Kapitel 6 - Das typische Thema

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„Harry!", rufe ich nach ihm, während ich mit einem schweren Karton Küchenutensilien vor der Küchentür stehe und er am Tisch sitzt und durch irgendwelche Unterlagen blättert. Er scheint so versunken in seine Zettel, dass er mich nicht hört, weswegen ich nochmal laut nach ihm rufe und mir beinahe der Karton aus den Händen rutscht. „Harry!"

Jetzt blickt er endlich auf und weil ein riesiges Glas in unserer Küchentür ist, sieht er mich auch sofort und steht auf. Er öffnet die Tür und nimmt mir den Karton ab. „Sag doch was", sagt er und stellt den Karton auf die Arbeitsplatte in der Küche.

„Ich habe zwei Mal gerufen", sage ich amüsiert, während er sich wieder an den großen Tisch setzt. Ich fange an, die Küchenutensilien aus dem Karton auszuräumen. „Wo sind die Jungs?"

„Sie baden", gibt er abgelenkt von den Zetteln vor sich zurück.

Ich stelle mich neben ihn und sehe interessiert auf die Blätter. „Was ist das?"

„Ich bereite die nächsten Seminare vor", erklärt Harry und legt die Zettel zusammen. „Aber natürlich werde ich sofort aufhören, wenn du meine Hilfe brauchst." Ich verdrehe die Augen und will ihn gerade als Schwachkopf bezeichnen, als ich zurück zur Arbeitsplatte gehe, doch er zieht mich an der Hand auf seinen Schoß. „Weißt du was wahnsinnig toll ist?", sagt er mir leise ins Ohr und drückt meinen Rücken an seine warme Brust.

„Nein, was denn?"

Er küsst meine Nacken. „Sunny schläft und die Jungs sind auch abgelenkt."

Ich lache auf. „Das kannst du vergessen." Ich winde mich aus seinem Griff und gehe wieder zu dem Karton. „Steven ist in weniger als einer Stunde da und außerdem ist das echt zu riskant. Dass du überhaupt auf solche Ideen kommst."

Harry stöhnt auf und stellt sich neben mich, während ich ein paar Schüsseln aus den Schubladen hole. „Ich verstehe echt nicht, wieso du diesen Mist immer wieder machst. Steven hat keinen Kuchen verdient und seine seltsamen Freundinnen erst recht nicht."

„Hey, es ist Sonntag und außerdem weißt du doch gar nicht, ob Paula oder Pauly ... oder Paulina komisch ist. Vielleicht ist sie ja ganz nett." Nein, ist sie wahrscheinlich nicht. Stevens Freundinnen sind immer eine riesige Enttäuschung. Von Hobbyprostituierten bis hin zur Putzfrau ohne Schulabschluss, war alles dabei. Aber Hauptsache, sie hatten große Brüste und blonde Haare.

„Ja, wahrscheinlich werden wir heute tatsächlich seine große Liebe kennenlernen", sagt Harry ironisch und schupst die Butter ein wenig an, die ich gerade rausgeholt habe. „Du brauchst aber nicht wirklich meine Hilfe oder? Ich habe wirklich noch zu tun."

„Mach nur", meine ich und hole die restlichen Utensilien raus.

An den Wochenenden ist es immer wieder schade, dass Harry keinen festen Job hat, denn seine Samstage und Sonntage verbringt er meistens immer am Schreibtisch, um die Seminare fürs College vorzubereiten. Er ist nämlich Dozent an der ZOS hier in New York. Zumindest drei Mal die Woche. Er hält Lesungen und leitet Kurse für angehende Schriftsteller. Seit seinem zweiten Buch, das vor fünf Jahren ungefähr veröffentlicht hat, prügeln sich die Universitäten quasi um ihn. Ab und zu hält er Lesungen auf anderen Colleges, aber meistens ist er auf der ZOS. Ich weiß nicht, wie er als Dozent ist, doch ich bin mir sicher, dass er mehr als beliebt ist. Wenn ich mir vorstelle, ich hätte so einen gut aussehenden Lehrer gehabt, der nebenbei auch noch berühmter Schriftsteller ist ... Zayn und ich wären ausgeflippt. Tja, deswegen kommt er manchmal nach Hause und erzählt Geschichten über die ganzen zwanzig jährigen Mädchen, die ihm beinahe ihre Brüste während den Lesungen ins Gesicht drücken, wenn sie ganz vorne sitzen. Was sie alle immer wieder tun. Natürlich erzählt er solche Storys nur, wenn die Kinder schlafen.

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