Jetzt war es dunkel und Felix holte eine Taschenlampe aus seiner Tasche, nachdem er mir seinen Pullover reichte. "Und du?", fragte ich und hielt ihm seinen Pulli hin. "Hab noch einen. Zieh ihn an, er ist wärmer als dein Möchtegernpullover, außerdem ist er schöner." Ich verdrehte die Augen und zog ihn mir über. "Danke, leider kann ich nur ein Buch und meine Kopfhörer dazu steuern, du hingegen hast wohl an alles gedacht." Er setzte sich und schaute mich an. "Gib mir die Kopfhörer, hab eine Idee. Ich gab sie ihm und war gespannt auf das, was jetzt wohl kam. Er nahm sein Handy, verband sie damit und gab mir einen der beiden Hörer. "Hier, hör dir das Lied an." Ich steckte mir das kleine Ding ins Ohr und wartete. Felix schaute anfangs immer mal zu mir und beobachtete meine Reaktion, doch ich verzog keine Miene. Ich schaute auf das Display und las: "Simon Herron - A September Song". Sofort als Simon zu singen begann, genau bei Sekunde 26, blickte ich Felix in die Augen und lächelte. Schnell schaute ich wieder auf's Wasser und schloss meine Augen. Dieses Lied war wunderschön und ich war so glücklich, dass er es mir gezeigt hatte. Während Simon uns noch immer mit seiner zarten Stimme verzauberte, legte ich meinen Kopf auf Felix' Schulter. Er zog seinen Arm hoch und legte ihn um mich, und in genau diesem Moment wusste ich, dass ich mich verliebt hatte. Insgesamt sieben mal hörten wir das Lied und sagten kein Wort zwischendurch. Wir saßen einfach nur da und schauten auf das Wasser, umgeben von Bäumen und dem leisen Geräusch des Windes, der durch sie zog und gute Nacht zu sagen schien.
Dieser unglaublich romantische Moment wurde vom unglaublich lauten Klingeln meines Handys unterbrochen. Wir zuckten beide zusammen und ich hob meinen Kopf um zu sehen wer mich anrief. Tante Lucy. Schnell nahm ich den Kopfhörer raus und ging ran. "Schätzchen, ist alles in Ordnung? Es ist schon so spät und ich habe mir Sorgen gemacht.", sagte sie müde, klang aber kein bisschen sauer. "Tut mir leid, Lucy. Wir haben anscheinend die Zeit vergessen. Ich komme gleich nachhause.", sagte ich schnell und schaute Felix traurig an und er schenkte mir einen enttäuschten Blick. "Ok, ich warte auf dich." Sie verabschiedete sich und legte auf. Nach einem tiefen Seufzer stand ich auf, nahm meine Sachen und packte sie in meine Tasche. Als ich mich umdrehte, stand Felix hinter mir und umarmte mich einfach. Ich löste mich von ihm und schaute ihn an. "Danke für diesen wunderschönen Tag, Felix. Ich kann gar nicht beschreiben, wie sehr es mir hier gefällt.", sagte ich. Ich fühlte mich wirklich unendlich wohl in seiner Nähe. Kyle hat in der ganzen Zeit, in der wir zusammen waren, nicht einmal solche Gefühle in mir auslösen können. "Hier warst du nicht zum letzten Mal, das ist jetzt unser Geheimort. Wenn es dir schlecht geht, verbringen wir hier ein wenig Zeit und du gehst zufrieden nachhause." Ich dachte darüber nach und musste lächeln, weil ihm dieser Ort so viel bedeutete und er ihn mit mir teilte. "Lass uns gehen, es ist schon 22 Uhr und Lucy möchte sicher auch schlafen.
Wir packten alles zusammen und fuhren los. Während der Fahrt redeten wir nicht sehr viel, denn wir mussten uns auf den Weg konzentrieren. In der Dunkelheit war es viel schwieriger irgendwelche Graben zu erkennen und ich wollte nicht ein zweites Mal über den Lenker fliegen, auch wenn der erste Unfall durch Eigenverschulden passierte. Vor Lucy's Einfahrt stiegen wir von unseren Rädern und er stellte seines ab. Dann lief er zu mir hinüber, legte seine Hände auf mein Gesicht und küsste mich ohne Vorwarnung. Ich schloss meine Augen und wollte die Zeit anhalten. Meine Knie wurden weich und ich drohte, zu fallen. Doch ich riss mich zusammen und genoss diesen Moment so gut es ging. "Liz Brown, ich fange an mich in dich und den durchaus unsexiesten Badeanzug der Welt zu verlieben und ich hoffe sehr, dass du genau so fühlst.", beichtete er nach dem Kuss und mein Herz machte Luftsprünge. Ich lachte und strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht. "Ich fühle mich wie in einem romantischen Film, wo alles vorhersehbar ist. Wir heiraten, bekommen vier Kinder und ziehen in ein Haus am See. Dann holen wir einen Hund aus dem örtlichen Tierheim, lernen andere Familien kennen und finden gemeinsame Hobbys. Unsere Kinder werden älter und irgendwann müssen wir ihnen erklären, dass Marly, unser Hund, tot ist. Nach einer langen, schrecklichen Zeit werden sie damit abschließen können und zehn Jahre später werden wir zum ersten mal Großeltern und wir freuen uns riesig. Am Ende sitzen wir in unseren Schaukelstühlen auf der Veranda, haben unsere Enkel auf dem Schoß sitzen und erzählen ihnen, wie wir uns kennenlernten.", sagte ich und malte mir in Gedanken so unsere Zukunft aus. "Wow, nachdem du vier Kinder sagtest, konnte ich dir nicht mehr folgen." Er lachte und gab mir einen Kuss auf die Stirn. "Warten wir ab, vielleicht kommt es ja wirklich so.", sagte ich und nahm Lucy's Fahrrad um es reinzubringen. "Bis morgen, Liz. Ich ruf dich an.", bekam ich lachend als Antwort und ich lächelte ihm zu. "Bis morgen, komm gut nachhause." Er stieg auf sein Rad, fuhr los und ich öffnete das braune Gartentor. Ich klopfte und Lucy machte mir wenig später auf. "Alles ok?", fragte sie und musterte mich von oben bis unten. "Aha, Felix hat dir einen Pullover gegeben?" Ich strahlte und sie musste laut lachen. "Ihr habt euch also auch noch geküsst! Mir kannst du nichts vormachen, ich erkenne das sofort."
Wir saßen in der Küche und ich erzählte ihr jedes noch so kleine Detail, während wir einen warmen Kakao tranken und ich ein Sandwich verschlang. "Ich wusste es, ihr passt einfach perfekt zusammen. Selbst Cassy sieht das so, das soll was heißen, oder? Jedenfalls meinte sie das." Langsam schüttelte sie den Kopf und sie lächelte. "Wann immer du auch etwas auf dem Herzen hast, du kannst immer zu mir kommen. Felix ist ein sehr lieber Junge und ich bin mir sicher, dass ihr eine tolle Zeit haben werdet." "Danke Tante Lucy, das hoffe ich. Ich mag ihn wirklich sehr gern, und das nach so einer kurzen Zeit.", sagte ich und mein Herz klopfte schon wieder schneller. "Das ist doch wundervoll, mein Schatz. Jetzt gehen wir schlafen und morgen beginnt wieder ein völlig neuer Tag." Lucy stellte noch das Geschirr weg und schaltete das Licht aus, nachdem ich aus der Küche gegangen bin. "Gute Nacht und träum süß.", zwinkerte sie mir lächelnd zu und ich ging in mein Zimmer. Nachdem ich duschen war schmiss ich mich auf's Bett und starrte an die Decke. "Gute Nacht, Mom. Gute Nacht, Dad. Ihr fehlt uns so sehr."
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Love, Lucy
مغامرةLiz ist 16 Jahre alt und lebt in Baltimore, als sich ihr Leben für immer verändert. Beide Elternteile sterben bei einem Autounfall und lassen sie mit ihrer jüngeren Schwester Cassy allein zurück. Ihre Tante Lucy aus Deutschland hat nun das Sorgerech...