Alte Narben, Neue Narben.

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Immer wieder streift sie meine Gedanken. Die absurd pinken Haare, der Ausdruck in ihrem Gesicht der von einem starken Selbstbewusstsein zeugt. Sie kann nicht falsch liegen. Ich hasse diese Leute, ich hasse sie alle, diese Leute die denken sie könnten Gott und die Welt retten. Und am meisten hasse ich sie, wenn ich allein in meinem Zimmer liege und an sie denken muss. Dabei gibt es wichtigeres an das ich denken muss. Aufgewühlt drehe ich mich um und vergrabe das Gesicht in meinem Kissen.


Das Gefühl von Stoff auf meiner Haut. Die unverkennbare Textur von dem Shirt, seinem Shirt. Das, was er immer an hat wenn er hier neben mir liegt. Ich kann ihn atmen hören, kann fühlen wie sich sein Brustkorb hebt und senkt. Er schläft, so unschuldig liegt er auf dem Bauch, ein Arm über meine Brust gelegt. Ich liebe es ihm beim Schlafen zuzusehen, wie er träumt und was er träumt. Das Zimmer ist hell und freundlich, alles ist gut. Es ist früh am Morgen, die Welt scheint noch zu schlafen, so wie er. Sein Gesicht ist wunderschön. Die Lippen mit dem sanften Schwung, die leicht gekrümmte Nase, die Augenlider die seine leuchtend blauen Augen verbergen. Die seine Seele verbergen.
Die ich nie wieder sehen werde.

Es ist Abend. Die schläfrige Atmosphäre ist längst verschwunden, mein Zimmer wirkt trist und grau. Wenn ich die Augen schließe, kann ich ihn immer noch atmen hören. Ich kann das Knarzen des Betts unter ihm hören, die Wärme die sein Körper ausstrahlt.
Wenn ich die Augen schließe, lebt er noch, und ich kann immer noch sein Lächeln sehen.
Aber das Bett neben mir ist leer, das Zimmer kommt mir kalt vor. Und es ist still, so still, nur mein eigener Atem sagt mir dass ich nicht auch tot bin.
Sobald ich die Augen wieder öffne, ist es vorbei mit der Ruhe in meinem Inneren. Alles wird aufgewühlt, ich kann es praktisch spüren. Meine Magen wird durchgeschüttelt, mir wird schlecht. Und meine Gedanken schweifen ab, zu der Klinge in der Schublade meines Tisches. Zu dem Blut, das sie bereits vergossen hat. Meine Finger streifen unbewusst die feinen Wülste an meinen Armen und der Rausch durchfährt mich.
Schmerzen machen süchtig. Es ist unglaublich, dieses Gefühl. Adrenalin und pure Aufregung, die dich gleichzeitig beruhigt. Es ist schwer aufzuhören, und noch schwerer für immer aufzuhören.
Viele wundern sich, dass das doch weh tun muss. Aber es tut nicht weh. Nicht wirklich. Man ist darauf gefasst, weiß genau was einen erwartet. Freut sich darauf.
Langsam setze ich mich in meinem Bett auf.
Wieso ist es so schwer?
Ich darf es nicht tun. Mein Körper darf keine dieser Narben mehr tragen.
Denn es gibt keinen Noah mehr, der sie küsst.


Cover Image von Christopher McKenney.
Ja, ein neues Kapitel. *Yay!*
Das gibt dann für die nächsten fünf Monate nichts, so wie ich mich kenne..
Viel Spaß ~

Missing Limbs - I won't sing again [Ashton Irwin]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt