.Chapter 1.

279 27 14
                                    

„Für sie, Sir Cavanaugh." Eine junge Frau in einem marineblauen, enganliegenden Kleid überreichte ihm ein Päckchen und schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln, doch er hatte keine Augen für die schöne Unbekannte. Seine in Handschuhe gehüllten Finger schlossen sich um das kleine Päckchen. „Merci, Miss." Er wendete sich ab und drängte sich elegant und unauffällig zwischen den anwesenden Gästen hindurch. „Sir Cavanaugh!" Eine aufgeregte Männerstimme ertönte und er hielt rasch inne. Seine Miene war hart, doch er setze ein geübtes Lächeln auf, als er sich zu dem Herrn umdrehte. „Guten Abend." Sein Körper deutete eine sachte Verbeugung an. „Aber nicht doch!", sagte der bärtige Mann lachend. „Ich würde sie nur gerne auf einen Drink einladen. Wie wäre es Sir?" Eigentlich hatte er keine Zeit, wollte so schnell es geht das erledigen, was es zu erledigen galt. „Das wäre sehr in meinem Interesse." Er folgte dem Mann und setzte sich auf den Holzstuhl neben ihn an den Tresen. „Zwei Whiskeys, bitte. Für den Herren hier und mich." Der Mann mit dem mondförmigen Gesicht klopfte ihm hart auf die Schulter, als sich Leonid Cavanaugh den schwarzen Zylinder vom Kopf zog und diesen auf dem Tresen ablegte. „Wie gefallen ihnen die Festlichkeiten, Sir?" Sie langweilten ihn schon seit Stunden, doch er ließ sich nichts anmerken, sondern lächelte brav und spielte seine Rolle. „Sehr gut. Und ihre Tochter erst. Sie ist sehr bezaubernd." Der Herr beugte sich näher und Leonid konnte schon seinen nach Alkohol riechenden Atem auf dem Gesicht spüren. „Meine Tochter würde liebend gerne mit ihnen tanzen." „Warum fragt sie dann nicht?" Der Mann lachte lauthals auf. „Sie kennen doch die Mädchen!" Kennt er sie? Er weiß vieles....aber kennen tut er sie nicht. Sicher nicht. „Dann muss ich ihre Tochter leider enttäuschen." Das Glas in seiner Hand fühlte sich kalt an und er nahm einen großen Schluck daraus, als er im gleichen Moment auch schon den beißenden Whiskey seine Kehle hinab rinnen spürte. Er stellte das Glas ab und erhob sich, wobei er mit einer schnellen Bewegung den Zylinder packte und ihn vom Tresen zog. „Vielen Dank, aber ich muss mich leider verabschieden." Das kleine Päckchen rutschte aus seiner Hand und verschwand in seiner Manteltasche. „Ich habe noch etwas zu erledigen." Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und ging.

Cavanaugh hasste diese Feste und Feierlichkeiten, aber er musste seinen guten Ruf wahren und sich in der Öffentlichkeit nichts anmerken lassen. Zu viel stand auf dem Spiel. Viel zu viel. Er stieg aus der mit weißen Hengsten bespannten Kutsche und stolzierte mit in die Taschen geschobenen Händen zu seinem Anwesen. Das große Haus lag grau und von Nebel verhangen vor ihm. Ein weiterer Tag in dieser falschen Welt ,dachte er wehmütig und stieg die flachen Stufen zum Eingang empor. Sein Atem bildete kleine Rauchwölkchen in der kalten Nachtluft, als er die schwere Flügeltür zur Seite schob und mit einigen großen Schritten ins Haus stürmte. Er schaute sich um. Nichts außer Stille und Dunkelheit. Sein raues Lachen hallte durch das Anwesen, als die Tür hinter ihm mit einem lauten Knallen ins Schloss fiel. Endlich zurück. Er ging mit elegantem Gang geradeaus durch die Halle, ließ dabei den Zylinder fallen und striff sich den Mantel ab. Seine vor Vorfreude zitternden Finger knöpften die Weste und das helle Hemd auf, als schließlich beides zu Boden fiel. Nervös strichen seine langen Finger immer wieder durch sein dunkles Haar, als er die nächste Tür öffnete und mit hastigen Schritten die Treppe erklomm. Das Mondlicht des von Fenstern gesäumten Ganges fiel auf seinen blassen Oberkörper, als er diesen durchschritt und schließlich vor einer weiteren Tür stehen blieb. Sein Kopf senkte sich und ein Lächeln umspielte seine Lippen, als er fast lautlos flüsterte: „Wacht auf mes poupées." Meine Puppen. Seine Hand legte sich um den golden glänzenden Griff der Tür. Für mehrere Pulsschläge lang verharrte er in dieser Position. Sein schwerer Atmen durchbrach die Stille, während sein Herz wild gegen seine Rippen hämmerte. Das gespenstische Wispern des Windes war zu hören, als dieser durch den Gang zog und sich in Leonid's Haaren verlor. „Es ist Zeit." Er drückte die Türklinke sanft hinab und schob die Tür auf. Der Geruch von Parfüm strömte ihm in die Nase, als er den abgedunkelten Raum betrat.

The Doll PlayerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt