Zwei Welten,ein Herz

03

Mia hastete aus der Cafeteria, ihre Gedanken wirbelten durcheinander. Die Worte von Jake hallten in ihrem Kopf wider. Sie hatte sich nie als das „kleine Graufell" gesehen, aber diese Bezeichnung blieb an ihr haften, als wäre sie ein Stigma. Sie sehnte sich danach, einfach nur unauffällig zu sein, doch Jakes Spott hatte sie erneut ins Rampenlicht gezerrt.

Draußen auf dem Schulhof lehnte sie sich gegen die kalte Wand des Gebäudes und atmete tief ein. Der Schulalltag war für sie eine ständige Herausforderung, und der Blick auf Jake, der mit seinen Freunden lachte, verstärkte nur das Gefühl der Isolation. Sie wusste, dass sie sich ändern wollte, aber wie?

Zurück in der Cafeteria hatte Jake bereits die nächste Geschichte erzählt, und die Gruppe hing an seinen Lippen. Irgendwo in seinem Inneren regte sich ein Unbehagen. Warum fühlte er sich nicht mehr so gut dabei? Das Lachen der anderen machte ihm nicht die Freude, die es einst getan hatte.

„Jake, hast du die neue Schülerin schon gesehen? Die, die immer mit den dicken Büchern umherläuft?" fragte einer seiner Freunde. „Was für ein Freak!"

„Was ist mit ihr? Soll ich sie auch gleich verarschen?", grinste Jake, doch der Gedanke an Mia hinterließ einen bitteren Nachgeschmack. Er wusste, dass das, was er tat, nicht wirklich cool war, aber es war die Rolle, die er spielte.

„Lass sie in Ruhe, Mann. Das ist doch nur ein nerdiges Ding", erwiderte ein anderer. „Die hat doch eh keine Freunde."

Irgendwo in ihm regte sich ein Gefühl der Widersprüchlichkeit. „Vielleicht ist sie ja auch nicht so schlimm", murmelte er. Doch das Lachen um ihn herum wurde lauter, und das letzte Stück Gewissen in ihm wurde erneut erstickt.

Am nächsten Tag, als Mia wieder in die Cafeteria kam, war es nicht anders. Sie setzte sich an ihren gewohnten Platz, in der Hoffnung, unbemerkt zu bleiben. Aber Jake hatte sie wieder im Blick. Er fühlte sich stark, beobachtete sie, wie sie versuchte, in ihre Bücher einzutauchen, während sie im Hintergrund zur Zielscheibe für seine Scherze wurde.

„Hey, Mia! Was liest du? Irgendwas über den Sinn des Lebens?", rief er erneut, und seine Freunde lachten. Aber diesmal spürte er, dass sich etwas in der Luft veränderte. Ein kleiner Teil von ihm wollte aufstehen und ihr zur Seite springen, um sie zu verteidigen. Doch der andere Teil, der König der Schule, ließ ihn zögern.

Mia hob den Blick, und ihre Augen trafen die seinen. Für einen kurzen Moment sah er nicht das schüchterne Mädchen, sondern jemanden, der trotz aller Angriffe eine innere Stärke ausstrahlte. In diesem Augenblick fühlte Jake, dass er nicht nur ein Bad Boy war – vielleicht war er auch ein kleiner Feigling. Und das nagte an ihm