aber ich muss mich jetzt auch einfach selbst schützen.

"Glaub mir, ich möchte dir alle deine Fragen beantworten, aber dafür muss ich dir vertrauen können. Ich dachte, dass ich das könnte und dann bist du weggelaufen", erklärt Damian. Ich beiße mir von innen auf die Unterlippe. Habe ich es mir selbst verbockt? Bin ich selbst Schuld daran, dass ich keine Antworten bekomme?

"Vertrauen beruht auf Gegenseitigkeit. Ich habe auch angefangen Vertrauen zu dir aufzubauen, aber immer wenn ich einen Schritt auf dich zugehe, machst du zwei zurück. Deshalb frage ich dich: Bin ich für dich nur ein Mittel zum Zweck?", versuche ich den Spieß umzudrehen.

Damian rauft sich die Haare und bleibt stehen. Ich bleibe ebenfalls stehen und drehe mich zu ihm. "Che merda!", flucht er.

"Nein!", sagt er dann sehr leise. Überrascht von seiner Offenheit lege ich meine Hände auf seine Wangen und schaue ihm tief in die Augen.

"Du warst es, ja! Ganz am Anfang. Es gibt viele Schwierigkeiten und Konflikte zwischen uns und den Berlusconi. Ich war dabei einen Plan auszuarbeiten, als ich dich im Möbelhaus gesehen habe. Ich habe meine Chance darin gesehen, weil ich gesehen habe, dass sie dich wollen. Deshalb habe ich dich mitgenommen, als du ohnmächtig warst. Aber schon auf dem Weg hierher hat sich alles in mir gesträubt dich in den Kerker zu bringen, so wie Enzo es geplant hatte. Er war dabei als ich dich gefunden habe."

Es überrascht mich, dass Damian auf einmal so viel erzählt. Ich unterbreche ihn nicht, sondern höre nur zu. Es wundert mich jedoch nicht, dass Lorenzo mich in den Kerker stecken wollte.

"Ich habe versucht mehr herauszufinden, was die Berlusconi von dir wollen und habe es ja dann herausgefunden, als ich deinen Namen kannte. Es gibt schon lange einen Konflikt zwischen deinem Vater und den Berlusconi, der auch deinen Bruder involviert, und du solltest da ein Druckmittel werden."

"Also war ich bei euch ein Mittel zum Zweck für die Berlusconi, um dann bei den Berlusconi ein Mittel zum Zweck für meinen Vater zu werden?", frage ich jetzt doch nach, weil es mich wirklich verwirrt.

Damian nickt und spricht dann weiter: "Aber je mehr ich herausgefunden habe, über deine Vergangenheit und vor allem die deines Vaters, umso weniger wollte ich dich den Berlusconi oder deinem Vater überlassen."

Das wirft wieder einmal Unmengen an Fragen auf, aber bevor ich eine stellen kann, spricht Damian weiter: "Du hast mich immer mehr fasziniert. Und ich war, nein ich bin damit überfordert. Ich weiß nicht, was du über die Mafia weißt oder was Sandro oder Giulia dir erzählt haben, aber Gefühle sind hier nicht erwünscht."

Damian schweigt und schaut mir in die Augen. Er lässt mich ein Stück hinter seine Mauern blicken. Ich sehe Schmerz und Verwirrung.

"Nein", sage ich, woraufhin Damian mich verwirrt anschaut. "Du bist mir nicht egal! Seit unserem ersten Kuss tobt ein Kampf in mir. Ich fühle mich bei dir absolut sicher und geborgen, obwohl du mich entführt hast. Ich versuche seit Tagen gegen meine Gefühle anzukämpfen, aber ich kann es nicht. Du bist mir nicht egal, du bist mir wichtig! Und es ist wahrscheinlich wahnsinnig, da ich dich und deine Welt kaum kenne, aber das ist mir jetzt egal. Ich kann nicht mehr gegen meine Gefühle ankämpfen und ich möchte dir jetzt einfach vertrauen." Es kostet mich viel Überwindung das alles zu sagen, aber es muss einfach raus.

Damians Blick verändert sich und auf seinem Gesicht erscheint ein Lächeln. "Und du bist mir wichtig! Ich bin wahnsinnig geworden als du weg warst. Ich habe dich unfassbar vermisst und habe mir so viele Vorwürfe gemacht!"

"Giulia hatte doch Unrecht", grinse ich. Damian zieht fragend die Augenbrauen hoch. "Als du reinkamst, sagte Giulia mir, dass ihr mich vermisst hättet, aber das niemals zugeben würdet, aber das hast du gerade!" Ich will die Stimmung etwas auflockern.

"Ja, ich habe dich vermisst! Und ich bin so froh, dass du wieder bei mir bist. Und ich hoffe, dass du diese Mal bleibst!?"

"Wir müssen dazu zwar noch einiges klären, aber erstmal denke ich, dass ich bleibe", erwidere ich. Sofort zieht Damian mich zu sich und legt seine Lippen auf meine. Ich erwidere den Kuss und eine riesige Anspannung fällt von meinen Schultern.

Mafia RussoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt