~5~ Sklavin

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Skye

Wenn dieser Stromschlag erst ein Vorgeschmack war, was hielt er dann noch für mich bereit?
Ich hatte wirklich Angst, Angst vor Luces, Angst um Yara, Angst vor dem, was kommen würde.

Luces blickte schadenfroh auf mich hinab und beugte sich zu mir herunter.
Ich drehte meinen Kopf weg, als er sich meinem Gesicht näherte.
„Wenn du schreist, gibt es einen weiteren Stromschlag, wenn du dich mir widersetzt... Du weißt doch, was mit unartigen Mädchen passiert...", hauchte er mir ins Ohr und meine Nackenhaare stellten sich auf.

Mädel, jetzt hast du aber mal sowas von verkackt... Wenn du nicht ohnmächtig werden willst, weil du kein Blut sehen kannst, darfst du dich nicht wehren.

...Erfasste meine innere Stimme die Situation vollkommen richtig. Durch die ganze Angst, die mich durchströmte, hatte ich ganz vergessen, dass ich ihr heute morgen -oder war es schon gestern?- einen Namen gegeben hatte, doch das störte keinen von uns.

Ach, was für eine Überraschung! Dein redenes Unterbewusstsein kann denken! Und zieht sogar die richtigen Schlüsse! Also, ich muss schon sagen, jetzt bin ich baff. Dafür bekommst du ein Sternchen.

Wieso erwischst du eigentlich immer solche schei...schönen Momente, um mit mir zu plaudern?

Ich bin deine innere Stimme, es ist meine Aufgabe, dich abzulenken... Außerdem redest du mit dir selbst und das ist auf irgendeine Art und Weise... Erbärmlich.

Tu ich gar nicht! Du - Ich... ! Argh!

„Skye!", riss mich eine wütende Stimme wieder in die grausame Realität zurück. Ich nahm alles um mich herum wieder wahr und realisierte meine hoffnungslose Situation.
Luces runzelte die Stirn und richtete sich auf. Er starrte mir fest in die Augen und fragte: „Hast du mich verstanden?" Seine Stimme war bedrohlich ruhig.
Ich schluckte und nickte leicht.
„Ob du mich verstanden hast?", fragte er erneut und diesmal bebte seine Stimme.
Meine hingegen zitterte als ich ihm antwortete. „J-ja." Ich schluckte den Kloß, der sich in meinem Hals bildete herunter.
„Sehr gut", säuselte Luces, „dann lass uns mal anfangen." Er machte einen Schritt rückwärts, drehte sich dann um und ging zwei weitere Schritte auf die Kommode zu.
Er ging in die Hocke, um die unterste Schublade zu öffnen. Die Finger seiner linken Hand kneteten seine Unterlippe während er konzentriert mit der rechten Hand etwas in der Schublade suchte.

Ich beschloss das alles hier über mich ergehen zu lassen, allerdings mit geschlossenen Augen.
Ich zuckte zusammen als ich plötzlich kaltes Metall an meiner Wange fühlte.
Kurz darauf spürte ich, wie sich eine warme Flüssigkeit den Weg von der Stelle, an der ich das Metall gefühlt hatte, herunter bahnte und schließlich in meinem Mundwinkel hängen blieb.
Leicht öffnete ich meinen Mund und leckte mir mit der Zunge die Flüssigkeit weg. Ein metallischer Geschmack breitete sich in meinem Mund aus und mir wurde übel. Blut. Ich riss die Augen auf und versuchte krampfhaft, mir nicht vorzustellen, wie das Blut meine rechte Wange hinabfloss.

Leicht panisch sah ich in Luces' funkelnde blaugrünen Augen.
„Bitte", hauchte ich mit brüchiger Stimme, „behaltet mich hier, ich will nicht verkauft werden."
Aber ich will eigentlich auch nicht bei irgendwelchen perversen Jungen bleiben.
Überrascht sah er mich an.
Hatte ich meinen Gedanken etwa ausgesprochen?!
Nein, nein, keine Sorge, beruhigte mich meine innere Stimme.
„Du willst lieber bei uns bleiben?"
Ich beobachtete ihn nur starr.
Er schaute mich nachdenklich an. „Nein, tut mir Leid, aber früher oder später wird Servan dich noch aufspüren und dann sind wir am Arsch, wenn du erzählst, dass wir Mädchen verkaufen... Außerdem hat uns das dann rein gar nichts gebracht." Er hatte Recht, aber ich wollte nicht verkauft werden! Es musste doch einen Ausweg geben! Ich holte tief Luft als ich das aussprach, was ich bereits vorhin vorgeschlagen hatte, nur ein wenig abgewandelter und deutlicher formuliert.
„Lass mich an dem Spiel teilnehmen."
„Wieso sollte ich das tun?"
„Wenn du auch daran teilnimmst, mache ich dort alles, was du willst.", stieß ich einem Atemzug hervor.
Seine Augen funkelten bösartig, aber er schien noch nicht überzeugt zu sein.
„Denk doch an all den Ruhm, den du haben wirst, wenn du da wieder raus kommst. Denk an all die Leute, die dir zu jubeln werden...", versuchte ich seine Fantasie anzuregen.
Seine Augen glitzerten und er öffnete den Mund noch zu einer Frage. „Und du wirst auch sicher ALLES tun, was ich von dir verlangen werde?"
Ich verkrampfte mich ein wenig, schloss die Augen für einen Moment und atmete zittrig tief durch.
„Ja, ich werde alles tun, was du von mir verlangst."
Er nickte grinsend. „Gut, ich spreche nur kurz mit meinen Jungs darüber. Bin gleich wieder da. Versuch gar nicht erst zu fliehen, das ist zwecklos und fügt dir und deiner Schwester nur Schmerzen zu.", mit diesen Worten drehte er sich um, nahm einen zweiten Schlüssel aus der Kommode, ging zur Tür, schloss sie auf, hinter sich wieder zu und ließ mich mit meinen Gedanken allein.

Gegen das System (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt