FÜNF.

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Der nächste Morgen war hart für Yasmin. Sie fühlte sich ausgelaugt von den letzten Tagen, in denen sie unermüdlich an ihrem dritten Album gearbeitet hatte. Dennoch konnte sie nicht aufhören. Nach dem großen Erfolg ihres zweiten Albums im letzten Jahr wollte sie nun etwas Neues wagen: Ein Album, das fast ausschließlich aus Kollaborationen besteht.

„Was steht heute auf dem Plan?" fragte Yavuz, der sich im Wohnzimmer auf die Couch fallen ließ. Er und Kidd hatten beschlossen, nach dem gestrigen Abend ein paar Tage bei Yasmin zu bleiben. Soufian lebte ohnehin schon bei ihr, also war es klar, dass er bleiben würde.

„Studio, was sonst?" antwortete Yasmin lachend, während sie sich eine Tasse Kaffee einschenkte.

„Du musst dich echt mal ausruhen, Yas. Du arbeitest dich zu Tode", warfen sowohl Kidd als auch Soufian gleichzeitig ein.

„Ich ruhe mich erst aus, wenn das Album fertig ist", erklärte sie entschlossen, bevor sie einen Schluck von ihrem Kaffee nahm.

„Wie viele Tracks hast du schon?" fragte Yavuz neugierig.

„Insgesamt acht Features hab ich schon fertig. Bald kommt noch ein Track mit Ziad030, und ich hab noch zwei Solo-Songs. Das macht elf Tracks. Ich will aber insgesamt vierzehn haben", erklärte sie, während sie sich auf einen Stuhl setzte.

Yavuz grinste. „Wie wär's? Wir machen ein Comeback von Yavmin! Ich würde dir liebend gerne helfen."

Yasmin erwiderte sein Grinsen. „Komm einfach mit ins Studio, und wir schauen, was wir zaubern können."

„Wir sind doch schon Magier, Askim. Hast du das vergessen?" erwiderte Yavuz, schnappte sich seine Jacke und folgte Yasmin zur Tür.

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Im Studio angekommen, setzte Yasmin sich sofort an den Schreibtisch und öffnete die neueste Produktion auf ihrem Laptop. Yavuz ließ sich auf den Stuhl neben ihr fallen und schaute gespannt auf den Bildschirm.

„Was hast du schon?" fragte er neugierig.

„Ein bisschen von allem, aber ich wollte etwas mit Gefühl, das trotzdem ballert. Weißt du, was ich meine?" Yasmin tippte ein paar Tasten, und ein sanfter Beat begann zu spielen. Er war melodisch und melancholisch, aber die Drums schlugen hart und setzten Akzente.

„Klingt deep", meinte Yavuz, „aber da fehlt noch etwas."

Yasmin nickte zustimmend. „Ja, ich dachte an etwas, das die Zuhörer wirklich packt. Vielleicht eine Hook, die ins Herz trifft. Aber gleichzeitig darf es nicht zu soft sein."

Sie saßen eine Weile schweigend da, lauschten den Tönen und ließen sich inspirieren, bis Yavuz schließlich aufsprang. „Ich hab's! Wie wär's, wenn wir mit der Hook anfangen? Etwas, das direkt ins Ohr geht."

„Okay, los geht's!" Yasmin drehte den Beat lauter und schnappte sich ihr Notizbuch.

Yavuz begann zu summen, erst zögerlich, dann lauter. „Was, wenn es um Blindheit geht? Nicht physisch, sondern emotional?"

Yasmin sah auf. „Blind für das, was wirklich zählt? Blind für die Wahrheit?" Sie überlegte kurz, dann begann sie zu schreiben. Die ersten Zeilen flossen schnell: „Wir beide sind. Blind vor Liebe, weil es uns umbringt..."

„Ja, genau! Und dann in der Hook: 'Doch ist egal, solange es uns gibt'. Es muss so sein, als ob man nur aus der Dunkelheit rausgekommt mit der Liebe", ergänzte Yavuz begeistert.

Sie probierten die Melodie aus, experimentierten mit den Worten und dem Rhythmus, bis sie schließlich den perfekten Flow fanden. Yasmin sang die Zeilen mit ihrer sanften, aber kraftvollen Stimme ein, während Yavuz immer wieder an den Harmonien feilte. Der Track nahm langsam Form an.

„Das ist es", sagte Yasmin, als sie sich zurücklehnte und den fertigen Song anhörte. „Wir haben es geschafft."

Yavuz nickte zufrieden. „Yavmin ist zurück, und diesmal stärker denn je."

Nachdem sie den ersten Track fertig hatten, lehnten sich Yasmin und Yavuz zufrieden zurück. Der Raum war noch voller Energie, und die beiden wussten, dass sie im Flow waren.

„Okay, was machen wir als Nächstes?" fragte Yavuz, als er sich aufrichtete und Yasmin einen Blick zuwarf.

„Ich hab da noch eine Idee, die in eine andere Richtung geht", sagte Yasmin und scrollte durch ihre Projekte. „Es ist ein bisschen ruhiger, aber sehr emotional. Ich dachte, wir könnten was für die Herzen machen – was Ehrliches, Persönliches."

Sie öffnete ein Projekt und spielte einen ruhigen, sanften Beat. Es war ein minimalistischer R&B-Track mit dezenten Synthesizern und einem schwebenden, fast träumerischen Vibe.

Yavuz nickte langsam, als er den Rhythmus aufnahm. „Ich mag das. Das fühlt sich echt an. Was ist die Idee?"

Yasmin schaute ihn an. „Es geht um diese eine Person, die dir einfach nicht aus dem Kopf geht. Jemand, der alles bedeutet hat, aber du wusstest nicht, wie du damit umgehen solltest. Jetzt ist nur noch der Schmerz da. Ein Liebeslied, aber mit einem bittersüßen Gefühl."

Yavuz grinste. „Also, was für Herzschmerz, huh?"

„Genau! Herzschmerz, aber auf die Art, die nicht kitschig ist. Etwas, das jeder fühlen kann, aber trotzdem stark bleibt", sagte Yasmin, während sie bereits die ersten Zeilen in ihrem Notizbuch skizzierte.

Sie fingen an, die ersten Ideen zu tauschen. Yasmin summte eine Melodie, während Yavuz einige Textzeilen aufnahm.

„Wie wär's mit: 'In mein Kopf bist nur du nur du nein niemand anders nur du...'" schlug Yavuz vor.

Yasmin nickte begeistert. „Das ist perfekt! Das geht direkt ins Herz und dann mach ich ein bisschen von meinen französischen Stil mit rein."

Die beiden setzten sich zusammen und entwickelten den Song weiter. Yasmin schrieb eine emotional aufgeladene Hook, während Yavuz sich auf die Verse konzentrierte. Der Song handelte von der Intensität einer verlorenen Liebe, von den Momenten, die einem nicht aus dem Kopf gehen, und davon, wie schwer es ist, weiterzumachen, wenn nur noch Erinnerungen bleiben.

Als der Track schließlich Gestalt annahm, waren beide sichtlich berührt. Die Melodie war sanft, fast zerbrechlich, aber die Worte hatten eine Kraft, die die Atmosphäre im Raum verdichtete.

„Das fühlt sich echt an", sagte Yavuz, als sie den fertigen Track noch einmal hörten.

„Es ist genau das, was ich mir vorgestellt habe", antwortete Yasmin. „Ich glaube, das wird die Leute tief treffen."

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Am Abend entschlossen die beiden, das Studio zu verlassen und die Nacht zu genießen. Yavuz schlug vor, gemeinsam etwas essen zu gehen, und Yasmin stimmte sofort zu. Es war schon eine Weile her, dass sie einfach nur Zeit zusammen verbracht hatten, ohne an Musik oder Arbeit zu denken.

Sie fanden ein kleines Restaurant in der Nähe, versteckt in einer Seitenstraße, das für seine entspannte Atmosphäre und das großartige Essen bekannt war. Yasmin wählte einen Platz draußen, wo sie den Sonnenuntergang beobachten konnten.

„Es fühlt sich gut an, mal rauszukommen", sagte Yasmin, als sie ihr Glas Wasser hob und Yavuz zulächelte.

„Ja, manchmal muss man einfach abschalten", antwortete er und prostete ihr zu.

„Ich kann kaum glauben, dass wir wieder zusammen Musik machen. Es fühlt sich so richtig an, weißt du?" sagte Yasmin, während sie einen Schluck nahm.

„Absolut. Yavmin war immer mehr als nur Musik für mich. Es war unser Ding, weißt du? Wir haben eine Verbindung, die über das hinausgeht", erwiderte Yavuz und sah sie an.

Yasmin hielt seinen Blick für einen Moment und nickte dann. „Ja, ich glaube, das habe ich auch immer so gesehen."

Die Stimmung war leicht, aber es lag auch etwas Tieferes in der Luft. Sie redeten über alte Zeiten, lachten über verrückte Studio-Sessions und sprachen über die Zukunft. Aber in all dem schwang eine besondere Nähe mit, die die beiden miteinander verband – eine Mischung aus Freundschaft, Kreativität und vielleicht etwas mehr.

Als die Nacht fortschritt und der Himmel dunkel wurde, saßen sie immer noch draußen, das Essen längst verzehrt, und genossen einfach den Moment.

𝐁𝐀𝐈𝐋𝐄, amoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt