Wie ein kleines Paris

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In der kleinen Studentenwohnung im sechsten Stock ist es schwül.
Ich habe das Schlafsofa zugeteilt bekommen, ein weißes, dünnes Laken und ein Kissen darauf reichen mir. Es ist tiefste Nacht, eigentlich schon der nächste Tag. Man sieht vereinzelte Sterne, und die Stadt ist ruhig, überall unter mir leuchten die altmodischen Straßenlaternen, und tauchen die hohen Altbauten in warmes Licht.
Ich öffne ein Fenster, und trinke einem Schluck Wasser aus der eigentlichen Weinkaraffe.
Mir gefällt diese Stadt. Selbst jetzt zu so später Stunde, fahren ab und zu vereinzelt betrunkene, junge Leute auf ihren Fahrrädern über den Platz vor der Kirche.
Man spürt, dass es eine Stadt der Kunst ist. Bach, Schiller, Lessing und Goethe geben den Anfang.
Aber vorallem auch die vielen Studenten, Psychologie und Theologie finden sich oft zusammen, und BWL studiert hier niemand, denkt man. Graffitikunst findet man hier überall, an den alten Gebäuden. Aber es sind nicht bloß Initialen, sondern ganze Kunstwerke, wunderbar und modern. Es ist keine traurige Stadt.
Hippe Männer mit Turnbeuteln tragen die Kultur in ihren Herzen, und die Menschen sind so schön, dass ich es genieße, wenn ich ihren Blick auffange, und für einen kurzen Moment ihre Seelen erfasse.
Die Häuser sind alle hoch und alt, es gibt viele Kirchen, kleine Gassen mit Cafés, alles wirkt irgendwie italienisch, oder nein, einfach süddeutsch.
Ich lege mich auf das Sofa, ich habe nur ein langes Schlafshirt an, und ein dünner Schweissfilm bedeckt meinen Körper.
Draußen lachen zwei Personen, ansonsten ist alles still. Manchmal klappert das Fenster.
Ich bin inspiriert, habe das Gefühl, ich müsste schreiben, diese wunderbare Nachtkreativität nutzen, die die Stadt noch verstärkt. Aber ich lasse es auf mich wirken, widerstehe dem Drang, meine Worte aufzuschreiben, genieße den süßen Schmerz der Melancholie.
Überall sonst bin ich im Fotowahn, knipse alles, was toll aussieht und stelle es auf Instagram.
Aber nicht hier.
Das hier ist eine Stadt, in der man die Seele ausruhen lässt, und für den Moment lebt, für sich.
Ich glaube, ich bin verliebt.

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