6* Selbstzweifel, Trauer und Wut

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Ich wachte in meinem Bett auf, durch das offene Fenster schien die Sonne und ein leichter Wind sorgte dafür, dass sich die Vorhänge hoben. Wie lange hatte ich geschlafen? Hatte jemand etwas mitbekommen? Ich tastete nach meinem Bauch und spürte einen breiten Verband. Ich war also behandelt worden, doch von wem und wo war Loki? Ich richtete mich verschlafen auf und zuckte zusammen als ein stechender Schmerz durch meinen Körper fuhr. Meine kurzen Haare klebten nass in meinem Gesicht, sie waren kürzer als die von Loki und Thor. Eigentlich gehörte es sich nicht für ein Mädchen so kurze Haare zu tragen, Frigga war sehr wütend gewesen als ich sie mir vor fünf Jahren selbst geschnitten hatte aber mittlerweile akzeptierte sie es, ich schmunzelte bei dem Gedanken an meine rebellische Phase damals. Ich rieb mir die Augen und räusperte mich um das Kratzen aus meinem Hals zu bekommen. Auf meinem Nachttisch stand ein Wasserglas, als ich es nehmen wollte sah ich, dass eine kleine Tablettenpackung daneben lag. Auf einem kleinen Zettel stand:

Schmerztabletten, eine reicht ;)

Ich vermutete, dass das von Loki kam. Ohne groß darüber nachzudenken nahm ich eine und spülte sie mit Wasser herunter, dann machte ich mich daran langsam und vorsichtig aufzustehen. Erst tat es noch weh zu laufen aber nach ein paar Schritten fühlte ich mich sicherer und begab mich in mein kleines Bad. Ich spritze mir kaltes Wasser ins Gesicht aber nachdem ich mich im Spiegel gesehen hatte beschloss ich doch auch noch meine Haare im Waschbecken zu waschen. Es war umständlich und dadurch, dass ich länger gekrümmt stand tat mein Bauch auch wieder mehr weh aber ich schaffte es schlussendlich und spülte meine Haare gründlich aus. Als ich nichts mehr zu tun hatte setzte ich mich auf mein Bett. Immer wieder musste ich an die Ereignisse bei den Eisriesen denken, ich würde definitiv noch Zeit brauchen alles zu verarbeiten. Das Gesicht von Laufey, wie er mir seinen Arm in den Bauch rammte erschien wieder in meinem Kopf und ich zuckte kurz zusammen. Ich musste mich irgendwie von diesen Bildern ablenken, außerdem interessierte es mich brennend wie lange ich geschlafen hatte und was Frigga oder Odin wussten. Also beschloss ich Loki zu suchen, ich musste mich sowieso noch bei ihm bedanken. Ich lief aus meinem Zimmer und irrte ein bisschen durch den Palast ohne jemandem, außer ein paar Wachen, zu begegnen. Irgendwoher wusste ich, dass Loki unten in der Waffenkammer war, es war wie ein innerer Instinkt. Noch etwas schwach auf den Beinen machte ich mich auf den Weg dorthin, musste zwischendurch aber ein paar kleine Pausen einlegen. Als ich an der Kammer angekommen war, war mir noch immer kaum jemand begegnet und das ganze begann mir etwas komisch vorzukommen. Ich öffnete die Tür, Loki stand ganz vorne beim blauen Stein, der Energiequelle der Eisriesen, mit dem Rücken zu mir. Reflexartig wurde ich zum Wind und ließ die Tür möglichst langsam zufallen. Einen kurzen Moment war meine Sicht verschwommen, aber da die Schmerztablette langsam ihre Wirkung zeigte ging es schnell wieder. Loki schien mich zum Glück nicht bemerkt zu haben. Seine Hände zitterten, es war fast so als würde der Stein ihn anziehen. Ich konnte es auch spüren, dieses Verlangen über seine Oberfläche zu streichen. Sofort erinnerte ich mich wieder an die Worte des Königs der Eisriesen, noch etwas worüber ich mit Loki sprechen musste. Lokis Hände umgriffen den Stein und er hob ihn hoch, als plötzlich die Tür aufging und Odin in die Halle kam.

»Bin ich verflucht?«, fragte Loki. Wohl wissend wer in den Raum gekommen war.

»Nein.«, antwortete Odin.

»Was bin ich dann?«, erwiderte Loki und ich konnte die Ungewissheit und Sorge in seiner Stimme hören.

»Du bist mein Sohn.«, war Odins Antwort und mir fiel auf, dass er versuchte möglichst viel Abstand zu Loki zu haben. Als ich wieder zu Loki blickte erschrak ich, er hatte Odin immer noch den Rücken zugekehrt und hielt den Stein in den Händen aber seine Ohren waren plötzlich spitz, seine Haut war blau und seine Augen rot. Er sah aus wie ein Eisriese.

»Was bin ich noch?«, fragte er nun auch wütend, während er den Stein zurückstellte und sich umdrehte. Langsam wurde seine Haut wieder normal.

»Die Urne war nicht das einzige was du damals aus Jotunheim mitgenommen hast, oder?«, fragte er und kam auf Odin zu. Ich schwebte ihm hinterher und traute mich in diesem Moment kaum zu atmen.

LokiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt