Prinzessinnentod

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Sie hatte schreckliche Kopfschmerzen. Ihr war speiübel. Isabella öffnete die Augen und musste sich übergeben. Sie konnte sich an nichts erinnern. Wo war sie? Was machte sie hier? Sie versuchte sich aufzurichten, doch sie konnte ihre Hände nicht bewegen.

Langsam begann es Isa zu dämmern. Alleine schon der Geruch riss sie brutal in die Gegenwart zurück. Ihr Nachbar! Ralf hatte sie entführt für…..

Ja für was denn eigentlich? Er wollte mit ihr spielen. Rollenspiele oder so, oder ein Märchen nachspielen. Was hatte er gesagt? Die Gänseprinzessin. Nein, anders. Die Gänsemagd. Isa bedauerte es jetzt, dass sie mit Märchen gar nichts am Hut hatte. Ihre Mutter war allein erziehend und hatte keine Zeit ihnen Märchen vorzulesen. Mama kam spät abends von der Arbeit nach Hause und war viel zu müde um ihnen etwas vorzulesen. Ihre große Schwester hatte daran auch kein Interesse.

Wo war Ralf bloß? Es begann schon zu dämmern. Die Gänse neben ihr schnatterten fröhlich. Ich muss hier weg. Nur das zählt, dachte Isabella. Ihr Feind war nicht zu sehen. Er wird sicher bald zurückkehren. Isabella schaffte es, sich aufzusetzen. Das war gar nicht leicht. Ihre Hände waren mit einem groben Strick oder gar Seil hinter dem Rücken festgebunden. Ihr war schwindlig und die Landschaft verschwamm vor ihren Augen. Ihr war so sauübel. Isabella neigte den Kopf zur Seite und erbrach sich nochmals.

Das Pferd stank, die Fliegen summten und die Gänse schnatterten fröhlich. Viel zu viele Eindrücke für ein schwer erschüttertes Gehirn, stellte Isa fest.

Zu schreien wagte sie nicht. Entweder hatte er vergessen sie zu knebeln, oder aber es würde sie ohnehin keiner hören. Da ihre Beine nicht gefesselt waren, kämpfte sich Isabella in die Höhe. Langsam ließ der Schwindel nach, nur die Kopfschmerzen schienen sich zu verschlimmern. Isa ging ein paar Schritte und blieb hängen. Er hatte ihre gefesselten Hände irgendwo festgebunden. Hoffentlich sucht mich Mama bereits, dachte Isabella.

Wir sind nicht weit weg von zu Hause. Wir sind höchstens eine halbe Stunde mit dem Auto gefahren. Ich würde zu Fuß nach Hause gehen können. Im Notfall. Vorerst muss ich entkommen.

Isa drehte sich um und besah sich ihre Lage. Ein dickes Seil ging von ihren Händen weg und war bei einem Messingring, der bereits Patina angesetzt hatte, festgebunden. Scheiße. Was nun? Isabella hatte so viel Bewegungsfreiheit, dass sich komplett umdrehen konnte und besah sich genauer den Knoten. Sie bückte sich etwas und biss hinein. Eine Welle der Übelkeit schwappte in ihr hoch. Bücken tat ihrem Kopf nicht gerade gut. Sie kaute, zerrte an dem Seil. Sie ignorierte verzweifelt den bitter, ranzigen Geschmack im Mund.

Gerade, als sie das Gefühl hatte, der Knopf beginnt sich zu lockern, hörte sie einen Wagen nahen. Ralf war zurück. Es dauerte nicht lange, da hörte sie, wie eine Wagentüre zugeworfen wurde. Panik stieg in ihr hoch.

Ralf kam um die Ecke. „Hallo Prinzessin!“, rief er gut gelaunt.

„Ralf, bitte, ich weiß du wolltest das Alles nicht. Das bist nicht du. Ich habe dich provoziert und war kein anständiges Mädchen. Ich werde tun, was du willst, und dann fahren wir heim. O.K.? Ich werde das alles für mich behalten. Und wenn du mal in den Urlaub fahren willst, werde ich deine Gänse versorgen!“

Tränen kullerten aus ihren Augen. Sie wollte nicht weinen. Sie wollte sich keine Blöße geben.

„Wir werden jetzt ein wenig spielen, und wenn du dich benimmst, bringe ich dich nach Hause.“ Natürlich war das gelogen. Sie wusste sicherlich, dass er sie niemals gehen lassen könnte. Aber sie log ja ebenfalls. Sie würde nichts erzählen und seine Gänse füttern. Schwachsinn! Er band den Knoten vom Messingring los.

„Was muss ich tun?“, fragte Isabella.

Du treibst die Gänse durch das Tor und sprichst zum Pferdekopf: „O du Falada, da du hangest!“

Der MärchenmörderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt