Kapitel 68

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„Das sieht echt cool aus." Ella schaute zu dem eng anliegenden Shirt, das Ava gerade anprobiert hatte. So etwas würde sie auch gerne tragen, aber....nein, das ging nicht. Absolut nicht! Da würde man ja jede ihrer Rundungen sehen und das war peinlich......und gefährlich. Bei Ava sah es wirklich absolut super aus. Aber sie war auch nicht so gut gepolstert an gewissen Stellen. „Das grün steht dir unglaublich gut." Ava lachte. „Ja klar, ich bin ja auch Irin. Welche Farbe sollte mir sonst stehen! Warum probierst du es nicht auch einmal an? Dir steht es garantiert auch super. Schließlich bist du die beste Freundin einer Irin", zwinkerte sie Ella zu, die sofort den Kopf schüttelte. „Nein, das geht nicht. Ich...." Sie schaute Ava hinterher, die gar nicht auf eine Antwort gewartet hatte, sondern einfach aus der Garderobe gestürmt und in Richtung der Kleiderständer unterwegs war. Nein, das ging wirklich nicht. Ella schnappte sich das weit geschnittene Blümchenkleid im Tunikastil, das sie sich ausgesucht hatte und zog den Vorhang der Umkleidekabine hinter sich zu. Sie zog schnell das Kleid, das sie zur Arbeit getragen hatte über ihren Kopf und schlüpfte in das andere. Gerade noch rechtzeitig als der Vorhang von Ava aufgezogen wurde. Puh! Keiner wollte und sollte einen Ellafant in Unterwäsche sehen. Ella spürte wie ihre Wangen brannten als sie den Mann auf dem Sessel gegenüber von den Garderoben sitzen sah. Das wäre so unangenehm gewesen und......Ellas Herz begann zu rasen....und gefährlich. „Wow, das ist ja mal so richtig schön formlos." Ava schaute sie kopfschüttelnd an. „Das ist doch nicht dein ernst, dass du morgen so zu deinem Geburtstag gehen willst? Das würde ja nicht einmal meine Oma anziehen. Und die war Klosterschülerin in Irland." Ella schaute in den Spiegel vor ihr. Ja, okay! Das Kleid hing wirklich wie ein Sack an ihr herunter. Aber das war ja nicht das schlechteste. In diesem Kleid kam garantiert keiner der Männer auf falsche Gedanken. „Ich könnte ja einen Gürtel...." „Oder es einfach wieder ausziehen und etwas anderes anprobieren. Bei dem Kleid denkt ja jeder, du hast in Verzweiflung ein Loch in deine Gardine geschnitten und sie dir über den Kopf gestülpt." Ava griff den Stapel Kleidung über ihrem Arm und hängte ihn an den Haken. „So, jetzt probierst du mal das an." Sie griff einen Rock und ein farblich passendes Shirt. Ella schaute die beiden Sachen skeptisch an. Klar, das war genau das, was sie sich früher auch für so eine Feier ausgesucht hatte. Ja, aber früher, nicht heute. „Los jetzt, zieh das an!" Ava wedelte mit dem Shirt vor ihrer Nase herum. Glücklicherweise hatte sie den Vorhang wieder vor die große Kabine vorgezogen und die Außenwelt ausgeschlossen. Ella schlüpfte aus dem Kleid und griff widerwillig nach dem Shirt. Sie würde Ava wenigstens den Gefallen tun und es anprobieren. Auch wenn sie es auf keinen Fall kaufen würde. Ihr Blick fiel wieder zu dem Kleid. Ja, das würde sie kaufen. Es war zwar nicht toll, aber es war sicher. „Hier!" Ava reichte Ella noch den passenden Rock, kaum dass sie ihren Kopf und ihre Arme durch die entsprechenden Löcher gestopft hatte. Okay, sie schlüpfte auch widerwillig in den Rock, der sich genau wie das Shirt an ihren Körper schmiegte. Oder sollte sie vielleicht lieber von Körper umspannen sprechen? Obwohl da spannte nichts wirklich. Trotzdem war das einfach viel zu eng. Ihr Magen krampfte sich zusammen und ihr Herz begann zu rasen. Und es war den Klamotten, die sie auf Mallorca getragen hatte, viel zu ähnlich. Ella schüttelte den Kopf. „Das ist nichts für mich." „Wie kannst du das sagen? Du hast dich ja noch nicht einmal im Spiegel angeschaut." „Das muss ich nicht! Ich habe so etwas schon einmal getragen und ich weiß, wie ich darin ausschaue. Man sieht alle meine Rundungen und Männer kommen auf ziemlich blöde Ideen deshalb. So etwas werde ich nie wieder tragen", platzte es aus ihr heraus. „Scheiße!" Das war das einzige Wort, das Ava sagte, ehe sie Ella in ihre Arme zog und ganz fest an sich drückte, während Ella Tränen über die Wangen kullerten. „Ich....ich will.....nicht.....noch einmal....", brachte sie schluchzend hervor. Ja, sie würde nie wieder so etwas tragen. Da lief sie lieber wie eine Vogelscheuche herum, damit die Männer sie in Ruhe ließen. Ava strich Ella über den Rücken und langsam beruhigte sie sich wieder. Sie wischte mit ihrem Handrücken über ihre Wangen. „Sorry!", entschuldigte sie sich bei Ava für ihren Ausbruch. Die winkte nur ab. „Ich muss mich entschuldigen, dass ich dich einfach so überrollt habe." Sie kaute auf ihrer Unterlippe herum. Diese Geste kannte Ella bereits von ihr. Das bedeutet, dass ihr etwas auf der Zunge brannte. „Hau raus!", forderte sie sie deshalb auf. „Na ja, du weißt aber schon, dass das Ganze nicht an deiner Kleidung gelegen hat. Diese Idioten hätten das Gleiche auch mit dir veranstaltet, wenn du einen Kartoffelsack angehabt hättest." Avas Blick war zu dem unförmigen Kleid gewandert, das Ella vorher anprobiert hatte. „Diese Leute sind einfach krank und da ist es egal, was du trägst. Du bist auch nicht schuld, weil du zu viel Kurven an den richtigen Stellen hast. Dich trifft nicht die geringste Schuld. Selbst wenn du nackt über die Straße laufen würdest, gibt es niemandem das Recht über dich herzufallen, wenn du es nicht willst. Für solchen Mist gibt es keine einzige Rechtfertigung. Das muss dir klar sein. Du bist okay so wie du bist, egal was du anhast oder eben nicht anhast. Die anderen sind die Schuldigen, nicht du, nicht deine Kleidung oder deine Schminke. Die Vergewaltiger sind die, die im Kopf krank sind." Diesmal war es Ava, in deren Gesicht ein paar Tränen die Wange herunter kullerten. Aber so wie ihre Stimme geklungen hatte, waren es eher Tränen der Wut und nicht der Verletzung. „Du darfst ihnen nicht auch noch das Recht geben, Einfluss auf dein weiteres Leben zu nehmen. Du musst ihnen zeigen, dass sie mit ihrem Mist dir nicht alles genommen und dein Leben zerstört haben." Mit einer energischen Handbewegung wischte Ava die Tränen fort. „Also, wenn du mir sagst, dass der Kartoffelsack da wirklich dein Wunschkleid ist, weil er genau deinen Geschmack trifft, dann sage ich nie wieder was." Wieder deutete sie mit ihrer Hand zu dem Kleid. „Aber wenn das nicht der Fall ist, überlege es dir noch einmal und schaue wenigstens in den Spiegel, um eine Entscheidung zu treffen." Das musste Ella gar nicht. Wenn sie ehrlich war, war die Entscheidung nicht schwer zu treffen.

Schuss und Treffer - auf leisen Sohlen      Teil 17Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt