Ich sitze am Küchentisch und schaue in meine halbvolle Kakaotasse.
Heute, heute ist es ein Jahr her.
Ein Jahr, indem du mir so sehr gefehlt hast.
Mir fehlt dein Lachen, wenn ich einer meiner total unlustigen Witze gerissen habe.
Ich vermisse es, mit dir stundenlang über ernstere Dinge zu reden.
Es fehlt mir dein gutriechendes Parfum und deine Weste, die ich dir immer gemopst hatte, weil sie so viel weicher und kuscheliger ist als meine.
Oder wie wir uns immer gestritten haben, wer der bessere in Fifa ist. Wie du immer laut rumgebrüllt und geflucht hast, wenn ich ein Tor geschossen habe.
Ja, ich vermisse sogar den Gestank deiner Füße, wenn du vom Sport gekommen bist.
Wir beide, wir waren wie Pech und Schwefel.
Oder Ying und Yang.
Aber das alles, existiert nicht mehr.
Du, existierst nicht mehr.
Der Tag, an dem es passiert ist, hat sich in mein Gehirn eingebrannt. Ich kann mich an jedes einzelne Detail erinnern.
Wir waren zusammen nach Sylt zu einem Wettkampf gefahren. Es war ein die Königsdiziplin Freestyle, bei der die Kiter im K.-o.-System gegeneinander antreten mussten. Es ging darum, die Jury mit Tricks und Loops zu beeindrucken und sich einen Platz in der Hall of Fame zu sichern.
An diesem Tag, waren wir mehr Feinde als Freunde.
Als wir beide in Wasser gingen, war mir nicht klar, dass dies das letzte Mal war, wo ich dich sehen würde.
Es ging also los, ich nahm die erste Welle und sprang hoch und landete wieder. So ging es die ganze Zeit, rauf, runter. Es war ein geniales Gefühl.
Doch dann überschätze ich mich bei einem meiner Sprünge und landete viel zu weit draußen.
Viel zu dicht bei dir.
Unsere Leinen verhedderten sich und ich sah nur einen möglichen Ausweg, lebend aus dieser Situation rauszukommen.
Ich löste die Safety-Leash, um mich zu retten.
Der verzweifelte und geschockte Blick von dir, dieser wird immer in meinem Kopf bleiben. Eingesperrt in einer dunklen Ecke.
Mir wurde klar, dass du nun mit der Zugkraft beider Schirme kämpfen musste, dass unmöglich war bei diesen Wundverhältnissen.
Und ab da, geschah alles wie in Zeitlupe. Du wurdest zuerst Unterwasser gezogen und dann von zwei Kites über den Strand geschleift.
Mit grausamer Wucht wurdest du gegen die Fensterscheibe des Judge-Towers geschleudert, in dem die Jury saß.
Ich wusste, dass es dir nicht gut ging, als ich zu dir rannte. Aber als ich das viele Blut sah, und die Position in der du lagst, wusste ich, dass es dir überhaupt nicht gut ging.
Dein Tod, war wie ein Fausthieb in den Magen. Oder ein Messerstich.
Es fühlt sich an, wie wenn mein Herz in tausend Stücke zerbrochen ist.
Und ich glaube, genau dass ist passiert.
Ich bin jetzt nicht mehr die glückliche Kylie, die nur Blödsinn im Kopf hatte.
Ich bin die Kylie, die jeden Tag eine Art Schutzschild vor sich trägt, damit niemand an sie rankommt.
Ich habe nicht mehr viele Freunde. Einige haben sich von mir abgewandt, weil sie mir die Schuld an deinem Tod geben.
Haben sie Recht? Natürlich.
Von den restlichen, die mir immer beigestanden haben, habe ich mich abgewandt.
Ich möchte keinen Verlust mehr erleben. Dieses Ziehen in der Brust und im Herz, wenn man nur an die Person denkt.
Die alten und schönen Erinnerungen, wo ich immer anfange zu weinen wenn ich nur daran denke.
Es tut verdammt weh, dich nicht mehr bei mir zu haben.
Ich vermisse dich so sehr Miles, so sehr.
Ich hoffe, du verzeihst mir.
Denn ich kann mir das nicht verzeihen.
In Liebe, deine beste Freundin für alle Ewigkeit, Kylie.
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Hallo Leute! Das ist mein erstes "Kapitel".Wie hat es euch gefallen?
Ich würde mich freuen, wenn ihr mir Feedback gebt.
Und nein, diese Situation ist mir nicht passiert.
*Safety-Leash- soetwas wie eine Verbindung, mit der der Drache gehalten wird.