Kapitel 14

1.3K 84 14
                                    

Ich lag im Bett. Mir war kalt und es war zu hell zum Schlafen. Natürlich, ich hätte aufstehen können und die Jalousie runter machen können. Ja,ich hätte mich auch zudecken können. Doch ich hatte keine Kraft.

Jonathan schlief, hoffte ich. Ich hatte aber das Gefühl, er tat es nicht. Dieses Gefühl bestätigte sich, als ich Schreie hörte. Jonathans Schreie nach Mama.

Ich brachte die Kraft auf und schleppte mich in sein Zimmer. Er stand in seinem Bett und rüttelte an den Gittern. Als er mich sah,streckte er seine Arme aus.
Ich nahm ihn hoch und wischte seine Tränen weg.

"Na du.",ein kleines Grinsen huschte über mein Gesicht. Er nahm eine Strähne von meinen Locken,die ich beim Schlafen immer offen ließ, und schlief mit der Strähne im Mund fast schon wieder ein.

Er war so süß,das Abbild von Therese.Noch hat er kein bisschen Ähnlichkeit mit ihrem Mann.Jonathan hat meine Augen,nicht seine.Er ist Thereses und mein Kind und nicht Thereses und sein Kind.

Ich legte ihn in das große Ehebett,welches ich sonst mit Therese zu teilen pflegte.Eigentlich wollte ich nicht schlafen,doch irgendwie musste.Für Jonathan.

Der Mond schien mir ins Gesicht. Jonathan schlief schon in meinen Armen. Ich war froh,dass er schlafen konnte . Ich konnte ohne ihr Schnurren nicht einschlafen .Ohne ihre frechen Sprüche und ihren Atem an meinem Hals .

Dafür hatte ich einen müffelnden,strampelnden Jonathan,der sabbert. Ich weiß nicht, ob das ein typisches Merkmal von Kleinkindern war oder ob es ein weiterer Beweis dafür war,wie sehr er doch von Therese abstammt.

Ich nahm ihn fest in den Arm. Das Gefühl, jemanden im Arm zu halten und zu lieben, es fehlte mir schon am ersten Abend. Wie einsam war ich denn ohne Therese? Sehr anscheinend.

Am nächsten Morgen wachte ich um sechs Uhr auf. Ich bin in der Nacht einfach alle fünf Minuten aufgewacht. So konnte ich mich wenigstens versichern, dass es Jonathan gut geht ,welcher übrigens auch wach war.

"Mama.",grinste er und krabbelte auf mich.Wie er mich erdrückte mit seiner Masse und Liebe. Mit seiner unendlichen Liebe.

"Ich glaube,du kannst dir nicht mal vorstellen,wie sehr ich dich liebe ,oder?",murmelte ich und grinste ihn an.

Er fing an zu Lachen.Sein Kinderlachen ist so schön und es klingt so sehr nach Therese.Ich weiß noch früher,als ich dachte ,ich wollte einfach mal mit ihr schlafen.Wie falsch es war.

Genauso wie früher,würde ich jetzt nicht mit ihr schlafen wollen,sondern einfach nur meinen Namen aus ihrem Mund hören und ihren Herzschlag fühlen.

Tränen stiegen mir wieder in die Augen.Ich vermisste sie so sehr.Ihre weiße Strähne,ihr Gesabbere in der Nacht,ihre Stimme,wenn sie singt.Einfach alles.

Das schlimmste ist aber,dass ich weiß,ihr ist etwas zugestoßen.Sie wusste ,wer es war,schon bevor er oder sie überhaupt da war.Irgendwas muss vorher gewesen sein.

"Mama,ich habe Hunger.",beschwerte sich Jonathan . Ich konnte seinen Bauch grummeln hören.

"Gott,bist du leicht geworden.",lachte ich,als ich ihn hochnahm. Ich hielt ihn wie eine Zeitung unterm Arm,was ihn immer zum Lachen brachte.Er liebte es zu fliegen.

"Lust auf Banane mit Quark?",fragte ich lachend und erntete ein lautes 'Ja'. Kurz nachdem ich die Banane zerdrückt habe und sie mit Quark gemischt habe,klopfte es an der Tür.

"Hallo.",grüßte mich der Postbote",Ich weiß,es ist noch früh,aber ich habe gesehen,dass Ihr Licht brennt und da dachte ich,gebe ich Ihnen die Zeitung."

"Oh,Dankeschön.",murmelte ich verschlafener,als es klingen sollte.

"Außerdem tut es mir sehr Leid.Also,was da mit Frau Wilhow passiert ist."

Fegefeuer (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt