.Chapter 5.

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Durch sanftes Ziehen an den Zügeln bremste Leonid die Pferde an seiner schwarzen Kutsche aus. Dem stummen Befehl Folge leistend blieben sie in einer Seitenstraße stehen und Cavanaugh konnte vom Kutschbock steigen. Seine Schuhe klackerten leise, als er das Kopfsteinpflaster entlang schritt und sich den Zylinder auf dem dunklen Haar richtete. Pünktlich betrat er ein alt wirkendes Gebäude und wurde von der darin herrschenden Wärme in Empfang genommen.

"Ihr Name Sir?" ,fragte ein junger Mann, der am Eingang wartete und offensichtlich jedem die selben Fragen stellte. "Leonid Cavanaugh. Ich wurde hierher eingeladen" Ohne eine Antwort abzuwarten ging Leonid weiter den Gang entlang und betrat einen großen Raum. Die Wände waren verstellt von überfüllten Bücherregalen und auf den vereinzelten Tischen stapelten sich ebenfalls massenhaft Bücher, darunter höchstwahrscheinlich auch antike Exemplare. Er konnte einige Männer verteilt im Raum sitzend ausmachen, die konzentriert über ihren Studien, Büchern und Schriften saßen. "Guten Abend die Herren." Beiläufig öffnete er seinen Mantel, während er durch den Raum in Richtung eines gebrechlich wirkenden Mannes ging. Dieser sah auf und verzog die Lippen zu einem Lächeln. "Welch Überraschung mein Neffe. Was führt dich hier her?" "Onkel, ihr habt mich eingeladen." ,erwiderte Leonid unter leisem Lachen. "Ach ja, genau! Verzeih mir, aber mein Gedächtnis lässt langsam nach." Leonid war sichtlich gespannt, aus welchem Grund ihn sein Onkel in diese Bibliothek beordert hatte. Er sah sich nervös im Raum um. Kannte jemand sein Geheimnis? Musste er vorsichtiger sein? "Mr. Winslow!" Ein junger Mann löste seinen Blick aus einem der Bücher und kam mit schnellen Schritten herbei. Leonid schätzte ihn nicht älter, als 22 mit seinem braunen Haar und den ebenso braunen Augen. "Leonid, das" Der alte Mann deutete auf den jungen Mann mit dem nussbraunen Haar neben sich. "wird deine neue Aufgabe sein." Freundlich lächelnd streckte sich ihm eine Hand entgegen und Leonid ergriff sie. "Erfreut sie kennen zu lernen Sir. Mein Name ist Caillou Winslow." "Leonid Cavanaugh. Wie darf ich Sie als meine Aufgabe verstehen? Ich kann meinem Onkel nicht recht folgen." Caillou öffnete den Mund zu einer Antwort, doch Cavanaugh's Onkel unterbrach ihn. "Dieser Bursche hier ist ab jetzt dein Schüler Leonid. Ich habe nicht mehr die Kraft dazu ihn zu unterrichten. Du verstehst sicher, was ich meine." Fassungslos sah Leonid seinem Onkel ins Gesicht, bevor er seine Hand zurück zog und stolz das Kinn reckte. "Das wird nicht passieren." Schallendes Lachen ertönte aus der Kehle des ergrauten Mannes. "Es ist sogar schon passiert! Die Kutsche mit Mr. Winslows Gepäck ist schon auf dem Weg zu deinem Anwesen." Entrüstet sah Leonid auf seinen Onkel, bevor er sich umdrehte und im Vorbeigehen einen Stapel Bücher von dem Tisch stieß, an dem ein Gelehrter saß. Seine Fäuste ballten sich voller Wut, als er die Bibliothek verließ und die Straße zu seiner Kutsche entlang lief. "Sir! Warten Sie doch bitte!" Er konnte die heraneilenden Schritte von Caillou hören und gab einen frustrierten Schrei von sich, der durch die Stille hallte. Es tut mir schon jetzt leid, was in dieser Nacht passieren wird mes poupées, dachte er wehmütig.

"Tatsächlich. Eine Kutsche mit ihrem Gepäck." ,bemerkte Leonid trocken, als er mit Mr. Winslow an seinem Anwesen ankam. Caillou war sichtlich nervös und sprang von der Kutsche. "Entschuldigen Sie bitte die Voreiligkeit meines alten Professors Sir. Ich habe versucht ihm klar zu machen, dass das nicht nöti..." "Hört Ihr die Vögel?" ,fragte Leonid unvermittelt, während er von der Kutsche stieg und sich bedächtig den Zylinder vom Kopf zog. Verwirrt sah Caillou ihn an. "Wie meint Ihr das?" Langsam schritt Leonid die Treppen zur Tür hinauf und zuckte dabei gespielt gelassen mit den Schultern. "Ich habe mich nur soeben gefragt, ob Ihr eigentlich auch den Gesang der Vögel hören könnt zwischen all eurem Gebrabbel. Könnt ihr?" Leonids stahlgraue Augen ruhten auf Caillou und dieser rieb sich mit der flachen Hand nervös über den Nacken, als er neben Cavanaugh auf der Treppe zum Stehen kam. "Verzeiht Sir...aber leider Nein. Momentan nicht." Unter leisem Knarren öffnete Leonid die Türen und schritt in den großen Eingangsbereich, der wohl eher einem Ballsaal glich. "Ihr müsst wissen Winslow, hier herrscht Stille. Es wird meist wenig gesprochen, also verstehen sie, dass sie sich meinen Regeln anpassen müssen?" "Natürlich Sir." Hastig folgte Caillou, Leonid in den geräumigen Saal und sah sich um. Lange, staubige Vorhänge verdeckten die Fenster, die vom Boden bis zur Decke reichten. Zwei Treppen führten auf andere Etagen und ein Spitzbogen erschloss den Durchgang in den angrenzenden Raum. Leonid drehte sich schwungvoll zu Caillou um, warf seinen Hut auf den Boden und breitete die Arme in einer ausladenden Geste aus. "Willkommen in meinem Anwesen." Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Willkommen im Puppenhaus...


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