5 - Man sieht sich immer zwei Mal im Leben

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Mein seliger Schlaf wurde durch das Ruckeln der Kutsche und das Wiehern der Pferde unterbrochen. „Was ist geschehen?", fragte ich noch leicht verschlafen und setzte mich gerade hin. Momentan waren wir auf der Reise nach Rom. Unser erstes Ziel und längere Bleibe.

„Bestimmt nur paar Steine, welche im Weg lagen, Segnora. Wir können sicherlich gleich weiter", sagte meine Zofe und strich beruhigend über meine Arme.

Eine leichte Gänsehaut überzog meinen Körper und ich fing automatisch an zu frösteln. Ich zog meinen Reiseumhang näher an mich und schaute aus dem Kutschfenster. Nichts als schwarze, düstere Nacht war zu sehen, aber fortbewegen taten wir uns auch nicht.

„Würdest du kurz nachsehen gehen, was passiert ist?" Emy nickte und verließ die Kutsche. Etwas unwohl schaute ich mich um und hörte angestrengt nach den Worten des Kutschers. Doch verstand ich durch das Trampeln und Wiehern der Pferde nicht viel.

Kurzerhand stieg ich aus und ging langsamen Schrittes auf die Pferde zu. Emy und der Kutscher unterhielten sich angeregt, was mich aber nun nicht weiter interessierte. Ich streckte ruhig meine rechte Hand zu dem Friesen und strich im zart durch das Fell. Es schnaubte und stupste mich in die Seite. Eine liebevolle Begrüßung, welche ein Lächeln auf mein Gesicht zauberte. Schon immer war ich fasziniert von Pferden und als ich kleiner war, hatte mir mein Vater das Reiten beigebracht. Früher war es meine Lieblingsbeschäftigung gewesen und ist es immer noch, gleich nach dem Lesen. Auch hatte ich mal ein Pferd, welches aber leider schon vor 2 Jahren von uns gegangen ist. Er war krank und schon sehr alt. Ich hatte ihn mit einem Alter von 23 Jahren bekommen, was für ein Pferd schon ziemlich alt ist. Und trotzdem ist er alle die Jahre mein treuer Begleiter gewesen.

Dieses Pferd hier erinnerte mich sehr an ihn. Auf seinem Halfter stand der Name, aber durch die Dunkelheit konnte ich ihn nicht erkennen. Er oder sie trabte unruhig auf der Stelle, was für mich nur bedeutete, dass das Pferd einfach mal eine Pause brauchte. Dies sagte ich auch dem Kutscher.

„Nun gut. Nicht weit von hier ist ein kleines Dorf mit einem Wirtshaus. Es entspricht zwar nicht Ihrem Standard, aber für eine Nacht hoffe ich, dass es ausreicht, Segnora Ketlin", sprach der Kutscher und ich nickte seinen Vorschlag ab. Eine gute Idee, dann könnten wir im Morgengrauen weiter fahren und sind bestimmt am Ende des Tages in Rom.

Emy und ich stiegen wieder in die Kutsche und nach kurzer Zeit kamen wir auch schon im Wirtshaus an. Wie der Kutscher schon gesagt hatte, war es eher bescheiden und ich war anderes gewohnt, aber für eine Nacht sollte es wirklich ausreichen.

Die Pferde wurden versorgt und wir betraten unsere Zimmer. Jeder hatte natürlich ein eigenes und ich fiel sogleich in einen tiefen Schlaf.

*

Am nächsten Morgen betrat meine Zofe eher zaghaft das Zimmer und weckte mich sanft. „Guten Morgen Ketlin. Es kann passieren, dass wir etwas länger hier bleiben müssen. Es gibt ein Problem mit der Kutsche. Anscheinend hatten wir in der Nacht tatsächlich einen Zusammenprall mit ein paar Felsen, was der Kutscher allerdings erst heute Morgen festgestellt hat", sie wirkte bedrückt und senkte demütigend den Kopf. Man merkt ihr an, dass es auch ihr hier nicht gefiel. Es war einfach nichts für uns. „Tut mir leid, Ketlin", sprach sie leise, suchte aber im gleichen Moment nach Anziehsachen für mich. „Dann schauen wir uns halt das Dorf an. Hier gibt es bestimmt was schönes zu sehen", versuchte ich die Stimmung aufzulockern, was aber kläglich scheiterte. Ein wenig Hoffnung hatte ich ja, dass wir im Dorf noch ein anderes Wirtshaus finden würden, welches eher unseren Ansprüchen genügte.

*

„Ich glaube wir haben uns verlaufen, Ketlin", schmunzelte Emy amüsiert. Das war uns wirklich noch nie passiert. Wir hatten uns tatsächlich in diesem kleinen Örtchen verlaufen und leider auch keine andere Unterkunft gefunden. Zu Hause, in Venedig, kannten wir uns aus und wussten immer genau wo wir uns befanden. In Venedig konnte man sich an den bekannten Läden orientieren und ich schwöre, dass wir an diesem kleinen Bäckereigeschäft schon zwei mal vorbeigelaufen waren. „Ja und was machen wir jetzt?", fragte ich genauso amüsiert wie sie. Irgendwie mussten wir ja wieder zurück finden. Meine Zofe zuckte nur mit den Schultern und kicherte leise. Selten hatten wir soviel Spaß wie heute. Da kommt mir die letzte Nacht gar nicht mehr so schlimm vor.

„Vielleicht könnte uns der junge Mann da drüben weiterhelfen", sagte Emy und deutete mit einem anzüglichen Blick zu einem gutaussehenden Mann in feiner Robe. Meiner Meinung nach, sieht er nicht wie jemand von hier aus, aber wenn Emy meint. Er unterhielt sich gerade mit einem älteren Herren und könnte, rein vom Aussehen betrachtet, sein Bruder oder Vater sein.

Schnell eilten wir auf ihn zu und fragten: „Entschuldigen Sie, könnten Sie uns freundlicherweise sagen wo sich das Wirtshaus befindet? Wir haben uns verlaufen." Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Emy ihn am ganzen Körper musterte. Ich konnte mir noch nie wirklich vorstellen, dass sie großes Interesse an Männern hat, obwohl sie eine Frau ist. Nie hatte sie den Anschein gemacht, auch wenn schon viele junge Herren Interesse an ihr gezeigt hatten. Sie besitzt ja auch wunderschöne weibliche Züge und ihre rotblonden Haare umspielten sanft ihr Gesicht. Auch der Herr schien Gefallen an ihr gefunden zu haben und ein wenig war ich enttäuscht, dass ich nicht das Objekt seiner Begierde bin. Etwas schockiert über meine Eifersucht, welche vollkommen unbegründet ist, dies sehe ich selber ein, widmete ich mich voll und ganz der Antwort des jungen Mannes.

„Das Wirtshaus befindet sich am anderen Ende der Stadt, meine Damen. Wenn Sie wollen, können wir Sie gerne dorthin begleiten", bot er uns freundlich an und beinahe sofort nickte Emy stürmisch mit dem Kopf. „Ich bin übrigens Alejandro", stellte er sich vor und verbeugte sich vor uns.

Ich antwortete bevor Emy es tun konnte. „Ich bin Ketlin de Vitry und das ist meine Zofe Emila." Aus einem mir unerklärlichen Grund, habe ich es abwertend klingen lassen, was mir im selben Moment auch wieder leid tat. Emy senkte sofort ihren Kopf. Mir wurde bewusst, dass ich sie damit sehr verletzt zu haben schien. Leider konnte ich es auch nicht ungeschehen machen, also schenkte ich ihr nur einen entschuldigenden Blick und hoffte, dass sie ihn mitbekam.

*

„So meine Damen, hier wären wir." Nach einer sehr unangenehmen Laufzeit, hatten wir nun endlich unser Ziel erreicht. Die gesamte Zeit hatten wir nur ein paar Worte gewechselt und uns eher auf die Umgebung konzentriert. Alejandro hatte immer mal etwas zu vereinzelten Gebäuden gesagt, was mich persönlich aber nicht weiter interessiert hatte. Mein schlechtes Gewissen gegenüber Emy hatte sich noch immer nicht gebessert. Ich nahm mir vor, auf der Weiterreise nach Rom noch einmal mit ihr zu reden und klarzustellen, dass es mir leid tut.

„Segnora Ketlin! Da sind Sie ja. Die Kutsche ist repariert und ich war so frei und habe Ihre Sachen bereits wieder verstauen lassen. Wir können also weiter fahren, wenn es Ihnen recht ist", ertönte die Stimme des Kutschers, welcher gerade aus dem Wirtshaus trat. Er wirkte besorgt. Sicherlich war er genauso wenig darüber erfreut, dass unser Aufenthalt länger als geplant gedauert hatte. Aber wir könnten es noch gerade so vor Anbruch der Dunkelheit schaffen, in Rom anzukommen.

„Oh, wo fahren denn die Damen hin?", fragte nun Alejandro und sah uns interessiert an. „Rom", kam die einfache Antwort von Emy, welche nun zur Kutsche eilte und die letzten Vorbereitungen traf, auch ohne Aufforderung. Das zeigte mal wieder, welch eine gute Zofe ich hatte. Unser neuer Freund sah ein wenig perplex aus, als sie davon schritt. Der Arme hatte wirklich ein Auge auf sie geworfen. „Man sieht sich immer zwei Mal im Leben", flüsterte ich ihm mit einem Augenzwinkern zu und bedankte mich noch einmal bei ihm mit einem kleinen Knicks.

Mit diesem Satz ließ ich ihn stehen und ging ebenfalls auf die Kutsche zu, verabschiedete mich mit einem letzten kurzen Nicken von Alejandro, welcher noch immer wie versteinert da stand, und stieg dann ein. Emy schenkte ihm ein kleines Lächeln und kam dann hinterher und somit verließen wir das kleine Örtchen und machten uns auf den Weg in unsere neue Heimat.

***

Ein klitzekleiner und dezenter Lückenfüller. Was es nicht alles gibt xD
Hier sind wir mit einem neuem Kapitel und hoffen, dass es euch beliebt. Wir hoffen ihr hattet schöne und erholsame Ferien und mit diesem Kapitel sind wir auch aus unserer Sommerpause wieder da. Heute gibts bei uns eine Pyjama Party mitten in der ersten Schulwoche. Das kann ja was werden xD Aber irgendwie müssen wir ja den ungewohnten Stress verarbeiten & das geht nun mal nur mit Freunden und gaaaaaanz viel Süßigkeiten xD *Puffmais* *-*

Wir sind halt mad, aber ist das was neues? ;D

Eure x2MadGirlsx :D

Curse or Blessing - It beginsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt