-8-

10 1 0
                                    

Ich ging in mein Zimmer und kramte eine Tasche unter meinem Bett hervor. Hinein schmiss ich Kopfhörer und das Buch, welches ich gerade las. Dann durchsuchte ich meinen Kleiderschrank nach einem Bikini, fand jedoch nur den allerpeinlichsten Badeanzug aller Zeiten. Meine Mom schenkte ihn mir zu meinem letzten Geburtstag, weil sie nicht wollte, dass mich die Jungs vom Strand angaffen würden, wenn ich einen sexy Bikini trug. Sie behandelte mich, als ob ich die schönste Person der Welt sei. Einen Moment hielt ich inne und wollte ihn zurücklegen, doch dann ging ich ins Badezimmer und zog ihn an. Ich ging wieder zum Schrank und holte ein langes, schickes Kleid heraus. "Es ist nur ein Freund, es ist kein Date.", hörte ich mich warnen und hing es wieder zurück.

Mit Pulli und Tasche lief ich die Treppe runter und traf auf Felix, der schon auf mich wartete. "Weiß Lucy bescheid?", fragte ich ihn und bereute meine Badeanzugwahl auf der Stelle. "Ja, sie wünscht uns viel Spaß und ich soll dich nicht ins Wasser werfen, keine Ahnung wie sie darauf kommt." Er lächelte halb und dann hielt er mir die Tür auf, damit ich als erste rausgehen konnte. "Nimm Lucy's Fahrrad, ich nehme meins. Fahr einfach neben mir, aber pass trotzdem auf vorbeifahrende Autos auf. Zwar gibt es hier nicht wirklich viele, aber man kann ja nie wissen." "Ok, Dad. Ich pass schon auf." Meine Worte versetzten mir eine Gänsehaut und innerlich entschuldigte ich mich bei meinem Vater, obwohl das komisch klingen mag.

Wir fuhren durch das Gartentor und Cassy schloss es hinter uns, als sie uns hinausfahren sah. "Bis dann, ihr zwei." Sie winkte und lief zum Haus zurück. Wir fuhren nebeneinander unter den Bäumen hindurch und er erzählte mir nebenbei viel aus der Nachbarschaft. Naja, eigentlich war es wenig, da hier kaum was los war. Die letzten Sonnenstrahlen fielen durch die Blätter und tanzten auf der Straße. Auch Felix war umgeben von Sonnenschein und ich musste mich konzentrieren, um keinen Unfall zu bauen. Gott, er war wunderschön. Er redete und redete und nach einer Weile konnte ich nicht mehr zuhören. "Hm.", kam dann immer nur als Antwort und ich betrachtete ihn weiter und fragte mich wieder und wieder, ob ich dabei war mich zu verlieben. "Was sagst du dazu?", fragte er und schaute mich an. "Hm.", gab ich nur knapp zurück und begriff erst zu spät, dass das eine Frage war. "Oh! Oh nein, es tut mir leid." Ich versuchte eine passende Ausrede zu finden, weil ich ihn auf keinen Fall wissen lassen wollte, was in meinem Kopf abging. "Weißt du, Liz, du kannst mir ruhig sagen wenn ich dich nerve. Ich weiß, ich rede manchmal zu viel, dumme Angewohnheit." "Überhaupt nicht, ich war nur in Gedanken. Tut mir leid." Wir fuhren gerade einen kleinen Waldweg hinunter und der See schien nicht mehr weit weg zu sein. "Hast wohl an mich gedacht, hm?", lachte er und ich bremste sofort. Leider zu schnell, denn ich flog über den Lenker und kam unsanft am Boden auf.

"Verdammt, da muss ein Stein gewesen sein!", log ich. "Scheiße, hast du dir wehgetan? Blutest du? Geht es dir gut, Liz?" Irgendwie fand ich es niedlich, wie er da total aufgelöst das Fahrrad losließ und zu mir rannte, um zu schauen ob ich ok war. "Ja, alles gut." Ich lächelte und stand auf, bevor er bei mir war. "Zeig mal her." Er nahm meinen Arm und schaute meinen Ellenbogen an, dann sah er mir in die Augen. "Das wird wieder, willst du ein Pflaster?" Ich nickte und er rannte zu seinem Fahrrad, um sein Notfallkästchen zu holen. Er klebte es mir auf und streichelte sanft mit dem Daumen darüber. "So, jetzt bist du verarztet. Möchtest du zurück?" "Danke Felix, aber spinnst du? Ich will nicht zurück. Wir sind jetzt so weit rausgefahren und ich würde echt gern den See sehen." "Dazu müssen wir uns aber beeilen, es wird gleich dunkel." Er schaute nach oben und ich tat es ihm gleich. "Allerdings, also satteln wir die Pferde.", sagte ich und er grinste mich an. Ich stieg auf mein "Pferd", nachdem ich überprüfte ob es fahrbereit war. Ich folgte ihm und nach wenigen Minuten erreichten wir den See. Wir lehnten die Räder an einen Baum und breiteten eine Decke aus, die Felix extra eingepackt hat. Langsam kam ich dem See näher und der Ausblick überwältigte mich. Ringsherum war er von Bäumen umgeben und in der Entfernung konnte man ein paar Berge sehen, die von Nebel umgeben waren. Felix tauchte neben mir auf und blickte auf das Wasser. "Wunderschön, oder?" "Ja.", antwortete ich, zum Wasser blickend. "Es ist der schönste Ort der Welt für mich, du kannst dir nicht vorstellen wie gern ich hier draußen bin." Er klang so ergriffen von dieser Schönheit und ich wollte, dass er weiterredete. "Doch, ich kann es mir sogar sehr gut vorstellen. Hier scheint alles perfekt zu sein.", gab ich zur Antwort. "In der Tat", meinte er und schaute mich jetzt von der Seite an. Ich konnte es regelrecht spüren, wie er mich anstarrte und ich begann panisch zu werden. "Traust du dich?" Nun schaute ich ihn auch an und wartete gespannt auf eine Antwort. "Was jetzt?", fragte er verwirrt und kniff die Augen etwas zusammen. Ich zog meinen Pullover aus, was ihn wohl noch mehr verwirrte. "Hallo, wir sind an einem See! Man geht in einem See baden, weißt du?" Fragend schaute ich ihn an und er fing an, peinlich berührt zu lachen. "Das Wasser muss sehr kalt sein, ich lass das lieber."

Herausforderung angenommen. Ich zog also noch meine Schuhe und Hose aus und legte sie auf die Decke. "Du bist ein totales Baby, Felix.", lachte ich und rannte wieder zum Wasser. Ich schrie um mein Leben, als ich die ersten Schritte ins Wasser tat und fuchtelte wild mit den Armen. Ich hörte Felix natürlich nur lachen und ich rief immer wieder empört: "Das ist nicht witzig, weißt du wie kalt das ist?" "Klar weiß ich das.", rief er zurück und als ich ihn anschaute, hielt er sich den Bauch vor lachen. Ich verschränkte meine Arme und legte eine finstere Miene auf. "Nicht witzig!", presste ich hervor und die Worte zitterten nur so. "Aww, so süß siehst du aus wenn du sauer bist?" Jetzt stemmte ich meine Arme in die Hüften und lief langsam rückwärts tiefer ins Wasser. "Wenigstens bin ich keine Memme, so wie du eine bist." Ich lachte und blieb abrupt stehen, als er plötzlich aufstand und sein T-Shirt auszog. Ich schaute schnell wieder auf's Wasser, musste aber ab und zu trotzdem hinschauen.

Zwei Minuten später und nach etlichen schrillen Schreien seinerseits war er auf meiner Höhe und zitterte genau so wie ich. "Von wegen Memme, ich zeig dir wer hier die Memme ist!" Bevor ich es realisierte, schmiss er sich schon auf mich drauf und tauchte mich unter das Wasser. Nach Luft schnappend kam ich wieder nach oben und blickte ihn fassungslos und mit offenem Mund an. "Na warte!", sagte ich und warf mich auf seinen Rücken, um ihn unter die Wasseroberfläche zu drücken. Mein Vorhaben war nicht das leichteste der Welt, doch ich gab nicht auf. Als ich nach unzähligen Versuchen sein Bein wegzog, funktionierte es und ich tauchte ihn unter. Ich lachte und bevor er wieder aufgetaucht war, zog er mich auch nach unten. ich fuchtelte unter Wasser mit meinen Armen und dann spürte ich seine Hände auf meinem Gesicht. Ich öffnete meine Augen und sah sein Gesicht ganz nah vor meinem. Ein paar Sekunden blieben wir unter Wasser, abgeschottet von der Welt und all ihrer Probleme. Weit entfernt von unseren Problemen und umgeben von der völligen Stille. Ich sah die Luftblasen, die aus seiner Nase an die Wasseroberfläche stiegen und wollte diesen einen Moment für immer festhalten. Leider hatte ich keine Luft mehr und schwamm nach oben. Kurz nach mir tauchte auch Felix wieder auf und wir holten beide tief Luft. "Hi, lange nicht mehr gesehen.", lächelte er und wuschelte mir durch meine nassen Haare. "Womit hab ich denn das jetzt verdient?", fragte ich, machte mir einen Dutt und hoffte, es würde nicht allzu schlimm aussehen. "Keine Ahnung. Lass uns zur Decke gehen."

Love, LucyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt