Kapitel 3 // Lou

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Kapitel 3 // Lou

Am nächsten Morgen war meine Lauen so gut, wie schon lange nicht mehr. Ich konnte noch immer nicht fassen, dass Benjamin wirklich zugestimmt hatte, vor allem, ohne vorher viel Theater zu machen.

Mir war zwar immer klar gewesen, dass er irgendwann einmal einlenken würde, aber ich hätte gedacht, dass das erst dann passieren würde, wenn die Schülerzeitung wirklich ihr Ende gefunden hatte. Und das stand zweifellos kurz bevor... Na ja, das hatte kurz bevor gestanden. Jetzt war ich ja da- die ruhmreiche Retterin in spe!

Wie schlecht es um unsere Schülerzeitung stand, wusste eigentlich jeder. Die wenigen Käufer, besser gesagt Käuferinnen, hofften alle, dadurch in Benjamins Ansehen zu steigen. Er wusste wahrscheinlich nicht einmal wer sie waren und das würde sich auch nicht dadurch ändern, dass sie die Zeitung kauften.

Ich konnte wirklich nicht verstehen, wie man sich durch seine Hormone so steuern lassen konnte, dass man sein Geld dafür ausgab eine Zeitung zu kaufen, in die man keinen einzigen Blick werfen würde. Mal ganz von der Tatsache abgesehen, dass Benjamin sich ja wohl einen Dreck darum kümmerte, wer denn jetzt die Zeitungen kaufte. Er hatte schließlich extra die Verkäufer, damit er sich nicht mit so etwas herumschlagen musste.

Auch ich kaufte mir jede Ausgabe, allerdings aus völlig anderen Gründen. Nicht im Traum würde es mir einfallen, diesem aufgeblasenen Wichtigtuer imponieren zu wollen! Ich kaufte die Zeitung zum einen, weil ich nicht dazu beitragen wollte, dass die Zeitung geschlossen wurde, bevor ich Teil von ihr war. Zum anderen, um einen Blick darauf zu haben, was für Artikel darin waren.

Das, was ich las, zeigte mir vor allem eins: Wenn Benjamin aus allem, was er von seinen Mitarbeitern bekam, diese Artikel auswählte, dann hatte er es noch nötiger mich einzustellen. Und die besten Artikel rauszusuchen traute ich ihm schon noch zu, man wurde ja schließlich nicht umsonst zum Chefredakteur gemacht.

Vielleicht hätte ich es zu Anfang anders angehen sollen. Ich bin ins Büro gestürmt und habe ihm gedroht, dass die Schülerzeitung nur dann weiterleben würde, wenn er mich einstellt. Anscheinend habe ich ihn damit etwas eingeschüchtert, aber wer konnte schon ahnen, dass hinter seiner taffen Fassade ein Schisser steckte?

Andererseits würde ich es sowieso ins Team schaffen, egal auf welche Weise ich es angegangen war.

*****

Wie jeden Morgen klingelte ich an Flos Tür Sturm. Sie war einfach immer so unglaublich unpünktlich und ich konnte mich einfach nicht daran gewöhnen. Wie gut, dass ich irgendwann angefangen war, immer eine Viertelstunde früher zu kommen. So war sie seit etwa drei Jahren nie zu spät.

Früher war ich dann einfach ohne sie gegangen und sie hatte oft den Beginn des Unterrichts verpasst.

,,Komme sofort!", hörte ich Flo nach einiger Zeit aus dem Haus rufen. Kurz darauf öffnete sich die Tür und eine keuchende Flo stand vor mir.

,,Dein morgendliches Wecken ist besser als jedes Workout!", grinste sie mich an.

Ich verdrehte meine Augen. ,,Stell dir einfach mal einen Wecker. Dann müsste ich dich nicht immer aus dem Bett klingeln. Deine Eltern würden sich bestimmt freuen."

,,Du bist die, die sich freuen kann. Meine Eltern sind bei meiner Oma, weil die nach ihrem Sturz immer noch nicht richtig gehen kann. Solltest du noch einmal morgens so einen Terror machen, wenn meine Mutter da ist, bringt sie dich um."

Ich machte nur eine Wegwerfbewegung mit meiner Hand. Wie oft hatte ihre Mutter mir schon angedroht, dass ich nicht mehr das Haus betreten dürfte, sollte ich sie noch einmal aus ihrem Bett werfen. In Wahrheit war sie mir doch dankbar, dass ich mich immer wieder darum kümmerte, dass Flo pünktlich kam.

Projekt MordartikelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt