Logans Sicht
Es waren knapp zwei Tage vergangen, seit Sam und Celine sich uns angeschlossen hatten. Sam war stiller, als ich erwartet hatte, vor allem für jemanden, der Gedanken lesen konnte. Es war fast, als würde er sich bewusst zurückhalten, uns nicht zu nahe zu kommen. Das war mir recht, ich mochte es nicht, wenn jemand in meinem Kopf herumschnüffelte. Aber Celine... sie war anders. Ich stand abseits, lehnte mich an einen Baum und ließ meinen Blick auf sie ruhen. Celine saß am Lagerfeuer, die Knie angezogen, die Arme darum geschlungen. Sie war klein, zierlich, aber das bedeutete nichts. Größe und Stärke standen bei Mutanten selten im Verhältnis. Sie sah aus, als könnte sie jeden Moment in sich selbst zusammenfallen, doch da war etwas in ihren Augen, ein Glimmen, das mich an meine eigenen inneren Dämonen erinnerte. Ich konnte es nicht leugnen, irgendetwas an ihr fühlte sich... vertraut an. Nicht nur wegen ihrer Größe oder der Art, wie sie sich bewegte – es war tiefer. Es war dieses unverwechselbare Gefühl, dass sie eine von uns war, jemand, der wusste, wie es war, durch die Hölle zu gehen und trotzdem weiterzumachen.
Ich knurrte leise vor mich hin, als ich meinen Blick nicht von ihr abwenden konnte. Zwei Tage lang hatte ich versucht, sie zu durchschauen. Zwei Tage lang hatte ich gewartet, dass sie uns irgendein Zeichen gab, was in ihr steckte. Aber bis jetzt – nichts. Sie sagte kaum ein Wort, hielt sich immer in der Nähe von Sam auf, als wäre er ihr Anker. Und doch konnte ich spüren, dass da mehr war. Viel mehr. „Was guckst du so grimmig?" Wades Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Er hockte neben mir, seine Stimme gewohnt provokant, als er mir mit einem breiten Grinsen eine Handvoll Chips entgegenhielt. „Hast du etwa einen Crush auf die Kleine?" Ich fletschte die Zähne und knurrte, laut genug, dass Wade wusste, er sollte besser still sein, bevor ich ihm das Maul stopfte. „Halt die Klappe, Wade." fauchte ich „Ooooh, der große, böse Logan hat gesprochen!" Wade zog eine Grimasse und legte dann den Kopf schief. „Aber im Ernst, was ist mit ihr? Sie hat die letzten zwei Tage nichts getan außer uns angestarrt wie ein Reh im Scheinwerferlicht. Meinst du, sie hat wirklich irgendwelche Kräfte?"
Ich verschränkte die Arme vor der Brust und blickte wieder zu Celine hinüber. Sie hatte uns gehört, das konnte ich an der Art sehen, wie sich ihre Schultern leicht anspannten. Ich sagte nichts, aber die Frage war berechtigt. Was, wenn da nichts war? Was, wenn sie nur ein verängstigtes Mädchen war, das sich verloren hatte? Aber dann... warum fühlte ich dieses vertraute Kribbeln, wann immer sie in meiner Nähe war? „Sie hat Kräfte." sagte ich schließlich. „Sie weiß nur nicht, wie sie sie kontrollieren soll." fuhr ich fort. „Und wie kommst du darauf?" fragte Wade und stopfte sich die Chips in den Mund. „Weil ich es spüre." antwortete ich ruhig, aber bestimmt. „Es ist in ihr. Sie erinnert mich an mich selbst." Wade hob eine Augenbraue und sah mich skeptisch an, bevor er mit den Schultern zuckte. „Na, wenn du das sagst. Aber ich hoffe für sie, dass sie bald was zeigt, bevor wir hier ewig rumsitzen."
„Geduld, Wade." knurrte ich und ließ meinen Blick wieder zu Celine wandern. Sie schien sich noch tiefer in ihren Mantel zu verkriechen, als ob sie versuchte, sich unsichtbar zu machen. Doch das machte mich nur noch wachsamer. Ich wusste, dass sie irgendwann brechen würde – entweder aus Angst oder aus Wut. Und wenn das passierte, wollte ich bereit sein. Ich hatte schon viele gesehen, die ihre Kräfte nicht kontrollieren konnten. Einige von ihnen waren an ihrer eigenen Macht zerbrochen, andere hatten gelernt, sie zu meistern. Ich wusste nicht, welcher Weg Celine bevorstand, aber eins war sicher – sie würde es nicht alleine schaffen. Ob sie es wollte oder nicht, sie gehörte jetzt zu uns.
„Logan..." Sam kam leise hinter mir näher. Er trat nicht oft in den Vordergrund, schien aber immer zur rechten Zeit da zu sein. Vielleicht war das ein Vorteil, wenn man die Gedanken der Leute lesen konnte. „Mach dir keine Sorgen um sie. Sie wird es schaffen." Ich schnaubte und wandte mich ihm zu. „Weißt du etwas, das wir nicht wissen?" Sam lächelte leicht, aber es erreichte nicht ganz seine Augen. „Ich habe einige ihrer Erinnerungen gesehen. Sie hat viel durchgemacht, mehr als du vielleicht ahnst. Aber sie ist stark. Sie braucht nur jemanden, der ihr zeigt, dass sie nicht alleine ist." Ich schwieg, blickte von Sam zu Celine hinüber. Sie sah jetzt zu uns, ihre blauen Augen leuchteten im Schein des Feuers. Vielleicht hatte Sam recht. Vielleicht brauchte sie nur den richtigen Moment. Aber ich wusste aus eigener Erfahrung – manchmal kam dieser Moment, und manchmal musstest du ihn erzwingen. „Wir werden sehen," sagte ich schließlich und spürte, wie das vertraute Gewicht der Unsicherheit auf meinen Schultern lastete. Es war immer dasselbe – du konntest jemandem helfen, aber nur, wenn er sich helfen lassen wollte. Celine stand plötzlich auf, ihre Bewegungen noch immer unsicher, aber diesmal lag etwas in ihrem Blick, das mich innehalten ließ. Sie ging auf uns zu, und ich konnte das leise Zittern in ihrer Stimme hören, als sie sprach: „Ich will es versuchen."
„Gut." knurrte ich, als ich mich von dem Baum abstieß und mich zu ihr umdrehte. „Dann fangen wir an."
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Kräfte im Verborgenen
FantasíaNach zahlreichen chaotischen Abenteuern haben sich Deadpool und Logan zu einem ungewöhnlich effektiven Team zusammengeschlossen. Während Deadpool mit seinem unvorhersehbaren Humor und seinem Sinn für Chaos oft an den Nerven seiner Mitstreiter zehrt...