Schattentempel

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Der Schattentempel von Lurien thronte in einem düsteren Tal, umgeben von schroffen, zerklüfteten Felsen, die wie die Zähne eines schlafenden Ungeheuers in den Himmel reckten. Die Wände des Tempels waren aus schwarz glänzendem Obsidian, der im schwachen Licht der Umgebung bedrohlich schimmerte. Über dem Eingang hingen schwere, geflochtene Lianen, die wie die Klauen eines Raubtieres wirkten und jeden, der näher kam, in den Bann der Dunkelheit zogen.

Doch hinter den angsteinflößenden Mauern verbarg sich ein inneres Paradies, das den Kontrast zur äußeren Erscheinung schärfte. Beim Betreten des Tempels empfing einen ein Anblick von atemberaubender Schönheit. Helle, biolumineszente Pflanzen blühten in einem schillernden Spektrum aus Blau, Lila und Grün, während das sanfte Licht von funkelnden Kristallen an der Decke reflektiert wurde und ein traumhaftes Ambiente schuf. Die Luft war erfüllt von einem süßlichen Duft, der an blühende Nachtblumen erinnerte, und das leise Plätschern von Wasserquellen vermischte sich mit einem geheimnisvollen, hypnotischen Gesang.

In der Mitte des Raumes saß Lurien auf einem Thron aus tiefschwarzem Stein, umgeben von seinen loyalen Anhängern. Er war ein Gott von unbestreitbarer Anziehungskraft – sein dunkles, kurz geschnittenes Haar und die hypnotisch blauen Augen strahlten sowohl Verführung als auch Kälte aus. Lurien war bekannt für seine Fähigkeit, die Schatten zu manipulieren und die Ängste anderer zu nutzen.

Neben ihm stand Theros, der Gott des Herbstes, mit glühend roten Augen und einer majestätischen Statur. Seine Präsenz war von einer rohen Energie geprägt, die eine unverwechselbare Aura der Gefahr ausstrahlte. „Die Götter des Wassers und der Erde sind auf der Hut", begann Theros, seine Stimme tief und dröhnend. „Sie wissen, dass sich etwas zusammenbraut. Wir müssen unsere nächsten Schritte gut überlegen."

Selene, die Göttin der Nacht, trat vor. Ihre langen, schwarzen Haare flossen wie Schatten über ihre Schultern, und ihre Haut schimmerte im Dämmerlicht. Selene war nicht nur die Herrscherin der Nacht, sondern auch Meisterin der Illusionen. „Ich kann die Dunkelheit manipulieren und Illusionen schaffen, die die anderen Götter verwirren werden", erklärte sie mit einer Stimme, die sowohl sanft als auch eindringlich war. „Wenn sie uns nicht sehen können, sind wir unbesiegbar."

Ein weiterer Anhänger, Kael, der die Auren der Götter lesen konnte, trat vor. „Die Nachrichten aus dem Wald sind besorgniserregend. Edda ist gefallen, und Orin hat den Waldtempel übernommen. Die Menschen sind in Unruhe, und Eddas Erbin, Rosalié, könnte zur größten Bedrohung für uns werden."

„Rosalié? Sie ist die einzige, die die Essenz von Edda in sich trägt?", fragte Lurien, seine Augen funkelten vor Interesse. „Wir sollten sie aus dem Spiel nehmen, bevor sie zu stark wird."

Kael nickte. „Die Menschen sehen in ihr die Hoffnung auf eine Rückkehr von Edda. Das könnte ein Problem für uns werden. Orin ist zwar ein machtvoller Gott, aber seine Verbindung zu den Menschen ist brüchig. Ihre Loyalität könnte sich schnell gegen ihn wenden, besonders nach Eddas Tod."

Selene fügte hinzu: „Wir müssen schnell handeln, bevor die Menschen sich gegen uns wenden. Wenn Rosalié ihre Kräfte entfalten kann, wird sie zur stärksten Waffe im Kampf gegen die Dunkelheit."

Die Gruppe war sich einig, dass sie aktiv werden mussten. Lurien lehnte sich zurück und ließ einen zufriedenen Ausdruck über sein Gesicht huschen. „Das Spiel ist in vollem Gange, und wir sind die Meisterzüge. Es wird Zeit, die Schatten zu nutzen, um die Welt in unser Bild zu formen." Mit diesem Gedanken begannen die Götter, ihre Pläne zu schmieden und die Dunkelheit über das Reich zu bringen, das einst von Licht und Leben erfüllt war. 

Als die Besprechung zu Ende ging, wendete Lurien seinen Blick von den anderen Göttern ab. Die Atmosphäre im Thronsaal war geladen, und die Worte von Kael und Selene hallten noch in seinem Geist nach. Er wusste, dass die Zeit drängte und dass Rosalié, die neue Waldgöttin, eine Bedrohung für seine Pläne darstellte. „Ihr könnt gehen", erklärte Lurien mit einer ruhigen, aber bestimmten Stimme. „Ich brauche einen Moment für mich." Theros und Selene warfen ihm einen schnellen Blick zu, aber sie gehorchten und verließen den Saal, ihre Schritte hallten in der stillen Dunkelheit wider. Als die großen Türen des Tempels sich schlossen, fiel eine tiefere Stille über den Raum. Nur das sanfte Plätschern des Wassers aus den kristallinen Quellen war zu hören.

Lurien ließ sich auf seinem Thron nieder, der aus tiefschwarzem Stein gefertigt war und mit filigranen Mustern verziert war, die im Dämmerlicht schimmerten. Er dachte an Rosalié, die junge Frau, die Eddas Erbe in sich trug. Sie hatte etwas Besonderes, etwas, das ihn faszinierte und zugleich herausforderte. Ihre Verbindung zur Natur und zu den Menschen war stark, und sie könnte die Schlüssel zu den Kräften sein, die er für seine Pläne brauchte. „Was wird aus dir, Rosalié?" murmelte er leise in die Dunkelheit. Sein Geist schwebte zwischen Bewunderung und Neugier, während er darüber nachdachte, wie er sie nutzen könnte. Vielleicht könnte er sie dazu bringen, ihm zu dienen, oder sie würde sich ihm gar anschließen. In seinen Gedanken schien das Bild von ihr – mit ihren pechschwarzen Haaren und den tiefen lila Augen – immer präsenter zu werden.

Lurien schloss die Augen und ließ die Schatten um sich herum tanzen. „Die Dunkelheit hat ihre eigenen Wege, und ich werde nicht zulassen, dass ein Funken Licht meine Pläne durchkreuzt", flüsterte er, entschlossen, seine Macht auszubauen und alle Hindernisse zu beseitigen, die ihm im Weg standen. Er war bereit, die nächsten Schritte zu planen und Rosalié in sein Spiel zu ziehen. Während er dort auf seinem Thron saß, spürte er, wie die Dunkelheit um ihn herum pulsiert, als würde sie ihm bei seinem Vorhaben beistehen.

In diesem Moment wurde ihm klar, dass der Kampf um die Herrschaft über das Reich der Götter gerade erst begonnen hatte. Und er würde nicht ruhen, bis er die Kontrolle erlangt hatte.

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