Es brauchte keine Worte

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Die nächsten Stunden wartete ich erneut in der Notaufnahme des Krankenhauses. Ich fühlte mich zurückversetzt an den Tag unserer Hochzeit, hoffte inständig, dass auch der heutige Tag noch ein gutes Ende nehmen würde. Doch nach drei Stunden im Wartebereich ahnte ich, dass diesmal vielleicht nicht alles wieder gut sein würde. Das Zittern meiner Hände hatte nicht nachgelassen und wenn immer der Alarmton anging, um einen Notfall bei einem Patienten anzukündigen, rutschte mir mein Herz tiefer in die Hose. Warten war etwas, dass ich schon immer gehasst hatte. Ich war ein sehr ungeduldiger Mensch. Wenn ich etwas haben wollte, dann musste ich es schnell haben. Und alles was ich nun wollte, war die Gewissheit, dass es Harry gut ging. Doch sie kam nicht. 

Irgendwann nahm ich mein Handy und rief Zayn an. Er nahm den Anruf in Rekordgeschwindigkeit an. "Und wie ist der Stand?" fragte er, in seiner Stimme konnte ich Nervosität heraushören. 
"Ich weiß es nicht", sagte ich leise. "Bis jetzt war noch niemand bei mir. Wie geht es Sarah?" 
"Es geht ihr gut, sie schläft. Sie hat viel nach euch gefragt, aber ich habe ihr erklärt, dass ihr bei einem Arzt seid und dass ihr bald zurück seid", antwortete er mir leise und ich seufzte auf und rieb mir über das Gesicht. 
"Danke dass du eingesprungen bist. Das war nicht der Plan", hauchte ich. 
"Lou, komm schon! Ich würde alles für dich tun und das weißt du." 

Ich lächelte leicht und atmete tief durch. "Seid ihr bei euch zuhause?" 
"Nein, wir sind bei euch. Ich fand es wichtig, dass sie in ihrem Bett schläft. Liam ist auch da und wir warten auf euch." 
Ich nickte leicht. "Und wo ist Niall?" fragte ich ihn leise. Zayn blieb für einen Moment ruhig. "Ist er nicht bei dir?" 
"Nein", antwortete ich und blickte zum Eingang der Notaufnahme, in welchen gerade ein abgehetzter Ire hineineilte. Ich musste lächeln. "Jetzt ist er bei mir." 
Ein erleichtertes Aufatmen war am anderen Ende der Leitung zu hören. "Halt mich auf dem Laufenden, okay?" forderte Zayn, ehe wir uns verabschiedeten und ich das Handy wegsteckte. Niall eilte auf mich zu und fiel mir um den Hals. 
"Lou, was macht ihr nur", sagte er leise und setzte sich neben mich, sah mich verwirrt an. "Was ist denn passiert? Ich wollte eher da sein, aber ich war im Café und es war so voll, ich konnte kein einziges Mal mein Handy checken!" 

"Niall, kein Problem", sagte ich mit einem aufgesetzten Lächeln. Er musterte mich und ich riss mich so sehr zusammen, nicht zusammenzubrechen. Ich musste stark sein für Harry. Niall nahm meine Hand und drückte sie leicht. 
"Er ist wieder zusammengebrochen. Sie machen jetzt einige Tests, denke ich. Ihm war schwindelig und er meinte er sieht mich doppelt. Und..." Ich atmete erneut tief durch. "Gebrochen hat er auch, als er wieder zu Bewusstsein gekommen ist." 
Niall nickte leicht und sah auf die Uhr. "Denkst du, es ist doch etwas Ernsteres?" fragte er mich ganz direkt. 

Seine einfache Frage ließ mich erstarren. Bis jetzt hatte keiner etwas in diese Richtung angesprochen, auch Zayn nicht. Er hatte des Öfteren gefragt, ob wieder alles gut wäre, doch von etwas Ernstem hatte er nie geredet. Niall's klare Frage ließ mich augenblicklich in Tränen ausbrechen und ich krallte die Finger in seine Hand, schluchzte verzweifelt auf. Der Ire zog mich augenblicklich in seine Arme und hielt mich fest, strich mir sanft über den Rücken. 
"Lou, ganz ruhig", sagte er tröstend und ich konnte nicht an mich halten, in diesem Moment brach alles über mich herein. Die ganze Angst, die ich in den letzten Monaten in die hinterste Ecke meines Gehirns geschoben hatte, weit weg von der Oberfläche, sie brach in diesem Moment aus mir heraus. 
"Lou, bitte beruhige dich. Noch wissen wir nichts, bitte schieb nicht vorher Panik", bat Niall mich erneut und ich nickte leicht, ehe ich mich wieder aufrichtete und meine Tränen wegwischte. Mit zitternder Unterlippe sah ich ihn an und er legte den Kopf schief, sah mich mitleidig an. "Ich bin da, okay? Das sind wir alle", flüsterte er. 

Ich nickte leicht und ließ mich gegen ihn fallen, schloss für einen Moment die Augen. "Ich bin so fertig", hauchte ich und er streichelte meinen Rücken weiter. "Dann schlaf etwas, Lou. Ich wecke dich, wenn es etwas Neues gibt." 
Ich nickte leicht, vor lauter Erschöpfung und Sorge übermannte mich die Müdigkeit und ich ließ die Augen geschlossen, atmete ruhig und versuchte nicht daran zu denken, dass meine Angst ihn zu verlieren, wahr werden könnte. 

The Love It Takes | L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt