Die Flucht ... und der Slip

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Wie es das Schicksal so wollte, lief ich praktischerweise beinahe in einen Karren hinein, dessen Ladefläche von einer riesigen Kiste eingenommen wurde. Am anderen Ende des Karrens nahm ein Elb gerade oben Platz und wechselte ein paar Worte mit seinem Nachbarn.

Ich hatte es gerade geschafft, den Mantel überzuwerfen und mich am Geländer der Ladefläche festzuhalten, als sich der Karren in Bewegung setzte.

Kälte kroch mir ins Gebein und ließ meine Muskeln zittern. Unheimliche Laute drangen in meine Ohren wie von Geistern, die Lebende in den Tod reißen wollten. Fester krallte ich mich in das Holz und redete mir immer wieder ein, dass ich schon bald unter Menschen wäre. Aus Filmen wusste ich, dass die Elben Handelsbeziehungen zu den Menschen pflegten. Vielleicht waren wir gerade zu einem Dorf unterwegs, um Nahrungsmittel zu verkaufen. Zumindest hoffte ich es. Aber meine Nase belehrte mich eines Besseren: Der faulige Gestank, der durch die Ritzen der Kiste drang und mich, abhängig von der Windrichtung, erwischte, verriet, dass die Elben wohl gerade Müll entsorgen wollten.

Ich schnalzte mit der Zunge. Diese Flucht verlief gar nicht nach meinem Geschmack.

Aber es kam noch schlimmer.

Wir mussten wohl einen großen Stein oder etwas Ähnliches erwischt haben, denn plötzlich ging ein Ruck durch den Karren. Ehe ich reagieren konnte, schoss der Anhänger unvermittelt in die Höhe. Keine dreißig Zentimeter vielleicht, aber hoch genug und so überraschend, dass ich den Halt verlor.

Mit einem Aufschrei stürzte ich, rollte auf dem harten Boden und blieb schließlich liegen. Feuchte drang durch meine Kleidung. Schmieriges und Kaltes haftete an meinen Händen und Waden. Dumpf pochte der Schmerz in den Schultern, Rippen und Hüften. Stöhnend raffte ich mich auf, wischte mir die Hände am Kleid ab und drückte den Mantel enger an den Körper, um dem Wind das Eindringen zu erschweren. Meine Maske musste wohl abgefallen sein. Ich machte mir nicht die Mühe, nach ihr zu suchen, sondern orientierte mich.

Trotz Lichtmangel konnte ich erkennen, dass der Karren sich aus meinem Blickfeld entfernt hatte. Ich überlegte, ob ich es bereuen sollte oder nicht. Doch als ich in der Ferne Lichter erkannte, schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen.

Ich achtete auf jeden Schritt, den ich tat, und fürchtete dennoch, jederzeit in eine Falle zu tappen oder in eine Grube zu fallen. Unter meinen Füßen knackten Zweige, Laub raschelte. Mein Atem zauberte weiße Wölkchen in die Luft. Die Aussicht auf eine kuschelige Decke, heißen, dampfenden Tee und knisterndem Kaminfeuer erfüllte mich mit Zuversicht, dass irgendwann alles gut werden würde, und trieb mich vorwärts.

Dann geschah etwas Merkwürdiges: Die Lichter zwischen den Bäumen in der Ferne bewegten sich und stoben auseinander.

„Irrlichter", hauchte ich entsetzt.

Etwa zur selben Zeit vernahm ich über mir Geräusche, die ich keinem Lebewesen zuordnen konnte. Ein Zischen ertönte und ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Als ich den Blick hob, breitete sich wie erwartet Düsternis über mir aus. Doch inmitten der Schwarztöne, die ein undurchdringliches Zelt über mir spannten, lösten sich einige von ihnen heraus und schwollen an.

Ein Schrei entrann meiner Kehle, als die dunklen Flecken auf mich zurasten.

Mit einem dumpfen Aufprall waren mehrgliedrige Kreaturen auf dem Erdboden angekommen und umzingelten mich.

Spinnen.

Ich schaffte es gerade mal, einen Ausfallschritt nach vorn zu machen, als sich etwas Festes um meine Beine wickelte und sie aneinanderklebte. Verzweifelt versuchte ich, das Gleichgewicht zu halten, während die zähe Masse mich ummantelte. Binnen Sekunden klebte sie meine Kleider auf den Leib und die Arme an den Oberkörper, und bald sah ich nichts mehr.

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Die Weltenwanderin I - In Thranduils ReichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt