☆Prolog☆

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In einer schwülen Sommernacht saßen die Zwillingsbrüder Muichiro und Yuichiro Tokito in ihrer kleinen, bescheidenen Hütte, die von dichtem Wald umgeben war. Es war dunkel, das einzige Licht kam vom Mond, der durch die Löcher im Dach schien. Muichiro war erst elf Jahre alt, doch in seinen Augen lag eine Schwere, die nicht zu seinem Alter passte. Er starrte wortlos auf die Flammen des kleinen Feuers, das vor ihnen brannte.

„Hör auf, so zu träumen, Muichiro", sagte Yuichiro schroff. Sein Tonfall war rau, wie immer. „Träume werden dich nicht retten. Nichts wird es."

Muichiro schaute zu seinem Bruder hinüber, wollte widersprechen, doch die Worte blieben ihm im Hals stecken. Seit dem Tod ihrer Eltern, als er zehn Jahre alt war, war sein älterer Zwillingsbruder der Einzige, den er noch hatte. Doch Yuichiro war kalt geworden, bitter. Muichiro konnte es ihm nicht verdenken. Sie lebten seitdem allein, weit abseits von allem, und jeder Tag war ein Kampf ums Überleben.

„Du solltest stärker sein", fuhr Yuichiro fort, während er mit einem düsteren Blick in die Flammen starrte. „Wenn du schwach bleibst, wirst du sterben. So wie sie."

Ein kaltes Schweigen legte sich über die Hütte. Die Erinnerung an ihre Eltern hing schwer in der Luft. Muichiro spürte, wie seine Brust sich zusammenzog. War er wirklich so schwach?

Dann, plötzlich, veränderte sich die Atmosphäre in der Hütte. Eine unheimliche Kälte breitete sich aus, die nicht zur drückenden Sommerhitze passte. Muichiro fröstelte und blickte sich verwirrt um. Yuichiros Augen verengten sich, als er aufsprang und sich vor Muichiro stellte.

„Was ist das?", murmelte Yuichiro und griff nach einem schlichten Messer, das neben ihm lag. „Bleib hinter mir, Muichiro!"

In der nächsten Sekunde krachte die Tür auf. Ein Dämon stand in der Öffnung, groß und bedrohlich, seine Augen glühten in der Dunkelheit wie Kohlen. Er schritt langsam und unheimlich leise in die Hütte, seine Gestalt wurde von einer eisigen Aura umhüllt.

„Ich habe dich gefunden", sagte der Dämon leise, seine Stimme war so kalt wie sein Blick. Seine Augen richteten sich direkt auf Muichiro. „Du... du wirst mein Opfer sein."

Muichiro fühlte, wie sich sein Herz zusammenzog. Panik kroch in ihm hoch, doch er konnte sich nicht rühren. Yuichiro jedoch reagierte sofort. Mit einem wütenden Schrei stürzte er sich auf den Dämon, das Messer erhoben.

„Lass meinen Bruder in Ruhe!", brüllte Yuichiro.

Doch es war sinnlos. Der Dämon war zu schnell, zu stark. In einem Augenblick hatte er Yuichiro zurückgeworfen, als wäre er nichts weiter als ein Blatt im Wind. Muichiro sah seinen Bruder zu Boden stürzen, Blut tropfte von einer klaffenden Wunde an seinem Arm.

„Yuichiro!", schrie Muichiro verzweifelt.

Der Dämon kam näher, langsam, als würde er die Panik der Jungen genießen. „Ihr Menschen seid so schwach", flüsterte er. „Ihr könnt nichts tun, um mich aufzuhalten."

Muichiro konnte den Atem des Dämons auf seiner Haut spüren. Er schloss die Augen und erwartete das Ende. Doch dann – ein Zischen. Ein scharfer Wind durchfuhr die Hütte, und als Muichiro die Augen öffnete, sah er den Kopf des Dämons rollen. Der Körper fiel leblos zu Boden.

Verwirrt blickte Muichiro auf. Vor ihm stand ein Mann, düster und unheimlich. Sein Blick war starr und kalt, doch das Auffälligste waren seine sechs Augen, die in verschiedenen Mustern über sein Gesicht verteilt waren. Das Schwert, das er in der Hand hielt, tropfte noch vom Blut des Dämons.

„Wer... wer bist du?", flüsterte Muichiro, unfähig, sich zu bewegen.

Der Mann starrte ihn an, als würde er jede Facette seines Wesens analysieren. „Mein Name ist Kokushibo", sagte er mit ruhiger, bedrohlicher Stimme. „Ich bin ein Dämon... aber auch dein Vorfahre."

Muichiro erstarrte. „Vorfahre?" Die Worte ergaben keinen Sinn für ihn. „Aber... wie? Warum?"

Kokushibo legte den Kopf leicht schief. „Dein Blut... ist mein Blut. Du hast die Kraft in dir, Muichiro. Die Kraft, mehr zu werden als das, was du jetzt bist. Dein Bruder... er hat versucht, dich zu beschützen. Doch er war schwach. Zu schwach."

Muichiro schluckte hart, als er einen Blick auf Yuichiro warf, der immer noch am Boden lag, blutend und bewusstlos. Tränen füllten seine Augen, und ein kalter Kloß bildete sich in seiner Kehle.

„Willst du sterben wie er?", fragte Kokushibo. „Oder willst du mit mir kommen? Ich kann dir Macht geben, dir zeigen, was wahre Stärke ist. Du musst nur mit mir gehen."

Muichiro zögerte. Alles in ihm schrie danach, wegzulaufen, seinen Bruder zu retten, doch etwas in den Worten des Dämons hielt ihn fest. Die Macht, von der Kokushibo sprach, war verlockend. Sie könnte ihm helfen, das zu verhindern, was heute geschehen war.

„Muichiro!", rief Yuichiro plötzlich schwach. „Geh... nicht..."

Muichiro biss die Zähne zusammen, Tränen rannen über sein Gesicht. Er war hin- und hergerissen. Sollte er bleiben? Oder mit Kokushibo gehen? Schließlich nickte er, mehr zu sich selbst als zu dem Dämon. „Ich komme mit dir."

Kokushibo nickte zufrieden und drehte sich um. „Dann folge mir, und ich werde dir alles beibringen."

Muichiro warf einen letzten Blick auf seinen Bruder, bevor er sich abwandte und Kokushibo folgte. Die warme Sommerluft konnte die Kälte, die ihn durchströmte, nicht vertreiben.

The Demon Inside Of Me [Muichiro FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt