Teil 27 - Unerwartetes Wiedersehen

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Alessio

Calistos Bauchgefühl hatte ihn nicht getäuscht, als Júpiter und Jairo zu dem Hotel gefahren sind und Stunden später meinem Ehemann drei Handys in die Hand gedrückt hatten. Wir erkannten sofort, dass es sich um die Handys meiner Brüder handelte. Und nun machte ich mir auch Sorgen. Vorher war ich davon ausgegangen, dass sie dasselbe Verhalten an den Tag gelegt hatten, wie wir es früher getan hatten. Tagelanges Feiern und langes Schlafen. Alles und Jeder wurde ignoriert.

Doch mit dem Blick auf den Handys wusste ich, dass Alana meine Brüder hatte. Ich wusste nicht wie sie es geschafft hatte aber ich wusste, dass Adriano, Arturo und Aurelio sowas von tot waren. Wir waren unter Garantie zu spät.

Nur Calisto hatte noch nicht aufgegeben. Dabei kannte er Alana ebenso lange wie ich. Vielleicht ein Jahr länger. Von daher war es auch kein Wunder, dass Calisto die letzten Tage am schluchzen war, während er sich daran gemacht hatte drei Drohnen zu bauen. Sein Ortungsprogramm konnte anhand von Fotos seine Männer nicht ausfindig machen, also hatte er sich kurzerhand entschlossen Drohnen zu bauen und sie über Spanien fliegen zu lassen.

Und ich kannte meinen Mann. Dieser plante innerlich bereits die Beerdigung von drei seinen Männern. Deswegen schluchzte er auch in sich hinein. Er glaubte nicht, dass wir sie noch lebend fanden. Aber ich glaubte daran. Wenn ich eines wusste, dann das Alana mich zusehen lassen wollte, wie sie mir mein Leben und das Leben von Calisto zerstörte. Und ja auch Calisto sollte zusehen, wie sie langsam Adriano, Arturo und Aurelio das Leben aushauchte.

„Verfluchte Scheiße" hörte ich meinen Mann fluchen, der sich auch sogleich einen Finger in den Mund steckte und daran saugte. Im gleichen Moment fiel der Schraubenzieher aus der anderen Hand.

Langsam rutschte ich zu ihm auf den Boden und nahm sein Gesicht in meine Hände

„Wir finden sie" sagte ich zuversichtlich. Ja ich glaubte daran, dass wir sie fanden, vermutlich nur schwer verletzt aber sie würden leben.

„Ja vermutlich tot. Alessio ich schaff das nicht. Ich liebe euch alle...und gleich drei von euch zu verlieren ist wie...ich kann nicht mehr atmen" Ich drückte Calisto fest an meine Brust und er krallte sich in mein Oberteil. Die letzte Woche alleine mit ihm zu verbringen war ungewohnt gewesen. Mir fehlten meine Adoptivbrüder auch! Schon als ich mit 11 in die Romano Familie kam, hatte ich mich gleich so gefühlt, als wäre ich zuhause.

Nicht so wie in dem Haus wo ich aufgewachsen war. Meine leiblichen Eltern waren normale Bürger gewesen. Mein Vater ein Bankangestellter, meine Mutter Anwältin. Alana und mir war es nie schlecht gegangen. Aber Alana hatte schon von klein auf diese sadistischen Züge gezeigt. Und unsere Eltern waren bei sämtlichen Ärzten mit ihr. Sie war sogar in der Psychiatrie gewesen. Aber nichts hatte geholfen. Und ich hatte mir gegenüber unseren Eltern nie anmerken lassen, wie sehr ich unter meiner Zwillingsschwester litt. Das ich keine Freunde hatte und auch niemand zu uns kam zum spielen, war unseren Eltern nie aufgefallen.

Der Brand im Jahr 2007 hat mein Leben verändert. Während so viele Leute in diesem Hotel gestorben waren, auch meine Eltern hatte mich Antonio gefunden. Wir haben uns angesehen und ich hatte ihn gefragt, ob er mich nach Hause bringt. „Dad, bringst du mich nach Hause?" hatte ich gefragt. Seit dem Tag war ich Antonios Sohn. Und ich lernte die Methoden der Mafia kennen. Dio, ich dachte wirklich das auch Alana in dem Feuer umgekommen war.

Und dann vor einem Jahr kam Calisto in unsere Familie. So gebrochen wie ich. Und wir teilten dasselbe Schicksal: Alana. War es daher ein Wunder, dass ich meinen Mann nicht beschützen wollte?

„Wir werden sie finden. Lebend." sagte ich leise und Calisto löste sich von mir und sah mich mit einem befremdlichen Blick an. Den Blick hatte ich noch nicht bei ihm gesehen. Aber ich wusste, dass er mir nicht glaubte.

Bleib bei uns [Band 2]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt