Ha.ve

21.9K 255 5
                                    

Jamie saß im Schneidersitz auf ihrem Bett und schaufelte Weintrauben in sich hinein. Weintrauben sind zwar normalerweise keine Konsumgüter, zumindest nicht in diesem Mengen, aber Jamie war ja auch in einer nicht wirklich normalen Lage. Abgesehen davon das sie schon wieder ihre Schultasche im Klassenraum vergessen hatte, was sie immer wieder von ihrer übermenschlichen Vergesslichkeit, beziehungsweise ihrer Gabe alles um sich herum nicht wahrzunehmen überzeugte. Wenn heute ihr Glückstag wäre, dann würde ihre beste, und einzige Freundin Padma aufkreuzen und ihr ihre Tasche vorbeibringen. Also konsumierte Jamie weiterhin Weintrauben und fragte sich wie sie für den morgigen Test lernen sollte, so ohne Buch und Heft. Gut das ihre Mutter nicht zuhause war, die hätte sicher sofort bei der Schulleitung oder beim Hausmeister angerufen und hätte sich einen Schlüssel für den Klassenraum zukommen lassen. Viel zu viel aufwand für eine kleine, mickrige Mathearbeit. Es klopfte an der Tür und Jamie fielen die letzten 3 Weintrauben aus dem Mund. Wie in Zeit Lupe rollte die eine unters Bett, die andere unter den Schrank, und die letzte in die Pfütze die sich um ihre nassen Schuhe ausgebreitet hatte. Nasse Füße? Es war weder Winter, noch verregneter Herbst, noch wechselhafter Frühling. Es war staubtrockener Sommer, trotzdem hatte sie es geschafft ihre Schuhe nass zu machen. Herr Klempner, ihr Nachbar hatte seine Wasserflasche ausgeschüttet, warscheinlich mit dem Ursprungsgedanken seine eh schon verdorrten Blumen zu gießen. Dabei hatte er den Blumentopf und fast 2 Meter verfehlt, und obwohl Jamie eigentlich in gemütlichen Schrittempo ging, hatte sie es nicht geschafft zu bremsen und war einfach, >>Platsch<< , in die Pfütze getreten. Eine Pfütze im Umkreis von mindestens 4 km, und Jamie Evans latschte rein. War ja klar. Nachdem die Weintrauben eh hoffnunglos verloren waren entknotete Jamie ihre Beine und schlurfte zu Tür. Durchs Fenster erkannte sie schon ihren Postboten. Ja, es war ihr Postbote, Joel. Joel war für einen Postboten noch ziemlich jung, und diese Tatsache hatte sie lange davon abgehalten ihm zu glauben das er keine Psyschichen Probleme hatte. Joel war auf jeden Fall ziemlich nett. Und deshalb war er auch IHR Postbote. "Hey Joel", lächelte Jamie ihm zu und lehnte sich schlapp in den Türrahmen. "James. Lange nicht gesehen." Jamie kniff ein Auge zu. "Stimmt, schon fast 24 Stunden her. Hast du mir was mitgebracht?" Sie linste zu dem Paket unter seinem Arm. "Tut mir leid, das ist für die Frau im Haus." Joel warf ihr das Paket zu und Jamie konnte es so gerade noch auffangen, bevor es auf den Boden geknallt wäre. "Vorsicht, zerbrechlich" Jamie warf ihm einen gespielt verärgerten Blick zu. "Das macht dann 450 € bar." Er gab ihr die Rechnung. "Haha. Hat da heute jemand einen Clown gefrühstückt?", stellte sie trocken fest. Joel schmunzelte. "Lass dich nicht entführen, sonst hat mein Leben keinen Sinn mehr." Jamie knallte die Tür zu und streckte ihm die Zunge raus. Dann schob sie das Paket unter die Garderobe ihrer Mutter und lief, etwas motivierter, die Treppe hoch.

Ha.veWo Geschichten leben. Entdecke jetzt