Kapitel 5 // Lou

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Mit einem Grinsen kam ich Flo entgegen, die schon an unserem Platz saß.

Sie hingegen schaute mich vorwurfsvoll an. "Wo warst du gestern? Ich dachte du wolltest zu mir kommen, damit wir uns etwas für deine Story überlegen können."

Erschrocken sah ich sie an. "Es tut mir so leid! Das habe ich echt total vergessen! Meine Eltern haben es mir nicht erlaubt, weil ich lieber lernen sollte und dann habe ich eventuell aus lauter Wut vergessen, dass ich dir vielleicht hätte Bescheid sagen sollen. Wie konnte ich das vergessen!?"

Sofort wurde ihr Gesichtsausdruck sanfter. "Ist schon okay. Aber warum warst du gerade noch so gut drauf?"

Sofort fiel mir das Gespräch von gerade eben wieder in den Sinn und ein breites Lächeln schlich sich auf meine Lippen. "Ich war gerade bei Benjamin-"

Flo unterbrach mich: "Das ist jetzt ja nicht so besonders. Hättest du aber nicht eigentlich im Unterricht sein sollen?"

Spöttisch zog ich eine Augenbraue hoch. "Sollte mich das daran hindern? Es war sowieso nur Sportunterricht. Was aber viel wichtiger ist: Benjamin hat mir erzählt, dass er schon jemanden habe wegen unserer Wette. Das heißt, es dauert nicht mehr allzu lange, bis ich endlich Teil der Redaktion bin."

Flo fing an zu lachen. "Findest du nicht, dass du etwas übertreibst? Du nimmst schon etwas sehr ernst. Ben könnte einem ja schon fast leidtun. Wie oft willst du denn noch dahin kommen, um ihn zu nerven? Stell dir mal vor, er erzählt das alles an Dominik weiter. Was glaubst du, was der dann von dir denkt?"

"Dass ich willensstark bin, für das kämpfe was ich will und nicht nachlasse, wenn ich etwas will. Das sind doch wundervolle Eigenschaften."

"Ben wird dich auch sicherlich so darstellen. Wenn ich mich recht erinnere, hat er dich in eurer letzten Unterhaltung als dumm und begriffsstutzig beschrieben."

"Pff, ich werde auf Dominik anders erscheinen und anders ist gut. Wenigstens unterscheide ich mich von anderen und ich bleibe ihm besser im Gedächtnis. Mal ganz davon abgesehen, dass Benjamin mich gar nicht so gut kennt. In Wahrheit ist er nur neidisch auf mein Talent. Der hat meine Artikel gelesen und will sich nicht eingestehen, dass sie genial sind. Wenn Dominik wirklich so gut mit Benjamin befreundet ist, wie du mir immer sagst, wird er das sicherlich wissen, weil er dann weiß, dass Benjamin es hasst schlechter als andere zu sein und deren Talent dann lieber runtermacht."

"Ein klitzekleiner Fehler in deiner Überlegung. Wie soll Benjamin neidisch auf dein Talent sein, wenn er noch kein einzigen deiner Artikel gelesen hat. Du hast mir erzählt, dass er sie sofort in die Mülltonne gekloppt hat."

"Dann hat er sie danach halt wieder hervorgekramt."

Abschätzig musterte sie mich. "Also deine Argumentation war auch schon mal besser. Aber wenn du meinst."

Ich zuckte mit meinen Schultern und lies meinen Blick über den Schulhof gleiten. "Warum warst du eigentlich so früh hier? Ich hätte erwartet, dass ich eher dran bin."

"Die Rüsselkopf musste etwas früher gehen, weil sie angeblich noch etwas vorbereiten musste. Martin, der in Englisch neben mir sitzt, meinte, sie müsse immer etwas früher los, damit sie dann passend im Lehrerzimmer ankommt. Sie müsse schließlich immer einberechnen, dass es passieren könnte, dass sie irgendwo stecken bleibt, beziehungsweise es für sie ja viel anstrengender ist, von dem zweiten Stock ins Erdgeschoss zum Lehrerzimmer zu kommen und sie dann mehrere Pausen machen muss. Aber ist mir relativ egal, wenn ich dafür zehn Minuten früher Schluss habe. Wenn man dann noch die obligatorischen fünf Minuten Verspätung am Anfang der Stunde abzieht, bleibt noch circa eine halbe Stunde Unterricht übrig", frohlockte Flo mit breitem Grinsen, "Aber genug von dieser armseligen Entschuldigung einer Lehrerin. Wie hast du dich denn vor deinem Sportunterricht gedrückt?"

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