Alleine liege ich abends in meinem Bett. Mein Blick starr hinauf. In die Dunkelheit. Ich bin alleine. Niemand mehr hier. Es ist spät. Morgen werde ich müde sein. Aber ich kann nicht schlafen. Ich will nicht.
Mir laufen Tränen über das Gesicht. Immer mehr. Heiß laufen sie über mein Gesicht. Sie kommen jeden Abend. Kommen immer, wenn mich die anderen verlassen haben. Tränen. Meine besten Freunde. Sie lassen mich nie alleine.
Ich setze mich auf. Die Tür ist geschlossen. Meine Familie schläft. Niemand kann mich stören.
Meine Hand wandert hinter meinen Nachttisch. Ein kleines Kästchen befindet sich dahinter. Ich hebe es hervor. Lege es neben mir ab, öffne es.
Tränen, immer mehr Tränen. Verzweiflung, Wut und Trauer.
Ich kremple meinen Ärmel hoch, schiebe mein Armband zur Seite. Meine Hand zittert, als ich aus dem Kästchen hole, was ich brauche.
Kühl liegt die Klinge in meiner Hand. Biegsam, dünn, klein und so tödlich. Als die Rasierklinge mit meiner Haut in Kontakt kommt, zieht ein Zucken durch meinen ganzen Körper.
Es ist nicht das erste Mal. Es dauert immerhin schon zwei Jahre an. Zwei Jahre. Immer dieses Armband tragend, dass die Narben versteckt. Damit niemand einen Verdacht schöpft. Und das haben sie auch nicht.
Ich bohre die Spitze in die Haut, bis sie diese durchdringt. Ein kurzer Schmerz. Nicht sonderlich schmerzhaft. Auszuhalten.
Langsam ziehe ich durch, koste jede Sekunde des Schmerzes aus. Immer wieder diese Stimme in meinem Kopf. ‚Versager! Versager! Versager!'.
Leicht fahre ich über die Pulsader. Verletze sie nur, schneide sie nicht durch.
Ich nehme meine Hand weg. Sehe zu, wie das Blut langsam aus der Wunde quillt. Ein Tropfen rinnt warm über mein Handgelenk, tropft auf mein Bett, färbt es rot. Neben ihm findet ein salziger Tropfen in Form einer Träne Platz.
Zwei weitere rote Striche finden Platz auf meinem Handgelenk. Werden die Nachbarn alter Narben.
Ich lege die Klinge weg, nehme ein Pflaster. Als ich es über die Wunde klebe, empfinde ich einen erneuten Schmerz. Immer noch leichter auszuhalten, wie der Schmerz in meinem Inneren, in meinem Herzen.
Mir wird schwindelig. Wieder einmal zu tief geschnitten.
Das ist die Wut. Die Wut, die ich auf andere habe.
Oft stelle ich mir die Frage: Sie oder ich? Nie könnte ich ihnen etwas antun. Nie. Ich habe keine andere Wahl.
Das Wissen, es verdient zu haben ist schrecklich.
Ich mache das für sie. Nicht für mich.
Es soll nicht noch einmal vorkommen, dass ich ausraste. So wie vor nicht allzu langer Zeit. Diese Blicke. Wie sie mich angesehen haben. Voller Angst und Entsetzen. Ich habe auf einen Tisch eingeprügelt. Mir die Hand aufgeschlagen.
Manchmal ... manchmal habe ich Angst vor mir selbst. Immer öfter kommt vor, dass ich mich nicht mehr im Griff habe. Vor anderen. Aber besonders, wenn ich alleine bin.
Holz in Form eines Stabes trifft oft meine Knochen.
Ich raste immer mehr aus und ich hab es nicht mehr im Griff.
Die ganze Sache hier. Mein Leben. Ich bin nicht mehr Herr der Lage.
Das Blut dringt durch das Pflaster.
Das Bild vor meinen Augen flackert. Ich schließe sie. An das Schwindelgefühl werde ich mich nie gewöhnen können.
Ich merke, wie mir der Schmerz immer mehr egal wird. Wie ich ihn schon langsam nicht mehr spüren kann. Ich gewöhne mich daran. An diesen körperlichen Schmerz.
Es ist schrecklich.07.10.2015
~horansdaydream
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Wenn es kein zurück mehr gibt † |Trigger|
AcakEs macht mich fertig. Ich lasse mir nichts anmerken. Immerhin bin ich das starke Mädchen, dem niemand etwas kann. ~horansdaydream 2o.o8.2oI5 - oI.I2.2oI5