Safe With Me

Kapitel 26

Der Tag war vergangen, ohne dass es ein Zeichen von Maura gegeben hätte. Nichts. Einfach nichts. Die Nerven lagen blank bei jedem Mitglied des Teams. Die Presse hatte auch schon Wind davon bekommen, wie sie es auch immer geschafft hatte. Mauras Bild war überall in den Nachrichten. Wenn es wirklich eine Entführung der Mafia war, konnte das tödlich sein.

Castle hatte mehrfach versucht, sie mit einem Spruch aufzuheitern, aber die ohnehin angespannte Stimmung besserte sich dadurch nicht. Eher im Gegenteil. Captain Gates hatte ihn temporär von den Ermittlungen ausgeschlossen, da Kate und Jane bei seinen Sprüchen fast in die Luft gingen. Wahrscheinlich saß er jetzt schmollend vor dem Fernseher und spielte ein Videospiel. Den Ermittlerinnen war das im Moment herzlich egal. Sie hatten andere Sorgen.

Sie wussten nicht, wie falsch sie damit lagen. Natürlich war Castle sauer und sein Ego war verletzt, aber er hatte wichtigere Dinge zu erledigen.

Die Bar war sehr klein und dunkel. Obwohl es draußen hell war, drang kein Tageslicht durch die abgedunkelten Scheiben. Das Licht, bunt und flackernd, verlieh dem Ort eine geheimnisvolle, dunkle Stimmung, die von den paar Stammgästen, die mit Wodka in der Hand und in einem dichten Nebel von Zigaretten- und Zigarrenrauch sich gegenseitig ihr Leid klagten oder Poker spielten, unterstrichen wurde. Im Hintergrund sang jemand schief „Piano Man".

Castle saß ungeduldig an einem der hinteren Tische. Immer wieder schaute er ungeduldig auf die Uhr. Eigentlich hätte er schon längst hier sein müssen. Ein raues Lachen vom Pokertisch ließ ihn zusammenzucken. Endlich öffnete sich die Tür. Ein kräftig gebauter Mann mittleren Alters kam herein, schaute sich um, blickte flüchtig zu Castle und wandte sich erst einmal der Bar zu. Mit einem Glas puren Wodkas in der Hand und einem breiten Grinsen im Gesicht kam er schließlich auf Castle zu.

„Ricky! Lang nicht mehr gesehen!"

Er schlug Castle freudig auf die Schulter, dass es staubte. Castle grinste ein wenig gequält.

„Tony! Gut, dass du da bist!"

Tony ließ sich schnaufend auf einen Stuhl gegenüber von Castle fallen. Er nahm einen Schluck von seinem Getränk und sah Castle durchdringend an. Dann lehnte er sich zurück und verschränkte die Arme über seinem Bierbauch.

„Was gibt's, dass du mich so dringend sprechen willst?"

Castle kam gleich zum Punkt. „Du hast sicherlich von Dr. Maura Isles gehört, Chief Medical Examiner of the Commonwealth of Massachusetts."

Tony sah ihn abschätzend an. „Ja, sicher. Was willst du mir damit sagen?"

Wie viel wusste er? Er saß ruhig da, seine Miene blieb unbewegt. Nichts verriet, was in seinem Inneren vorging. Auch Castles Miene war ein undurchdringliches Pokerface. Hier ging es um mehr als Geld.

„Sie wurde entführt."

Tony zuckte kaum. Seine Überraschung verriet sich nur durch ein minimales Heben der Augenbrauen. „So ein hübsches Ding ... Eine Schande." Er verzog das Gesicht mitleidig. „Da kannste wenig machen. In nem Lagerhaus vor New York hocken die Russen manchmal und spielen mit den Geiseln wie Katz mit der Maus. Die sind gnadenlos. Schlimmer als so mancher Ire."

Er wusste von der irischen Mafia. Natürlich, er war ja von der italienischen Mafiosos, er kannte durchaus mehrere Leute.

Castle bohrte weiter. „Meinst du mit ‚Ire' Paddy Doyle?"

Tony schien dieses Pokerspiel ohne Karten langsam amüsant zu finden. „Mensch, da kennste dich ja aus. Unter anderem. Woher weißt du von ihm? Er ist nicht mal aus New York und auch schon seit einer Weile von der Bildfläche verschwunden."