Tom lief neben Ella. Er hatte ihr seine Hand in den Rücken gelegt und schob sie durch die Leute, die hier überall herumstanden. Scheinbar waren es in der kurzen Zeit, die sie hier waren noch mehr geworden. Im gleichen Maße zu den Leuten hatte auch der Lärmpegel zugenommen. Ehrlich gesagt war Tom zu frieden, wenn er diesen Schuppen endlich verlassen konnte. Schon gestern hatte es ihm dort nicht gefallen. Weder spielte man dort die Musik, die er mochte, noch gefiel ihm der Alkoholkonsum und die daraus resultierende Stimmung. Vielleicht war er langsam zu alt für so etwas. In ein paar Monaten feierte er schließlich seinen 30. Geburtstag. Okay, das sollte er lieber niemandem verraten. Das war seinem Ruf als Musiker mit Sicherheit nicht zuträglich. Sein Blick streifte Ellas Gesicht. Sie hatte vorhin wie ein Geist ausgesehen. Ihr blasses Gesicht hatte im Kontrast zu ihren dunklen Haaren gestanden. Ihr war anzusehen, dass es ihr nicht wirklich gut ging. Das war ja auch kein Wunder, nach dem, was sie durchgemacht hatte. Wenn er diese Kerle in die Finger bekäme, würde er ..... ja, was würde er? Mit seinen zarten Keyboarderfingern ihnen den Hals umdrehen? Wahrscheinlich nicht. Nein, er war eher der friedliebende Mensch, deshalb hatte er auch im Internat Judo betrieben und nicht Karate. Ja, er war eher defensiv und nicht der Angreifer. Viele beschrieben ihn auch als schüchtern, und ruhig. Alles Attribute, die ein Mann gerne im Zusammenhang mit sich hörte. Okay, bis jetzt hatte ihn das noch nie gestört, gerade tat es das aber. Er schob Ella weiter Richtung Ausgang, als sie abrupt stehen blieb. „Hier, genau hier ist mir schwarz vor Augen geworden. Von da ab weiß ich nichts mehr." Okay, das war jetzt keine Erinnerung, die ihnen wirklich weiterhalf. Oder doch! Die Frage die sich jetzt stellte, wie waren die Kerle mit Ella in diesem Zustand unbemerkt hier herausgekommen, ohne dass jemand vom Security Personal. Hilfe geholt hatte? „Das habe ich mich auch schon gefragt." Scheinbar hatte er seine Frage wohl laut ausgesprochen, denn Luna antwortete ihm. „Eigentlich hätte doch irgendwer mitbekommen müssen, dass Ella bewusstlos war." „Ja, das schon, aber das hätte Arbeit gemacht." Mike deutete mit seinem Kopf in Richtung des Security Personals. „Die flirten wohl lieber. Mich würde es nicht wundern, wenn die selbst Zeug davon in den Taschen haben und es hier einsetzen oder verticken." Ja, wirklich schützend wirkten die Kerle nicht, da musste Tom ihm rechte geben. Er atmete auf, als ihm ein frischer Windhauch ins Gesicht wehte und sie auf die Promenade hinaustraten. Tom atmete tief durch und füllte seine Lungen mit der frischen Meeresbrise. „Und du willst wirklich zum Strand?" Er schaute Ella prüfend an. Auch sie atmete tief durch. Er vermutete das sie das aber aus einem anderen Grund als er tat. „Ja! Ich muss da hin." Wie um sich selbst etwas zu beweisen, nickte Ella entschlossen. Sie musste sehen, wo alles, was auch immer ihr passiert war, stattgefunden hatte. Nur so konnte sie damit klar kommen. Sie musste wenigstens einen Teil dieser beängstigenden Dunkelheit mit Bildern füllen. „Okay, dann gehen wir." Tom nickte ihr zu und lief los. Die anderen folgten ihnen. Mit jedem Schritt auf der Promenade legte Ellas Herz mindestens einen Schlag zu. Trotz der Aufregung tat sich nichts in ihrem Kopf. Wie weit waren die mit ihr gelaufen? Wenn sie besinnungslos gewesen war, mussten sie sie doch getragen haben. Wieso war das Niemandem aufgefallen? Wieso hatte Niemand eingegriffen? Die Promenade war doch mit Laternen hell erleuchtet. Ihnen kamen ein paar Leute entgegen, die laut herum gröhlten und lallten. Einer von ihnen sah auch ziemlich abgetreten aus. Hatten die Leute gestern bei ihr vielleicht auch gedacht, dass sie sich abgeschossen hatte? Sehr wahrscheinlich. Sie griffen ja jetzt bei der Truppe auch nicht ein. „Da....da vorne habe ich deine Tasche liegen sehen!" Stella deutete mit ihrer Hand zu der flachen Betonwand, die die Promenade vom Sandstrand abgrenzte und dafür sorgte, dass es den Sand nicht überallhin wehte.Ella lief zu der Stelle, zu der Stella gedeutet hatte. Hier war es verhältnismäßig hell. Also nicht gerade so, dass man eine Sonnenbrille brauchte, aber auch nicht so dunkel, dass man eine Taschenlampe herausholte. Wenn ihre Tasche dort gelegen hatte, warum hatte sie erst Stella gefunden? Oder hatte sie vielleicht noch nicht so lange dort gelegen, dass schon vorher jemand daran vorbeigekommen war? Der Gedanke ließ etwas Hoffnung in ihr aufkeimen. Wenn sie erst kurz dort gewesen wäre, wie lange hatten die Mistkerle dann Zeit sich an ihr zu vergreifen? Vielleicht wäre die bessere Frage, wie lange hatten sie benötigt, um sich an ihr wie auch immer zu vergehen? Wie lange dauerte so etwas? Ella setzte ihren rechten Fuß in den Sand und sank mit ihrem Schuh ein. Ihr anderer Fuß folgte. Noch nie hatte sich Sand unter ihren Füßen so bedrohlich angefühlt. Bei jedem Schritt, den sie machte, hatte sie das Gefühl ein Stück mehr zu versinken. So musste es sich anfühlen, wenn man durch Treibsand lief, der einen zu verschlingen drohte. Bei ihr war es aber eher die fehlenden Erinnerungen und die Dunkelheit, die sie zu verschlingen schienen. Eine eiserne Faust schien sich um ihr Herz zu schlingen und es fest im Griff zu haben. In ihrem ganzen Körper breitete sich Kälte aus und sie hatte das Gefühl sich kaum noch bewegen zu können. Nein! So ging das nicht. „Wo habt ihr mich gefunden?", stieß sie keuchend hervor, weil ihre Lungen sich zu weigern schienen Sauerstoff durch ihren Körper zu befördern. Sie musste sofort die Stelle mit ihren eigenen Augen sehen, um diese Panik zu besiegen, die ihren Körper ergriffen hatte. Sie musste um ihre Erinnerungen kämpfen, um abschliessen und zur Ruhe kommen zu können.
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Schuss und Treffer - auf leisen Sohlen Teil 17
Teen FictionElla hat nach schulischen Tiefschlägen endlich etwas gefunden, in dem sie wirklich gut ist. Ihre Ausbildung zur Friseurin hat sie mit Auszeichnung bestanden, genau wie die Meisterprüfung. In ihrem Kopf existiert schon ein fester Plan für eine erfolg...