Brendons POV
Der Schultag am Dienstag zieht sich wie Kaugummi in die Länge. Jedes Mal, wenn ich auf die Uhr schaue, haben sich die Zeiger nur einen halben Millimeter vorgearbeitet. Ich stehe unter Strom und kann es kaum erwarten, bis endlich der erlösende Gong ertönt.
Warum ich ausgerechnet heute so ungeduldig bin?
Ganz einfach: Noelie und ich wollen nach Schulschluss ins Sip Happens gehen und Zeit zusammen verbringen.
Zwar überwiegt aktuell die Vorfreude, aber ein bisschen nervös bin ich trotzdem, immerhin haben wir bisher noch nicht über unseren Kuss gesprochen und was er zu bedeuten hat.
„Brendon?", ertönt plötzlich eine unbekannte Stimme hinter mir.
Ich bin so überrascht, meinen Namen zu hören, dass ich zusammenzucke und einen leisen Schrei ausstoße. Das Buch, das ich gerade aus dem Regal genommen habe, presse ich hilfesuchend gegen meine Brust. In der Hoffnung, etwas Halt und Sicherheit zu finden.
In den letzten Wochen ist es kein einziges Mal vorgekommen, dass mich jemand in der Bibliothek angesprochen hat. Zwischen den vielen Bücherregalen, die bis zur Zimmerdecke reichen, konnte ich prima untertauchen und mich verstecken.
Wie es scheint, sind diese Zeiten nun vorbei.
„Du bist doch Brendon Lightborn, oder?", ertönt erneut die fremde Stimme hinter mir.
Ich schlucke schwer. Warum habe ich mich nicht einfach wieder zu Noelie und ihren Freunden in die Mensa gesetzt? Dann wäre ich jetzt nicht in dieser misslichen Situation.
Begleitet von meinem rasenden Herzen drehe ich mich um. Ganz langsam.
Vor mir steht ein Junge mit wilden, blonden Locken und blauen Augen, die mich an arktisches Eis erinnern. Er ist mindestens einen halben Kopf größer als ich und sehr muskulös. Obwohl ein freundliches Lächeln auf seinen Lippen liegt, schüchtern mich seine Lederjacke und seine selbstbewusste Ausstrahlung enorm ein.
Ich habe diesen Jungen noch nie zuvor gesehen. Weder an der Raven High noch anderswo in Ravenvale.
Woher also kennt er meinen Namen? Und was möchte er von mir?
Ohne es verhindern zu können, peitschen elektrische Stromstöße durch meinen Körper. Ich fange an zu zittern und mir wird schwindelig.
Ist heute der Tag gekommen, an dem mich meine Dämonen aus Kingston Valley einholen?
Bei dem Gedanken an meine Vergangenheit stolpere ich einen Schritt nach hinten und knalle mit meinem Rücken gegen ein Bücherregal. Sofort bleibt mir die Luft im Hals stecken.
„Ist alles in Ordnung?", erkundigt sich der fremde Junge bei mir. „Tut mir leid, falls ich dich verwechselt haben sollte."
Keine Ahnung, ob ich mir das nur einbilde, doch er klingt enttäuscht. Das ist auch der Grund, weshalb ich stottere: „N-Nein, du ... Du verwechselst mich nicht. Ich, ähm, ich bin Brendon."
Das Gesicht des Jungen erhellt sich. Wie ein Lichtstrahl, der durch die Wolken bricht. Übermütig streckt er mir seine Hand entgegen und stellt sich vor: „Cool, dich kennenzulernen. Ich bin Fletcher."
Obwohl ich ihm nicht richtig über den Weg traue, schüttele ich seine Hand. Auf den ersten Blick wirkt Fletcher zwar sympathisch, aber ich bezweifele, dass er mich gesucht hat, um zu reden. Jungs wie er haben nur eine einzige Sache im Sinn: Mir das Leben zur Hölle zu machen.
„Taya und Emmett meinten, dass du ein guter Freund von Noelie seist." Als hätte plötzlich jemand einen Schalter umgelegt, wirkt Fletcher nervös. Seine Pupillen flackern von rechts nach links und wenn mich nicht alles täuscht, bilden sich sogar kleine Schweißperlen auf seiner Stirn. „Stimmt das?"
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Loving you in the stormiest autumn evenings
ChickLitHübsch, clever und sportlich: So wird Noelie von ihren Mitmenschen beschrieben. Auch Eigenschaften wie hilfsbereit, lustig und aufgeschlossen fallen des Öfteren. Brendon, der neu nach Ravenvale zieht, ist das Gegenteil von Noelie. Er verbringt seine...