Clara

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Kapitel gewidmet an: Johanna1609

Fünf Männer standen wie eine Wand vor uns, undurchringlich unzerstörbar. Ich spürte eine Hand die sich an meinen Oberarm festkrallte. Lilly war aufgewacht und klammerte sich nun krampfhaft an meinen Arm. Tränen liefen über ihre Wangen, ihren Blick hatte sie starr auf einen der Männer gerichtet, der weiter hinten stand. Er trat in den Vordergrund und ich erblasste. In seinen Armen lag Clara. Eine tiefe Schnittwunde klaffte an ihrer Seite hin bis zum Rücken verlaufend. Der Stoff ihres Oberteils war blutgetränkt. Im Sekundentakt fielen Tropfen der roten Flüssigkeit auf den Boden. An den Armen des Mannes liefen Flüsse entlang, die unter seinen Finger hervorquollen und an seine Händen verschmierten.
Die grauenvolle Lache erklang zum zweiten Mal und ließ mich zusammen zucken. Mein Kopf ruckte in die Richtung aus der das Gackern kam und ich erblickte einen normal großen blondhaarigen Mann. Er war kräftig gebaut, schien jedoch der Schwächste der Fünf zu sein. Er trug einen italienischen Anzug, welcher einfach nicht in diese Situation passen wollte. Seine Mimik war eine Mischung aus Hass, Vergeltung und Genugtuung. Diese Gefühle spiegelten sich auch in seinen stechenden Augen wieder, welche passender Weise eine eisklare blaue Iris enthielten.
"Ich habe nicht erwartet dich nochmals hier anzutreffen." seine schneidende Stimme hallte in meinen Gehörgängen wieder. "Nun denn" fuhr er fort "Sicherlich willst du wissen warum deine 'princesa' sterben musste."
Er löste sich aus der Reihe und und schritt auf den Träger zu.
"Genau genommen hat unsere kleine Geschichte schon an dem Tag angefangen,wo sie sich entschieden hatte Detective des Morddezernates zu werden. Ich glaube schon fast das es Zufall war ihr zu begegnen, denn sie wurde keinem anderem Team zu geteilt, als das, mit der höchsten Aufklärungsrate. Da es logisch ist dass sie nach Erklärungen für den Tod ihrer Eltern suchte, war es nur eine Frage der Zeit, dass sie in meiner gesellschaftlichen Umgebung nach Hinweisen suchte. Um es kurz zu fassen: Ihr Team buchtete durch ihre Nachforschungen mehr meiner Männer ein als ich rekrutieren konnte. Das war mir selbstverständlich ein Dorn im Auge. Deshalb versuchte ich sie auf meine Seite zu ziehen. Ich hätte es auch fast geschafft wär dieser Trottel von Bundesagent nicht gewesen. Manuel oder so."

Mir stockte der Atem. Manuel war in die Sache viel mehr verstrickt als wir jemals angenommen hatten. Doch warum war er damals, als angeblicher Arzt in unser Leben getreten? Hatte Clara in erkannt? War sie deswegen scheinbar so traurig, weil er gestorben war? Immer mehr Fragen gesellten sich in meinen Kopf und keine davon wollte sich beantworten lassen.
"Er ist kein Trottel." sagte Lilly mit leiser Stimme.
Die Männer schauten auf.
"Bitte was?" fragte der Blondschopf amüsiert.
Lilly befreite sich aus meinen Armen und stellte sich selbstsicher vor die Fünf.
"Manuel ist kein Trottel!" entgegnete sie nun etwas lauter.
"Ach nein? Hat er dir etwa verraten, dass er Bundesagent ist? Nein? Und wer lügt seine bester Freundin an? Genauu ein Trottel. Ein dummer Trottel. Genauso wie dieses Miststück!" er zeigte mit einer abwertenden Bewegung auf Clara.
Wie hatte er sie gerade genannt? Klar  meinen 'Nachforschungen' nach, war Clara nicht gerade der perfekteste Mensch. Dennoch war sie meine Freundin! Keiner hatte das Recht sie als 'Miststück' zu bezeichnen!
Instinktiv machte ich ein Schritt vorwärts und stellte mich hinter Lilly.
El-Blondo erkannte die Bewegung und schaute abwartend zu mir.
Grimmig starrte ich zurück, tat aber weiter nichts. Verdammt warum tat ich nichts? Er hatte meine Freundin umgebracht. Wegen ihm lag sie reglos in den Armen, eines kalten herzlosen Handlangers.
Das war zu viel. Die Gefühle rollten durch meinen Körper, vernichteten jeden gesunden Menschenverstand in mir. Sie brachten meinen Körper dazu sich auf den schrecklichsten Menschen in meinem Leben zu zu bewegen. Ich stürzte mich auf ihn, rung ihn nieder, schlug in mehrmals ins Gesicht. Ein Knacken war vernehmbar. Sein Gesicht färbte sich rot, genauso wie meine Faust. Ein Komplize schrie irgendwas. Ich schaute auf und sah nur noch, wie ein lebloser Körper zu Boden fiel.
Blut spritzte in alle Richtungen. Es landete auf allen und jeden, bedeckte die Wände, Böden, Menschen und Gegenstände. Schützend drehte ich mein Gesicht in die andere Richtung.
Im nächstem Moment wurde ich an den Armen gepackt und hoch gezogen. Ich sah wie sich Blondi aufrichtete und sich über das Gesicht wischte. Langsam kam er auf mich zu. Er holte aus und traf. Meine Magengrube brannte. Nochmals schlug er zu. Der Schmerz breitete sich aus. Ein weiterer Schlag. Ich krümmte mich, an den Armen hängend, zusammen. Mein Blick verschwamm. Verzweifelt suchte ich nach Lily. Ich sah sie neben ihrer Schwester sitzen. Still liefen die Tränen. Die Hand hatte sie auf Claras Kopf gelegt. Sachte strich sie ihr durchs Haar. Ihre Kleidung sog sich mit Blut voll, doch dass interessierte sie nicht. Wichtig war: sie trauerte. Sie trauerte um eines ihrer Geschwister, schon wieder. Sie ließ ihren Kopf sinken.
Eine Lache aus der lebenserhaltenden Flüssigkeit umrahmte die beiden. Auf den grauen Steinen des Bodens sah es seltsam verzerrt aus. Durch einen kleinen Spalt in der Decke rannen Tropfen auf die beiden hinunter.
Es hatte also angefangen zu regnen
Wasser vermischte sich mit Blut.
Rot vermischte sich mit Grau.
Tränen vermischten sich mit Regentropfen zu einen einzigen furchtbaren Moment.
Weinend lag Schwester neben Schwester.
Ich saß in der Nähe und konnte nichts denken außer " Es wird alles gut"
Die Welt um mich herum verschwand abermals...

the little brotherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt