~ seventh chapter ~

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Und als wir da so standen - nebeneinander ins Schaufenster schauend - und niemand etwas sagte, tauchte ich wieder in meine Gedankenwelt ein.
Wie sieht er jetzt aus? Nach eineinhalb Jahren? Können sich Menschen wie er ändern? Wollen sie es überhaupt?
Eines war für mich klar: Ich darf mich nicht wieder fertig machen lassen.
Ich bin mittlerweile 19 Jahre alt, da werde ich mich nicht weiter von ihm mobben lassen.

Je mehr ich darüber nachdachte, desto weniger bekam ich Angst vor ihm. Aber sie war noch da.
Du musst dich nur wehren.
Also drehte ich mich zu ihm und musterte ihn erstmal von der Seite. Er sieht erwachsener aus, hat längere Haare und keine metallischen Piercings mehr im Gesicht. Sein Kleidungsstil hat sich komplett geändert.. keine Schlabberhosen mit klimpernden Ketten, sondern enge, schwarze Jeans. Aus der abgetragenen Lederjacke wurde eine Jeansjacke. Und anstatt der zerissenen Shirts trägt er jetzt eins ohne Risse oder Löcher.
Auch seine Augen haben sich verändert, nicht mehr so dunkel... eher hell, das lag aber daran, dass der dicke Kayalstrich unter seinen Augen fehlte.
Er sah - kaum zu glauben - nett aus.

Ich wusste nicht was ich sagen soll. Ich beschloss, ihm die kalte Schulter zu zeigen. Ich wollte ihn nicht sehen. Ich wollte ihn einfach nie wieder sehen.
Also schaute ich ihn mit einem gelangweilten Ausdruck an, wollte, dass er spürt wie falsch er hier ist.
Und als er sich dann zu mir drehte, um mich mit seinen eiskalten blauen Augen anschaute, wurde mir mulmig.

"Du hast dich verändert.", stellte er mit einem grinsen fest. Seine Augen wanderten prüfend meinen Körper entlang, als würde er mich abscannen. Ich verschränkte nur die Arme vor meiner Brust.
"Und du hast deinen Teil dazu beigetragen." Ich versuchte meine Stimme unter Kontrolle zu halten, versuchen stark zu klingen, die restliche Angst vor ihm tief in mir zu verstecken. Und zu meiner Überraschung klappte das auch sehr gut...

Er wirkte ein wenig überrascht, dass ich tatsächlich mit ihm redete, ohne zu weinen, sondern ihm stattdessen standhaft in die Augen schaute.
Er nickte nur. ER NICKTE NUR?! Das war alles was ihm dazu einfiel? Nicken und dabei sein dämliches breites Grinsen aufsetzen?
Stimmt ja. Ich habe vergessen, dass ihm Widerstand gefällt. Nagut - dann lass uns Spaß haben Arschloch.
Ich schaute ihn verhasst an. Von dem Grün meiner Augen war nur noch wenig zu sehen, so groß wurde die schwarze Pupille. Ich presste die Zähne fest aufeinander - Gott ich war so wütend, wollte so viel sagen, alles rauslassen, was sich über die Jahre angestaut hat... Doch es kam nur ein Wort über meine angespannten Lippen.

"Warum?", ich sah ihn angespannt an, versuchte seine Reaktion zu studieren, versuchte herauszufinden, was er dachte.
Aber alles was er machte, war mich gegen das kühle Schaufenster zu drücken, sein Knie zwischen meine Beine zu positionieren und seine großen Hände jeweils rechts und links von meinem Kopf abzustützen.
Für mich gab es keine Möglichkeit zu flüchten.
Doch diesmal fühlte ich mich nicht so hilflos, wie beim ersten Mal als er das tat. Die Wut in mir besiegte die immerwährende Angst.

"Hat dir meine besondere Aufmerksamkeit nicht gefallen?", wieder dieses schmuddelige Grinsen.
"Oh doch sehr. Ja. Ich hab mich immer wieder gefreut dich zu sehen.", mein ironischer Unterton war kaum zu überhören. "Und jetzt lass mich in Ruhe, ich hab noch was zu tun." Ich war geschockt, dass ich mich tatsächlich mal traute so zu ihm zu sein, doch ihm schien es wie immer zu gefallen.. denn er lies tatsächlich von mir ab, lachend, aber er lies mich gehen.
"Wir sehen uns wenn du mal wieder Zeit hast, und nicht so beschäftigt bist.", immer noch lachend zwinkert er mir zu.

Er hats gecheckt. Ich bin eine schlechte Lügnerin.

~ Bad Angel ~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt