Gefangenendilemma von BlaackPaaradise (2.Runde)

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Autor: BlaackPaaradise
Gruppe: 1Punch
Cast: One (Jung Jaewon) & Punch (Samuel)
Genre: Drama, Freundschaft
Thema: Dilemma

Titel: Gefangenendilemma

Di·lẹm·ma
Substantiv [das]
1. eine Situation, in der man zwischen zwei unangenehmen Dingen wählen muss.
"einen Ausweg aus einem Dilemma suchen"
Synonyme: Zwickmühle
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Mein Blick fällt auf sein blasses Gesicht, welches seelenruhig schalfend, auf dem Bett neben mir liegt. Dieser Anblick verleiht mir ein Stich ins Herz, Tränen kommen mir hoch, ich versuche sie zu unterdrücken, scheitere jedoch. Ich muss meinen Blick von ihm wenden, sonst würde ich in Tränen ausbrechen und könnte es nicht mehr stoppen. Jetzt in dieser Zeit, muss ich stark sein, für ihn. Für Samuel.
Damit auch er stark sein kann.
Die Tür hinter mir wird geöffnet, wobei ich aus meinen Gedanken gerissen werde und mir im selben Moment die Tränen von den Wangen wische. Es ist der Doktor, der gerade mit seinem Klemmbrett, auf mich zu kommt.
"H-hallo Dok.", begrüße ich den älteren Mann und reiche ihm kurz die Hand, nachdem ich mich von dem Stuhl, auf dem ich saß, erhoben hatte. "Hallo Jaewon."
Er geht um das Bett, auf die andere Seite und blickt abwechselnd vom Klemmbrett zu Samuel und dann wieder zurück. "Seit einer Woche ins künstliche Koma gelegt", fängt er an, Stichpunktartig, aufzuzählen, "morgen werden wir ihn dann wieder wecken und falls ein Familienangehöriger sich meldet, folgt die OP." Ich nicke, als ob die Sätze an mich gerichtet waren.
Doch ich bin die einzige Person in Samuels Leben. Seine einzige Bezugsperson. Er hat keinen außer mich. Dasselbe gilt auch für mich. Er ist die wichtigste Person in meinem Leben, wie ein kleiner Bruder, auf den ich Acht geben muss. Wir Waisenkinder, haben schließlich nur uns gegenseitig.
"Jaewon." Seine raue Stimme holt mich aus meinen Gedanken zurück in die Realität. "Ja, Dok?"
"Du bist der einzige Angehörige, das ist dir bewusst, nicht wahr?" Erneut nicke ich, ehe er fortfährt. "Dir ist auch bewusst, dass wenn sich bis zur nächsten Woche kein Familienmitglied meldet, du die Verantwortung für ihn trägst und somit auch entscheiden musst, ob wir operieren sollen oder nicht." Langsam senke ich meinen Blick und atme tief ein, bevor ich ihm antworte. "Ja ich weiß."
"Gut. Ich werde noch mit eurer Betreuerin reden. Bis morgen." Nach einem kurzen Nicken, verlässt der Doktor, der Samuel schon seit einigen Wochen behandelt, den Raum. Seufzend lasse ich mich wieder auf den Stuhl nieder, während ich die Augen schließe und versuche, einen klaren Kopf zu bewahren.
Ich muss über das Leben dieses kleinen Burschen entscheiden.
Viel Zeit bleibt mir nicht übrig. Es wird sich keiner mehr melden, das steht fest, auch wenn der Dok daran glaubt. Keiner wird für Samuel entscheiden, an seiner Seite sein und ihn beschützen, keiner außer ich.
Doch wie soll ich wissen welche Entscheidung die richtige ist? Egal wie ich mich entscheide, es gibt nur wenig Hoffnung. Zwar sollte ich für ihn Stark sein, an ihn glauben, daran hoffen, dass alles besser wird, aber es ist schon fast aussichtslos.
Ich muss mich entscheiden; soll er die OP machen, wobei es nur eine minimale Chance, die ca. bei 8% liegt, dass er überlebt,
oder
er macht die OP nicht und wird an dem Hirntumor, welcher schon vor dem Endstadium ist, sterben.
Soll er sich bis zu seinem Tod quälen und Schmerzen erleiden, oder "friedlich" auf dem OP-Tisch seinen letzten Atemzug erleben?
Es ist ein verzwicktes Dilemma. Ich bin gefangen. Egal wie ich mich entscheide - sein Herz wird früher oder später aufhören zu schlagen.
Nachdem ich auch diese Nacht auf dem Bett neben Samuels verbracht habe, werde ich am nächsten Morgen von der Krankenschwester geweckt, da sie Samuel in wenigen Minuten aus dem künstlichen Koma holen wollen. Natürlich muss ich deswegen aus dem Zimmer und darf erst eine Stunde später zu meinem kleinen Burschen.
Mein Herz rast hastig gegen meinen Brustkorb, als ich die Tür zu seinem Zimmer öffene und den hellen, großen Raum betrete. Er liegt wie die Tage zuvor, still auf seinem Bett, nur mit dem Unterschied, dass er jetzt nun mal wach ist.
"H-hey..", unterbreche ich die Stille, während ich mich seinem Bett nähere. Sofort wandert sein Blick in meine Richtung und als er mich sieht, zaubert sich ein schwaches Lächeln auf seine Lippen. Unwillkürlich erwidere ich dieses und blicke ihn bemitleidenswert an, ehe ich mich neben ihm auf sein Bett, am Rand, setze. "Wie fühlst du dich?", frage ich vorsichtig. Währenddessen greife ich sahte seine knochige, kleine Hand, die am Handrücken eine Injektion befestig hat. Vorsichtig streiche ich über die zierlichen Finger und will seiner kalten Hand ein wenig Wärme spenden. "I-ich bin ein w-wenig müde..", antwortet Samuel, mit einer zerbrechlich wirkenden Stimme, die ich zuvor bei ihm nur einmal erlebt habe. Ich bin es nicht gewohnt ihn so zu sehen. So zerbrechlich, schwach, müde, erschöpft. Das ist nicht Samuel. Mein Samuel ist durchgedreht, hyperaktiv, verrückt, unruhig, fröhlich. Das war vielleicht auch einer der Gründe weshalb keine Pflegefamilie ihn wollte. Weil er einfach er ist.
Doch ihn jetzt so zu sehen, bricht mir mein Herz. Erneut stauen sich Tränen in meinen Augen, jedoch versuche ich sie, zu unterdrücken, damit Samuel sie nicht bemerkt. "S-soll ich gehen, dann kannst du dich erhol-"
"Nein bitte bleib..!", unterbricht er mich und drückt meine Hand so fest er kann, was jedoch kaum einen Einfluss hat und ich den Druck nur leicht spüre. In seinen Augen steht Verzweiflung geschrieben und um ihm diese zu nehmen, schenke ich ihm ein warmes Lächeln, obwohl ich in diesem Moment viel lieber einfach nur weinen würde.
"Keine Angst, ich bleibe bei dir.", sage ich beruhigend, "Ich werde nicht von deiner Seite weichen, ich bleibe für immer bei dir."
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"Hyung..?"
"Ja Samuel?"
"Die Krankenschwester hat gesagt, dass heute Nacht ein Feuerwerk, gleich auf der anderen Seite vom Fluss, ist..", meint Samuel kleinlaut und blickt auf seine Hände. So habe ich ihn ebenfalls noch nie erlebt. Sonst würde er glücklich und unruhig herumspringen, an meinen Ärmel zerren und mich anfehlen, das Feuerwerk anschauen zu gehen. Doch jetzt ist alles anders.
"Willst du es dir anschauen?", hacke ich nach, obwohl ich weiß, dass er genau darauf hinaus wollte. "J-ja.."
"Oke dann schauen wir uns das heute an~", entgegne ich und reiche ihm anschließend den Becher mit Wasser, nach den er mich zuvor gebeten hatte. "Wirklich??" Zum ersten Mal nach langer Zeit sehe ich das Funkeln in seinen großen Augen und das strahlende Lächeln auf seinen Lippen. Und ehe ich mich versah, spüre ich wieder einen kleinen Funken Hoffnung ganz tief in mir drinnen, dass diese starke, kleine Seele es doch schaffen könnte.
"Ja, wirklich."
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"Woah ich bin so aufgeregt!", ruft Samuel und grinst bis über beide Ohren, während ich ihn lächelnd nach draußen bringe. Da er noch zu schwach ist, um selbstständig zu gehen, haben die Ärzte ihm einen Rollstuhl gegeben, mit dem ich ihn nun auf die Dachterrasse des Krankenhauses schiebe. Das Feuerwerk vom Zimmer aus zu beobachten wäre nicht mal halb so interessant wie vom Dach aus, aus dem Grund entschied ich mich, ihn hier nach oben zu bringen.
"Freuste dich schon?", frage ich leicht lächelnd, während ich uns einen schönen Platz aussuchen und dieser letztendlich eine Bank bei einem kleinen Busch ist. "Ja aber richtig!", antwortet Samuel und schaut nach oben in den Himmel. Auch ich tue dasselbe und blicke in den mit hell leuchtenden Sternen überdeckten Nachthimmel. Selbst ohne Feuerwerk, ist der Himmel heute besonders schön. Die Sterne leuchten alle dicht nebeneinander und lassen die Nacht viel heller wirken, als sie es eigentlich ist. Doch das ist für den Sommer normal.
"Hyung hyung, gleich gehts los!", holt Samuel mich aus meinen Gedanken, wobei im nächsten Moment der erste Knall ertönt, gefolgt von bunte "Kometen", die sich nach den Aufstieg zu silbernen Sonnenwirbeln verwandeln und sich anschließend in große Feuerwerksbuketts in den Farben Rot, Blau und Grün zerlegen. In rasantfolgenden Abschüssen fallen Sterne wie Blätter zur Erde und verwandeln sich schnell zu fliegenden Fischschwärmen, die das Dunkel durchschneiden und dabei in den schillerndsten Farben leuchten.
Es ist wundervoll, selbst mich beeindruckt dieses Spiel aus grellen Farben am Himmel, auch wenn ich eigentlich schon zu alt für dieses Zeug bin.
Mein Blick wandert vom Himmel, zu Samuel, wo ich sofort in seine Augen blicke. Sie funkeln, als würde sich das Feuerwerk in ihnen abspielen und heute Abend, genau an diesen Abend, konnte ich das schönste Feuerwerk, das ich je gesehen habe, miterleben - und zwar in Samuels Augen.
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"Wie du weißt, hat sich kein Familienmitglied mehr gemeldet.", beginnt der Doktor, "also musst du die Entscheidung treffen, Jaewon."
Ich nicke bloß bedrückt und will dem Arzt nicht einmal in die Augen schauen. "Weißt du schon die Antwort?"
"Nein Dok.", gebe ich ehrlich zu und seufze laut. Seit Tagen bin ich am Überlegen, was für Samuel das Beste sein könnten und dennoch habe ich keine Entscheidung treffen können. Es ist so schwer, ich suche immer noch einen Ausweg aus diesem Dilemma. Ich stecke fest, in einer Zwickmühle aus Fragen.
Wird es ihm nach der OP besser gehen? Wird er es überleben? Kann er auch ohne OP gesund werden? Gibt es andere Möglichkeiten ihn zu retten? Wie lange hat er noch Zeit? Hat er überhaupt eine Chance, weiterzuleben?
Die meisten Fragen wurden mir schon beantwortet, aber die Antworten waren meist sehr ungenau. "Die Chance ist minimal, dass die OP Verbesserungen aufzeigen wird", "Er könnte auf dem OP Tisch sterben, jedoch besteht auch die Chance dass er geheilt wird", "Ohne OP wird er früher oder später sterben"
Jeder sagt was anderes, wem soll ich da noch glauben?
Mein Kopf ist voller Fragen, ich suche immer noch vergeblich nach einer Antwort. Ich will doch bloß, dass er weiterlebt, wieder der glückliche hyperaktive Samuel ist, den ich vor 8 Jahren kennengelernt habe. Ich will doch nur, dass er wieder leben kann.
Die Tage vergingen. Samuel wurde immer schwächer und schwächer. Trotzdem verschwand das leichte Lächeln nicht von seinen Lippen. Es war immer noch da, sobald ich sein Zimmer betrat. Selbst heute. Heute, der Tag an dem ich mich endlich entscheiden muss. An dem ich über Samuels Leben und seine Zukunft bestimmen muss. Das ist wahrscheinlich die schwierigste Entscheidung meines Lebens. Egal wie ich mich entscheide, entweder überlebt oder stirbt er.
Ich beobachte wie Samuel kurz davor ist, einzuschlafen, weswegen ich beschließe zu gehen. In knapp einer halbe Stunde muss ich mit dem Doktor über meine Entscheidung reden.
"Samuel ich geh dann oke? Wir sehen uns später.", flüstere ich leise, wobei der Kleine nickte und wieder die Augen schließt. Bevor ich gehe beuge ich mich zu ihm runter und drücke ihm einen sanften Kuss auf die Stirn, während meine Augen leicht feucht werden. "Ich liebe dich, Kleiner."
"Ich dich auch Hyung.."
Eine halbe Stunde später kam der Doktor genau pünktlich, wie vereinbart, um 15 Uhr, in sein Büro, wo ich schon auf ihn gewartet habe. Bevor er überhaupt etwas sagen kann, übernehme ich das Wort.
"Ich habe mich entschieden."
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A/N: Danke fürs Lesen!♡ und danke für die ganzen Votes und Kommis bei meinem ersten OS!!

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