Wer ignoriert hier wen?

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Ich war so unfassbar wütend auf Jago. War der doch wirklich besorgter um sein Auto, als um meine Gefühle. Es war ihm ja nicht einmal aufgefallen, dass ich ihn ignorierte. Das konnte ihm auch gar nicht auffallen, weil sich seine ganze Welt um dieses beschissene Auto drehte.

Wenn er der Meinung war, dass er in meiner Gegenwart nur Trübsal blasen musste, dann könnte er das haben, aber ohne mich. Vielleicht würde dem Idioten dann auffallen, dass ich auch noch existierte.

"Wohin gehst du?", hörte ich ihn fragen, als ich aus der Tür treten wollte. Ich tat das, was eine Frau in so einer Situation am besten konnte, ich ignorierte ihn.

Ein paar Sekunden später konnte ich hören, wie die Tür erneut geöffnet wurde und schwere Schritte mir folgten. Er war also zu sich gekommen! Geht doch. Zu blöd für ihn, dass ich dran war an etwas anderes zu denken als ihn.

"Mi amor, wohin gehst du?"

Am liebsten wäre ich zu einem Haufen geschmolzen, als ich seine tiefe Stimme hörte. Er hatte mich schon lange nicht mehr so genannt. Na gut, was hieß lange? Wir kannten uns gerade mal seit - nicht kompletten - drei Tagen. Und schon hatten wir unseren ersten Streit. Ein wirklich gutes Zeichen war das nicht, aber die Töle hatte ja noch ein paar Jahrhunderte zeit, die Sache wiedergutzumachen.

"Bist du wütend, mi amor?"

Was für eine dämliche Frage! Was dachte er denn?

"Ich nehme das als ja, aber wieso?"

Jetzt ist es offiziell. Männer sind Idioten. Nein, totale Armleuchter, Blödiane, Einfallspinsel und alles in allem unnötige Kreaturen auf diesem Planeten!

Obwohl ich ihn gerade anschreien und meine Wut an ihm auslassen wollte, blieb ich ruhig und ignorierte ihn weiterhin.

"Es tut mir leid, mi amor." Er entschuldigte sich, obwohl er nicht einmal wusste wofür. So ein Idiot.

Ich hätte Schnuffi mitnehmen sollen, er wäre ein weitaus besserer Kumpane gewesen und die Klappe hätte er auch gehalten. Und wenn nicht, dann hätte ich eben einen Maulkorb besorgt und ihm den umgebunden.

Dafür war es jetzt leider auch schon zu spät. Teil eins meines Planes war es Jago zu ignorieren und Teil zwei war gerade in Arbeit. Ich würde mir Reizwäsche besorgen und ein Kleid, dass noch nuttiger als das, welches ich anhatte, als ich ihn kennengelernt hatte und dennoch elegant war, besorgen.

Wenn er mich auf die Ersatzbank schieben wollte, wegen eines Autos, dann sollte er zusehen, wie ich ihn aus dem Spiel ausschloss, während ich dabei wie eine Granate aussah.

"Ich sagte doch, dass es mir leid tut, mir amor!", rief er mir hinterher, als ich in meinen Wagen steigen wollte. Zu allen Göttern betend, hoffte ich, dass er seine dämliche Karre nie wieder finden würde, ansonsten würde ich es in ein kleines, metallisches Viereck verwandeln lassen.

Dank seiner Schnelligkeit saß er im Beifahrersitz bevor ich die Möglichkeit hatte wegzufahren und ihn stehen zu lassen. Leider.

Es würde ihm leid tun. Spätestens dann, wenn ich einem anderen Mann mehr Aufmerksamkeit schenkte als ihm.


I'M THE MAN...I'M THE MAN...I'M THE MAN...


Überraschenderweise hielt Jago sich gut als Shopping-Begleitung. Er meckerte nicht, dass ich so lange brauchte, er trug meine Tüten, er zahlte für jedes einzelne Teil und gab auch konstruktive Kritik von sich.

So ein Scheiß!

Die ganze Zeit konnte ich mir anhören, dass ich so lange brauchte, er keine Lust hatte und sowieso etwas gegen jedes Teil hatte, bei dem man auch nur einen Funken Haut sehen kann. Meine Tüten durfte er dennoch tragen und dass er für meine Sachen zahlte war doch logisch, oder nicht? Ein kleiner Teil seiner Entschuldigung. Das richtige Kleid hatte ich leider immer noch nicht gefunden. Außerdem wusste ich nicht wie ich das bewerkstelligen sollte, wenn Jago seine Augen nicht von mir nahm und mir überallhin folgte.

Irgendwie musste ich ihn dazu bringen für kurze Zeit zu verschwinden. Wie aufs Stichwort knurrte meine Magen und ich sah mit großen Augen zu Jago.

Er seufzte. "Siehst du wie sehr ich dich liebe? Du redest nicht einmal mit mir und ich gehe trotzdem und hole dir etwas zum Essen. Rühr dich nicht vom Fleck, ich bin so schnell wie möglich wieder da." Einen Kuss auf meine Wange drückte verschwand er und ich atmete erleichtert auf. Diese ganze Aufmerksamkeit schien mich zu erdrücken, so mal er es wirklich übertrieb.

Hässlich! Vieeel zu nuttig. Was soll denn das für eine Farbe sein? Haben die Leute denn keinen Geschmack?

Perfekt. Es ist perfekt.

Grinsend drückte ich den Stoff an meine Brust und dachte daran, dass es Jago auf jeden Fall gefallen würde. Die siebenhundert Dollar waren es dann wohl hoffentlich wert, denn wenn nicht, dann würde ich das Kleid nehmen und den Stoff ganz fest um den Hals der Verkäuferin ziehen, die Jago die ganze Zeit schöne Augen machte. Wenn das Miststück nicht damit aufhörte, dann würden Konsequenzen folgen.

Vampir oder nicht, aber mit dem Spargeltarzan würde ich locker fertig werden. 


I'm the Man! (slow updates)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt