Zweiter Akt

2.3K 108 21
                                    

,,Lass ihn los!" Zischte ich genervt, während ich Ayato hinterherlief, welcher mein Kätzchen regelrecht entführt hatte. ,,Das ist nicht witzig..." Das was mich am meisten störte, war nicht der Fakt, dass er meine Katze genommen hatte- nein. Viel eher war es, dass Wollknäul sich das gefallen ließ. Das Mistvieh war ein gemeiner Verräter. Er hatte sich einfach in Ayatos Arme breit gemacht und mich verlassen, seitdem wir beide hier angekommen waren. Seit einer WOCHE hatte sich das Vieh nicht mehr bei mir blicken gelassen. Das war Hochverrat. ,,Er bevorzugt Ore-sama, da kann ich unmöglich was machen!" Ein lautes Miauen stimmte ihm zu, was mich noch mehr rasendender vor Wut machte. ,,Gut, mach was du willst! Aber kehre dann bloß nie wieder zu mir." Sagte ich so beleidigt wie ich konnte, und drehte mich von ihnen weg. Ich hatte Ayato mittlerweile durch die ganze Villa gejagt und war schließlich sogar im Garten angelangt. Jedoch hatte meine Geduld Grenzen, und an diesem Punkt waren wir bereits angekommen. ,,Erst schleimst du dich bei Raito ein, und dann bei Ayato..." Verfluchte ich leise mein Haustier. Ich begann, weg zu gehen, da tauchte blitzschnell Ayatos Gesicht vor mir auf. Ich blinzelte perplex, da seine tiefgrünen Augen direkt in meine blickten. Als hätte er sich teleportiert, was an sich unmöglich war. Schlagartig erinnerte ich mich daran, dass er doch ein Vampir war, weshalb es ihn ja möglich war, übermenschliche Taten zu vollbringen. Ich zitterte, mein Atem leicht stockend, als ich realisierte, was er eigentlich zu vorhaben schien. Unbewusst fasste ich meinen Hals an, und bekam die immer noch nicht verheilte Wunde zu spüren, die mir Raito am Tag meiner Ankunft verpasst hatte. ,,Aber Ella, wir sind doch gar nicht fertig mit spielen..." entkam es ihm in einem höhnichem Ton. In diesem Moment wusste ich, dass es für mich nicht gut ausgehen konnte.

Plötzlich spürte ich einen eisernen Griff auf meinem Arme, ehe ich bemerkte, dass mich jemand von Ayato wegzog, bevor er sich mir auch nur einen weiteren Schritt nähern konnte. Ich war einfach so erstaunt darüber gewesen, dass ich mich ganz und gar nicht bewegen konnte. Ich wollte es nicht wahr haben, dass Ayato wirklich vorgehabt hatte, mein Blut mittels Gewalt von mir zu nehmen. Schließlich waren wir Freunde gewesen- oder irrte ich mich etwa in jener Hinsicht?

,,Wag es bloß nicht, sie anzufassen. Es nervt, auf euch Kindern aufpassen zu müssen..." Gab der Blonde der Sakamani genervt von sich. Hinter mir spürte ich seine warme und starke Brust, die bei jedem Wort, welches er aussprach, bebte. Ich vernahm den Geruch nach Minzshampoo- Duft, der auch an seinen Klamotten haftete.
Wollknäul, der sich mittlerweile auf dem Boden befand, lief in meine Richtung und stieß mit dem Kopf gegen mein Bein. Jetzt brauch ich dich auch nicht mehr... zischte ich innerlich. Wäre ich nicht wegen der Katze hier, hätte dies auch nicht passieren müssen. Ich atmete erschrocken auf, als Shu- den ich eben an seiner Stimme erkannt hatte, seine Hand auf mein Kopf legte und darauf behutsam pattete. ,,Ich beanspruche dieses Mal, die hier." sprach er mit entschlossener Stimme, gleichzeitig Ayato protestierte. ,,Woher nimmst du dir dieses Recht? Ore-sama hat sie vor dir gesehen!" Doch der blonde Vampir ignorierte seinen jüngeren Halbbruder und zerrte mich mit sich. ,,Hey, was soll das? Ich rede noch!" Das waren die letzten Worte, die ich neben meinen Schritten und meinem Atem vernahm, ehe ich die Szene verlassen hatte...

Ich spürte den dumpfen Aufprall meines Rückens gegen die dunkle Hauswand der Villa, gleichzeitig mich Shu musterte. ,,Lass nicht zu, dass dich jemand außer mir anfässt. Ich werde dir nicht immer die Kehle retten können." Der normalerweise ruhige und stille Shu war unerklärlicherweise aufgebracht gewesen, kam es mir vor, was mich wirklich verwunderte. Mit diesen Worten wandte er sich von mir ab und schlenderte davon, so als wäre das von eben nicht geschehen. Verunsichert blickte ich ihm hinterher und erwischte mich selbst dabei, wie ich lachte. Schnell fasste ich mich wieder und verließ ebenso den Geschehensort. Ich kehrte in meine Kammer zurück und ließ mich auf das weichste Bett auf Erden fallen. Eine kuscheligd, sanfte Woge von Decken und Kissen empfing mich, mich behutsam einhüllend. Ich sank in die kuscheligen Federn jener Kissen ein, da mich mein Gewicht runterzog- was daran lag, dass ich nun mal zu viel Süßes aß. Aber so war er auch schwerer gewesen mich zu entführen- mein Gewicht war ja somit nur eine Vorsichtsmaßnahme. Man müsste in meiner aktuellen Situation auch noch bedenken, dass dies mir sehr zu Nutzen fallen könnte. Schließlich war ich ja in einer Villa voller Vampire, die anscheinend auf sich bewegende Klöße standen, und sie gerne als Speise verputzten...

Nach einiger Zeit schaffte ich es letzendlich doch noch, mich aufzurappeln. Also sprang ich vom Bett auf und lief hin und her durch den Raum. Mir wurde schnell stinklangweilig, da ich nicht viel zu tun hatte. Da kam mir plötzlich eine Idee. ,,Gute Ella..." Sprach ich laut zu mir selber. Würde es nicht bescheuert aussehen, hätte ich mir gerade gerne auf den Kopf gepattet. So lief ich zum aus Ahornholz bestehenden Schreibtisch und nahm meine Schere, die dort neben den restlichen, ehemaligen Inhalt meiner Pfedertasche lag. Anschließend kehrte ich wieder zum Bett zurück, machte es mir bequem- was hieß, mich im Schneidersitz zu setzen und ein Kissen zu packen. Mit der Schere stach ich in dieses, und fing an, das Kissen komplett aufzureißen, damit die ganzen Federn herausquellen konnten. Und so kam es, dass der reinste Schweinestall, bestehend aus Federn, auf meinem Schlafplatz entstanden war.
Das Einzige, was ich nun noch tun musste, war es mich zu konzentrieren, einmal tief einzuatmen und meine Augen zu schließen. Instinktiv streckte ich meine Arme und Hände leicht nach vorne, in Richtung der ganzen Federn. ,,Jetzt kann der Spaß beginnen!" deklarierte ich voller Freude...

Ich spürte ein merkwürdiges Kribbeln in meinem Bauch, binnen ich das, was ich zu tun beabsichtigte, vollbrachte. Meine Haare begannen wild zu peitschen, obwohl kein Wind wehte. Die Gardinen taten ihnen gleich und stellten sich rebellisch an, jedoch war das Brennen an meinen Fingerkuppen verantwortlich dafür, dass ich meine Augen öffnen musste. Volat! Zitterte ich in meinem Kopf. Und tatsächlich- mit einem Ruck begannen die Federn, die einst noch auf meinem Bett lagen, in der Luft zu schweben. Zufrieden grinste ich. Dennoch war das nicht alles. Ich konzentrierte mich völlig auf die Federn vor mir und stellte mir loderndes Feuer vor, welches in der Hoffnung ein Wärmespender zu sein, entzündet wurde. Ganz rasant fingen alle Federn an in Flammen aufzugehen und sich in der Luft zu konsumieren, währendessen eine winzige Spur Rauch von ihnen geboren worden war. Finem habet. Genau so schnell wie ich diesen Schlamassel angestellt hatte, verschwand dieser auch wieder. Das war auf das Pulverisieren der Federn zurückzuführen, welche sich regelrecht in Luft auflösten. Nur noch ein imminenter Duft nach Verbranntem blieb übrig, welchen ich sofort beseitigen wollte, weswegen ich ein drittes Mal vom Bett aufstand und mich zum Fenster begab, um dieses zu öffnen...

,,Shu?" Fragte ich perplex, abertausend mal blinzelnd. Der Blondhaarige lag in meinem kleinen Balkon an der Wand angelehnt und starrte in die Ferne. Ich hatte ihn soeben entdeckt, als ich die Fenster aufschließen wollte. Ich realisierte, dass ihm die übliche Jacke fehlte. Als ich nach unten auf meine Arme blickte, bemerkte ich, dass ich diese trug, da er sie mir vorhin umgehangen hatte. Folgendermaßen zog ich sie selbstverständlich aus und reichte sie ihm rüber; ,,Vielen Dank hierfür. Ich hatte vollkommen vergessen, sie dir zurück zu geben." Leicht schüchtern grinste ich und kratzte meinen roséfarbenen Hinterkopf, als ich diese Worte aussprach. ,,Huh?" Der Unterton seiner Stimme verwirrte mich leicht, während er diesen fragenden und zugleich höhnichen Ton von sich gab. ,,Shu-san?" Ich schätzte, mir das nur eingebildet zu haben. Doch ich irrte mich; ,,Glaubst du wirklich, ich würde dir, einen Menschen, einfach so helfen?" Seine Zähne in einem Grinsen bleckend, erinnerte ich mich daran, wie er mich von Ayato gerettet hatte. ,,Oder eher gesagt einer Hexe." Fügte er noch bissig hinzu. Er stand auf, zog sich seine Jacke so halb über und trat in mein Zimmer, ich natürlich vor ihm, um ihm den Weg frei machen zu können. Sobald er drinnen war, schloss er die Tür zum Balkon mit voller Wucht und packte mich am Handgelenk mit einer Geschwindigkeit, die der des Lichts Konkurrenz machte. So gut wie es nunmal ging, versuchte ich mich, von ihm los zureißen. Doch vergebens- er besaß einen eisernen Griff, welchem ich nicht einfach so entfliehen konnte. Ohne lange zu zögern, faltete er den Kragen meiner Bluse herunter und beugte sich zu mir hinüber, um seine Fangzähne in mein Fleisch versenken zu können. Egal wie oft ich gegen sein Schienbein trat, er ließ nicht locker. Ich wehrte und wehrte mich, doch anscheinend erfolgslos. Auf keinem Fall wollte ich von einem Vampir gebissen werden. Das konnte ich mir keinesfalls billigen...

Mein Gehirn war voll in Aktion und ratterte und ratterte, um einen sinnvollen Weg zu finden, dieser Situation zu entkommen- nichtsdestotrotz fiel mir nichts ein.
Millisekunden kamen mir wie Minuten vor, alles bewegte sich tausendmal langsamer. Zumindestens nahm ich das so wahr. Doch dann fiel mir doch noch etwas ein. Es war zwar ein banaler Ausweg, einen Versuch jedoch war es wert. Ich rammte mein Knie, so stark ich konnte, zwischen seine beiden Beine. Er mochte zwar ein Vampir sein, aber offensichtlicherweise ein Männlicher und ich kannte kein Wesen, das dessen Schmerz in so einer empfindlichen Stellen unterdrücken konnte. Sobald er mich losgelassen hatte, fing ich an zu rennen, mein Zimmer zu verlassen und die Tür hinter mir zuzuknallen. Nun hieß es nur noch, sich nicht erwischen zu lassen...

Ich würde es nicht zu lassen, dass mich jemand gegen meinen Willen anfasste- schwor ich mir selbst, ehe ich anfing, daran zu denken, wie ich von hier am besten verschwand.

Diary of a Witch  ~ Diabolik Lovers (Leseprobe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt