6 - Nicht mehr ich selbst

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Rom. Meine neue geliebte Heimat. Ich wurde von dieser Stadt schon in frühster Kindheit angezogen. Vater hatte mir so viel hier von berichtet. Das Kolosseum und seine Geschichte waren besonders faszinierend.

Wir kamen in den späten Abendstunden an und bezogen ein kleines Gasthaus. Schon bald würden wir uns ein eigenes Anwesen kaufen. Geld hatte ich genug durch das Erbe meines Vaters. Doch heute stand nur ein Stadtrundgang auf dem Plan. Emy und ich wollten alles erkunden und vielleicht auch neue Leute kennenlernen. Ein guter sozialer Status kann schließlich nicht schaden.

„Wo wollen wir denn als Erstes hingehen?", fragte meine Zofe und schaute mich erwartend an. Sie war genauso aufgeregt wie ich. Auch wenn ich ihr gewissermaßen ihre Bekanntschaft mit Alejandro kaputt gemacht hatte, war sie noch immer nett und freundlich zu mir. Sie nimmt es mir nicht übel und das rechne ich ihr hoch an.

„Vielleicht fragen wir einfach jemanden nach wunderschönen Plätzen? Vielleicht gibt es jemanden der dich Alejandro vergessen lässt", zwinkerte ich ihr zu und hoffte sie bemerkte meinen Versuch sie aufzuheitern. Ich sah Emy an, dass sie kurz überlegen musste was sie antworten sollte, doch statt eine Antwort zu bekommen, lief sie an mir vorbei. Emy ging auf eine ältere Frau auf der anderen Straßenseite zu und meine Wenigkeit folgte ihr sogleich. „Entschuldigen Sie Segnora, könnten Sie uns ein paar schöne Orte hier empfehlen? Wir sind neu hier und kennen uns noch nicht aus", fragte Emy diese Frau, welche gerade ihren Stand ordnete. Sie richtete ihren Blick auf uns, musterte unsere Kleidung und strahlte im selben Moment. Anscheinend waren ihr unsere teuren Kleider aufgefallen, denn sie wirkte gleich viel freundlicher. „Sicher, sicher, meine Damen. Der Piazza Navona ist sehr beliebt und begehrt. Viele reiche Leute, wie ihr es seid, gehen dahin", meinte sie und lächelte vergnügt. Wahrscheinlich dachte sie, dass wir ihr für diese Information etwas zu kommen ließen. Wir werden sehen.

Auch Emy lächelte nun und fragte: „Vielen Dank. Und wie kommen wir zu diesem Platz?"

„Sie müssen in das Viertel Parione. Er ist nicht zu übersehen. Gehen Sie einfach weiter geradeaus." Sie deutete mit ihrer Hand in die Richtung, welche sie beschrieben hat und sortierte dann weiter ihre Waren. Schnell bedankte Emy sich für die Auskunft und im Augenwinkel sah ich, wie sie ihr ein paar Münzen zusteckte.

Zusammen liefen wir in diese Richtung und betrachteten nebenbei die Umgebung von Rom. Alles war so wunderschön. Manchmal frage ich mich, wieso mein Vater mich niemals mit hierher genommen hatte. Er liebte alles kulturelle und war schon immer fasziniert von der Stadt Rom. Immer hat er, als mein Vater von seinen Reisen zurückkehrte, mir von dieser Stadt erzählt und niemals mit Komplimenten gespart. Ich kann mich wirklich glücklich schätzen, endlich hier zu sein.

Emy wusste auch so einiges und plapperte fleißig vor sich hin, während ich meistens nur mit 'Erstaunlich' oder 'Bewundernswert' antwortete. Richtig zugehört hatte ich nur bis zu dem Punkt, wo sie von den ganzen sehenswerten Orten erzählte, aber als es dann an die Hintergründe und Geschichte ging, habe ich bewusst weg gehört, da was anderes meine Neugierde geweckt hatte.

Zwei Kaufmänner, alte Greise, unterhielten sich über Venedig und ihre Einwohner. Ich war schon ziemlich lange von meiner Heimat entfernt, deswegen interessierte es mich, was in meiner geliebten Stadt vor sich ging.

Langsam und bedacht versuchte ich mich unauffällig den zwei Männern zu nähern um ihr Gespräch mitzuhören. Irgendwas war vorgefallen.

„Die arme Frau. Sie hat es wirklich nicht leicht gehabt, aber jetzt ist sie ja von ihrem Leid erlöst", sprach der Größere von beiden.

Eine Frau war gestorben?

„Man hätte es sich denken können, mein Lieber. Erst der Mann verstorben und jetzt auch noch das einzige Kind verschwunden."

Curse or Blessing - It beginsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt