Der Pharao im Schnee

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Die Kälte machte seinen Körper fast genauso taub wie das Crystal Meth. Seine Füße schmerzten nicht, er hatte keinen Hunger, kein Zeitgefühl, keine Angst, kein wirkliches Ziel und kaum einen klaren Gedanken. Wie lange war er gerannt? Es mussten schon Tage sein! Tief in seinem Unterbewusstsein wusste er wovor er wegrannte und das er nicht mehr viel Zeit hatte. Der Schnee knirschte unter seinen Füßen, als ihm im chaotischen, farbenintensiven Wirbel seines Bewusstseins klar wurde, dass er ein Versteck brauchte.

Seine Fußabdrücke wurden in den Schnee und den Sand darunter gedrückt, weiße Flocken umgaben ihn und schränkten seine Sicht ein. Warum war er überhaupt hergekommen? Er dachte angestrengt nach, ohne seine Schritte zu verlangsamen. Ja, natürlich! Er war geflohen... er musste sich irgendwo in Sicherheit bringen... Irgendwo! Zu Beginn hatte er sogar eine präzise Vorstellung gehabt wo... Aber wo war das? Vibrierende Nervosität raubte ihm das logische Denken. Es musste ein stabiles Versteck sein, eine widerstandsfähige Barrikade...

„Cheops!", schrie er und riss die Augen auf. Natürlich. Dreiundvierzig Jahrhunderte blickten von diesem gewaltigen Bauwerk auf ihn herab. Die Cheops-Pyramide, das letzte aller Weltwunder, bedeckt von einer Schicht aus Schnee. Er war angekommen. Zitternd ließ er den Blick durch die weiße Wüste schweifen. Es war kalt... eiskalt... Kälte war das einzige Gefühl, das stark genug war um den unsichtbaren Panzer zu durchdringen, diesen Mantel erschaffen durch Drogen.

Die Sphinx trug ebenfalls einen Mantel, einen Weißen, der ihr eine erhabene Schönheit verlieh. Darüber waren undurchdringliche Wolken. Der Mann fragte sich, wann er das letzte Mal die Sonne gesehen hatte. Es kam ihm vor wie ein ganzes Leben. Er biss die Zähne zusammen. Bei diesem Gedanken erschauderte er und fühlte sich, als würden sämtliche Gefühle, Hoffnungen und Träume aus ihm herausgesaugt werden. Zurück blieb nur gefrorene Leere mit einem Haken aus sinnloser Hoffnung in ihrem Zentrum, dessen einziger Zweck es war, ihn noch mehr zu quälen.

Vor seinem inneren Auge sah er ein Mädchen, das er einst für das schönste Wesen der Welt gehalten hatte... Und noch immer hielt. Als er sie das letzte Mal gesehen hatte, hatte die Sonne noch geschienen.

Mit zitternden, geballten Fäusten näherte er sich dem Eingang des Monuments, er hatte keine Zeit zu verschwenden. Die Pforte der Nekropole war verschüttet, doch es gab noch immer einen kleinen Spalt, breit genug, um sich hindurchzuzwängen. Er stieß mit dem Kopf gegen einen spitzen Stein, was ihn jedoch nicht sonderlich störte. Nachdem er mehrere Male am eigenen Körper gezogen hatte, schaffte er es, die Felsen zu überwinden.

Nun befand er sich in vollkommener Finsternis.

Uralte Grabesluft füllte seine Lungen. Wie war eigentlich sein Name? Er konnte sich an den Vornamen ‚Mohammed' erinnern, doch das hob ihn nicht sonderlich von der Masse ab. In der arabischen Welt gab es Männer mit diesem Namen wie Sand in der Wüste.

Und wie war er hergekommen? Er hatte sein Zuhause verlassen und war unendlich lange gerannt... Er musste sich auf eine der gefährlichsten Drogen der Welt berufen. Und nun war er hier... Mit stark verringertem gesunden Menschenverstand und erbärmlichen Überlebenschancen. Er zog eine Taschenlampe aus seiner Jacke und folgte dem dünnen Lichtstrahl. Er hatte noch genug Crystal dabei um für eine ganze Weile nichts essen zu müssen... Notfalls sogar genug um schmerzlos zu sterben...

Der Schein der Taschenlampe nahm beängstigende Muster an. Er wurde unförmig, verzerrte sich, wechselte die Farbe und warf groteske Muster an die Wände der engen Gänge. Mohammed fühlte, wie er eine Gänsehaut bekam, die nichts mit Kälte zu tun hatte. Er sah Zähne, Klauen, rote Augen und giftgrünen Speichel im Lichtkegel an den Wänden.

Ihm war übel und die Drogen ließen sein Herz unnatürlich schnell schlagen. Er hörte, wie sein Atem und seine Schritte durch die Korridore des Grabmals hallten. Jeder Schritt fiel ihm schwer und er spürte, dass seine Angst langsam ihren Weg zurück zu den anderen Gefühlen fand. Er war sich fast absolut sicher, dass er verfolgt wurde, doch jedes Mal, wenn er die Umgebung mit dem Lampenschein abtastete, war dort nichts. Er ging weiter, mit einem Gefühl in der Magengegend, durch das der Rest seines Körpers in Ketten gelegt wurde und ihn zwang, sich steif und mechanisch zu bewegen.

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