Kapitel 31

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Mein Kopf sinkt langsam auf den Tisch und ich wünsche mir nichts mehr, als mein warmes, bequemes Bett. Nur wage nehme ich wahr, das der Lehrer meinen Namen sagt, doch ich schaffe es nicht einmal die Augen offen zu halten. Er wiederholt meinen Name und ein genervtes Brummen entrinnt meiner Kehle. Mühsam hebe ich meine Kopf und sehe ihn aus verschlafenen Augen an.
"Wenn du am Wochenende zu viel Party gemacht hast, solltest du am nächsten Tag mit den Konsequenzen rechnen", sagt er wütend. Dabei betont er das 'Party' so seltsam, das die ganze Klasse zu lachen anfängt. Diesen Moment der Unachtsamkeit nutze ich um mir einen übers Gesicht zu streichen und mich zu erinnern, wo ich bin. Dann sehe ich meinen Lehrer wieder an, der jetzt mit hochrotem Kopf da steht und darauf wartet, das die Klasse sich beruhigt.
"Ich weiß gar nicht was ihr daran witzig findet", schimpft er und wieder bricht Gelächter aus. "Ruhe!" Wenn das noch geht, dann wird er noch roter, diesmal vor Wut, und knallt das Klassenbuch betont laut auf das Pult. Plötzlich ist alles leise. "Olivia, wenn du mir wohl die Güte erweisen würdest meine Frage zu beantworten", richtet er sich jetzt wieder an mich. Ich sehe ihn fragend an. Er hat eine Frage gestellt? "Nun?" Ich sehe ihn einfach nur stumm an.
"Minus x", flüstert jemand neben mir. Ich wusste gar nicht, das da noch jemand sitzt, aber bevor ich hinsehe, wer das gesagt hat brumme ich ein 'Minus x' und die ganze Klasse beginnt wieder zu lachen. Was ist jetzt schon wieder so witzig? Genervt verdrehe ich die Augen und warte darauf, das der Lehrer sich wieder zur Tafel dreht.
"Beim nächsten Mal Pass einfach auf, damit Madelene dir die Lösung nicht vorsagen muss." Dann endlich dreht er sich um und ich betrachte jetzt Madelene. Irgendwoher kenne ich doch diese versunkene Haltung und die schokoladen braunen Haar. Die Gesichtszüge sind mir allerdings vollkommen fremd. Ihr Gesicht ist auf den ersten Blick nichts besonderes, nichts besonders einprägsam. Doch als sie mich direkt ansieht fallen mir Ihre Augen auf. Sie sind nicht sehr groß oder klein, nein. Es ist die Farbe. Durch das düstere Licht sind die Pupillen geweitet und das wenig sichtbare der Iris hat eine undefinierbare Farbe. Es wirkt, als hätte sich jemand nicht entscheiden können, ob er sie blau, grau oder grün machen soll und letztendlich alles zusammengemischt. Als sie allerdings den Blick wieder an die Tafel richtet sind sie plötzlich klar blau.
Fasziniert starre ich sie noch eine Weile an, bis die mich genervt, vielleicht etwas belustigt, anfährt: "So interessant?" Und jetzt fällt es mir wieder ein. Das ist das Mädchen, das mir am Donnerstag die ganzen Laune verdorben hatte. Ich hätte nicht gedacht sie nochmal wieder zusehen.
"Danke", sage ich nur knapp und wende mich wieder an den Unterricht- oder besser ich konzentriere mich darauf nicht einzuschlafen.
Als es endlich gongt stand ich zwei Mal fast vorm Einschlafen, wurde einmal aufgerufen ohne die Antwort zu wissen und habe nichts vom Unterricht mitbekommen.
Erleichtert seufzend setze ich mich in Bewegung, räume mit schweren Gliedern meine Sachen zusammen und schlurfe dann zum nächsten Kursraum.
Die folgenden Stunden verbringe ich damit meinem Gehirn zu erklären, dass es auf den Unterricht achten und nicht ständig an ein warmes, weiches Bett denken soll. Letztendlich bin ich nur in Biologie einmal eingeschlafen und ansonsten höchsten ein zwei Mal weggeknickt, hab mich aber sobald mein Kopf auf die Tischplatte geschlagen ist wieder aufgewacht. Dabei habe ich ein paar Mal meine eh schon leicht irritierten Sitznachbarn zum Lachen gebracht und wenigstens ein mal auf die ganze Klasse. Aber außer den ein oder anderen genervten Lehrer hat es niemanden gestört.
Als ich dann endlich das Schulgebäude verlasse und mich auf den Weg zu meinem Auto mache, ist die Sehnsucht nach zu Hause unerträglich. Ich kann es kaum erwarten die Augen zu schließen und endlich in Ruhe schlafen zu können.
Gerade fahre ich an der fast leeren Bushaltestelle vorbei, als mir eine Person auffällt, die zusammengesunken auf der Bank sitzt und auf ihr Handy starrt. Einen Moment überlege ich, dann halte ich direkt vor dem Mädchen und kurble das Fenster runter.
"Hey." Madelene sieht auf. Sie scheint nicht erwartet zu haben, mich zu sehen, denn sie blickt mir irritiert an. "Soll ich dich mitnehmen?" Warum ich plötzlich sozial geworden bin? Keine Ahnung, muss an Schlafmangel liegen, aber irgendwie tut sie mir leid, so wie sie da sitzt. Sie schüttelt bestimmt den Kopf. "Jetzt komm. Ich weiß das du keine Lust auf Busfahren hast. Außerdem brauche ich jemanden der mich weckt, falls ich beim Fahren einschlafe." Man beachte die Wahrscheinlichkeit dieser Tatsache. Sie scheint einen Augenblick nachzudenken, dann zuckt sie mir den Schulter, steht auf und sitzt kurze Zeit später neben mir im Auto. "Wo musst du hin?" Sie nennt mir eine Straße, dessen Name ich noch nie in meinem Leben gehört habe, also schlägt sie vor mich zu lotsen und damit fahre ich los.
Die Stille um uns ist seltsam. Sie ist weder bedrückend noch angenehm. Es wirkt als hätten wir beide nichts mehr zu sagen, als hätten wir schon alles gesagt, obwohl wir nichts von einander wissen. Und doch habe ich das Gefühl sie schon ewig zu kennen.
Jedes Mal wenn sie die Stille mit einem 'rechts' oder 'links' unterbricht, zucke ich leicht zusammen. Nachdem wir einmal für ein paar Minuten einfach nur eine Straße geradeaus gefahren sind, ohne Ampel oder ähnlichem und ich vollkommen in meinem Gedanken versunken bin- die alle irgendetwas mit Schlafen oder Betten zu tun haben- sagt sie plötzlich ohne Vorwarnung 'jetzt rechts', dass ich vor Schreck heftig zusammen zucke und fast einen Fahrradfahrer überfahre. Ich höre sie neben mir kichern.
"Das ist nicht witzig!", schimpfe ich und werfe ihr einen drohenden Blick zu, der ihr allerdings nur ein noch breitere Grinsen aufs Gesicht zaubert. Ich schüttle den Kopf und richte meinen Blick wieder auf die Straße. Einen Moment ist es wieder Still, dann ruft sie wie aus dem nichts: "Stooop!" Und ich drücke so abrupt auf die Bremse, das der Wagen mit einem Ruck mitten auf der Straße stehen bleibt und mir der Anschnallgurt und Fleisch schneidet. Madelene neben mir kichert wieder.
"Das hast du extra gemacht, oder?" Ich versuche das Schmunzeln zu unterdrücken, während sie eifrig nickt und einen Lachkrampf unterdrückt.
"Ich wohne allerdings ein paar Häuser weiter", bringt sie glucksend heraus und weist auf ein kleines, unauffälliges Haus, das in der Häuserreihe ein Stück zurück liegt. Ich setzte den Wagen wieder in Bewegung, um ihn fünf Häuser weiter wieder zum Stehen kommt. Ich wende mich an sie.
"Ich glaube ich überlege mir beim nächsten mal zweimal, ob ich dich wirklich mitnehme..." Sie hat sich von vorhin erholt und sieht mich jetzt aus zu einem Schlitz zusammengezogenen Augen an, als überlege sie, ob sie jetzt beleidigt oder belustigt sein sollte.
"Es war deine Entscheidung", erklärt sie unbeeindruckt und entscheidet sich damit für ein Zwischending.
"Eigentlich solltest du jetzt dankend auf den Knien liegen", gebe ich zurück und sehe sie erwartungsvoll mit hochgezogener Augenbraue an.
"Wieso sollte ich? Der Bus hätte mich ja auch gebracht. Außerdem hast du mich mehr gebraucht, als ich dich." Sie drückt die Beifahrertür auf.
"Auf deine Gelächter hätte ich verzichten können", sage ich und warte darauf, dass sie Tür zuknallt.
"Dann sind wir uns ja einig." Sie gibt der Tür eine Schubs und überquert dann die Straße, während sie in ihrer Tasche kramt.
"Soll ich dich morgen abholen?", rufe ich ihr durch das geöffnete Fenster hinterher.
"Halb sieben. Und keine Minute später!", ruft sie zurück, ohne sich umzudrehen. Ein Lächeln taucht auf meinem Lippen auf. Im nächsten Moment bin ich schon an ihr vorbei und stelle fest, das ich gar nicht so weit von zu Hause entfernt bin.
Erst als ich die Haustür aufschließe entweicht das Lächeln meinen Lippen. Irgendwie mag ich dieses Mädchen. Keine Ahnung wieso. Und mit diesen Gedanken sinke ich auf mein Bett und schlafe ein.

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Hey meine Liebe!

Was haltet ihr von Madelene? Also ich finde sie echt sympathisch;)

Würde mich über etwas konstruktive Kritik freuen (und damit meine ich nicht 'du hast das falsch geschrieben' und 'ich glaube du meintest jenes'. Ich finds ja lieb, wenn ihr mich darauf hinweisen wollt, aber das gibt das Gefühl, als würdet ihr nur nach Fehlern suchen und diese Geschichte ist alles andere als perfekt. Viel mehr würde mich interessieren, was ihr tun Inhalt sagt!)

Danke und alles liebe!

~Karla

Two confused heartsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt