Kapitel 1

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Gleich war es soweit. Nur noch ein paar Sekunden. Drei, zwei, eins und... sie war immer noch nicht verschwunden. Das ist doch mal wieder typisch. Da wartet man einen Monat, einen ganzen Monat, guckt sich jeden Tag diesen bescheuerten Laden an, merkt sich den gesamten Tagesablauf bis ins kleinste Detail und wenn es dann endlich soweit ist gibt es selbstverständlich jemanden, der die gesamte Arbeit zunichte macht. In diesem Fall Mrs. Westerlund.

Jeden Tag um 11:30 Uhr kommt sie zum Obst-, und Gemüseladen von James Monocerotis, um frische Waren für sich und ihren Ehemann zu kaufen. Der eigentliche Hauptgrund, wieso sie dies jeden Tag macht ist jedoch vielmehr, dass Mrs. Westerlund eine Person braucht, der sie den neusten Klatsch und Tratsch erzählen kann. Und da ihre meisten Freundinnen ihr Gerede schon lange nicht mehr ertragen, ist diese Person nun mal Mr. Monocerotis.

Im Normalfall dauert ihr Gespräch nur ca. 15 Minuten, doch genau heute, wenn es mal wichtig ist wann sie geht, hat sie anscheinend beschlossen mit dem lieben Herrn Monocerotis noch ein Weilchen länger zu plaudern.

In der Regel hatte ich selten bis nie Mitleid mit diesem Ekelpaket, dafür war er auch viel zu unfreundlich und gierig. Heute konnte ich allerdings verstehen, wieso bei ihm die Nerven blank lagen, denn wirklich niemand hält ein Gespräch mit Mrs. Westerlund länger als 20 Minuten aus. Selbst aus der Ferne konnte ich sein verkrampftes Lächeln und seine verschwitzte Stirn sehen.

An meinem Entschluss, ihm heute eine Lektion zu erteilen, änderte dies natürlich nichts. Dieser Kerl war wirklich ein Paradebeispiel für einen Mann, der den Hals nicht zu voll kriegen kann. Vor mehreren Jahren war er auf dubiose Weise zu einer großen Menge an Geld gekommen. Seinen Laden betreibt er laut eigener Aussage nur noch, weil er den Kontakt zu anderen Menschen so sehr liebt. Das ich nicht lache. Monocerotis bestiehlt seit Ewigkeiten schon seine Kunden und das trotz seines kleinen Vermögens. Er wartet dann darauf, dass diese das Verschwinden ihrer Wertsachen bemerken und ihn schließlich fragen, ob er sie zufällig gefunden hat. Voller Freude zahlen seine Opfer ihm dann einen beträchtlichen Finderlohn und sein Ansehen in der Bevölkerung von Andromeda steigt weiter. Was für ein Mistkerl.

Nun könnt ihr wahrscheinlich besser nachvollziehen, wieso ich vorhabe diesen Typen zurechtzuweisen. Mit anderen Worten, ihn auszurauben. Doch wenn Mrs. Westerlund nicht bald mal abhaut, wird das heute nichts mehr.

"Ah das hab ich ja total vergessen: die Doradus haben sich so verkracht, dass sie sich trennen. Das wird ein Rosenkrieg, James, hör auf meine Worte. Aber ich hab ja schon immer gesagt, die passen nicht zusammen. Na ja. Oh, es ist ja schon spät! Ich bin doch noch zum Kaffee bei den Aurigaes eingeladen. Sie wollten mir von ihrem neuen Landhaus in der Nähe von Helvetios erzählen. Wie die Zeit verrennt, wenn man in netter Gesellschaft ist. Dann bis morgen", rief Mrs. Westerlund mit ihrer schrillen Stimme die sogar Gläser zerspringen ließ. "Ich freue mich auch schon", rief Mr. Monocerotis mit verstellt freundlicher Stimme. Sie verabschiedeten sich und Mrs. Westerlund verschwand endlich. Als sie weg war hörte ich Mr. Monocerotis gereizt murmeln: "Diese Frau ist so eine Zumutung für sich und ihre Umgebung. Ich hätte mir anstelle ihres Mannes schon längst eine andere geholt. Sogar im Traum höre ich ihre schrille Stimme noch."

Ok, ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich mich nicht auch das ein oder andere Mal gefragt habe, wie Ihr Ehemann sie teils 24 Stunden am Tag aushält. Aber immerhin ist sie jetzt weg, sonst hätte ich meinen Plan neu strukturieren müssen. Doch jetzt konnte es losgehen.

Ich kam aus meinem Versteck in einer kaum beachteten Seitenstraße hervor. Bekleidet mit einer lilafarbenen Bluse, einer hellen Jeans, einem pupurnem Tuch um den Kopf, schwarzen Stiefeln sowie einer Sonnenbrille und einer Tasche in der selben Farbe. Ohne diese Maskerade wäre ich gewiss schon auf dem Weg hierher von einer Horde Polizisten verhaftet worden. Schließlich hängen Fahndungsplakate von mir in der gesamten Stadt aus. Mit dieser Verkleidung würde mich jedoch niemals jemand erkennen.

"Guten Tag Mr. Monocerotis, ich muss wohl vor ein paar Tagen meine Perlenkette verloren haben, Sie haben sie nicht zufällig gefunden oder?" Mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen begann ich die Unterhaltung. Natürlich hatte ich ihn in Wahrheit vor kurzem dabei beobachtet, wie er einer mir unbekannten Dame diese Kette gestohlen hatte. "Oh ja, ich habe sie tatsächlich gefunden", entgegnete er mir mit einem süffisanten Grinsen", ich schaue mal hinten bei den Fundsachen. Kommen sie doch mit." "Sehr gerne." Folgsam ging ich ein Stück hinter ihm her vorbei an Regalen mit Bananen, Äpfeln, Salatköpfen und allerlei Gewürzen. Die silbern glänzende Kasse stand auf einem Mahagonietisch. Neben ihr stand eine Schale mit leckeren Kirschen, mein Anschlagsziel. "Ausversehen" schmiss ich die Schale um. Die Kirschen verteilten sich daraufhin im ganzen Raum. "Ups, das tut mir aber leid", rief ich mit zuckersüßer Stimme. Soll er mich ruhig für tollpatschig halten. Es ist immer gut von seinem Gegner unterschätzt zu werden. "Kein Problem. Ich helfe Ihnen das wieder einzuräumen." Als er schon damit beginnen wollte sich mit mürrischem Gesicht an die Arbeit zu machen, rief ich hastig: "Nein, nein ich äh... ich mach das schon, gehen Sie schon mal meine Kette holen, ja?" "In Ordnung, bin gleich wieder da." Damit verschwand Mr. Moncerotis im nächsten Raum.

Das war meine Chance. Geschwind stand ich auf, ging zur Kasse, öffnete sie und begann die Einnahmen der letzten Monate in meine Tasche zu stopfen. "Wie sagten sie sieht ihre Kette nochmal aus?", hörte ich ihn von hinten rufen. "Eine Perlenkette mit einer schwarzen in der Mitte!", schrie ich ihm zu. "Das ist ja seltsam", sagte er. "Was denn?" Bitte lass ihn nichts merken, denn das konnte ich heute echt nicht gebrauchen. "Es ist seltsam..." "Ja was denn?" Langsam stieg Panik in mir auf. Aber gerade in so einer Situation muss man die Ruhe bewahren, schließlich war ich gerade damit beschäftigt Geld in meine Tasche zu stecken. "Diese Kette... sie gehört einer Frau die gestern bei mir war und mir glaubhaft versichert hat, dass es sich um ihre Perlenkette handelt. Weshalb ich mich nun frage, was Sie hier zu suchen haben?"

Und plötzlich stand er hinter mir, packte meine Hand und hielt mich krampfartig fest. "Diebin, Diebin!", schrie er mir ins Ohr. Dieses Schwein hatte es doch tatsächlich geschafft mich zu schnappen. In diesem Moment dachte ich nur an eins, Andrea, meine beste und einzige Freundin. Für sie durfte ich jetzt nicht verhaftet werden. Allein traute sie sich doch kaum auf die Straße. Und wenn, dann nur so, dass man kaum etwas von ihrer Haut erkennen konnte. Mit mir würde die einzige Person in das Gefängnis wandern, welche sich um sie sorgt und ihr hilft. Ich könnte mir dies nie verzeihen.

Aus diesem Grund fing ich an mich gegen den Klammergriff von Mr. Monocerotis zu wehren. Immer heftiger versuchte ich mich loszureißen "Hör auf damit. Du bist selbst schuld du kleine Göre", schnauzte er mich wütend an während er weiter "Diebin" schrie, um einen Polizisten auf sich aufmerksam zu machen.

Doch da kam mir eine Idee. Er hielt nur meinen Arm fest, mein Bein jedoch nicht. Und so rammte ich ihm mein Knie mit voller Wucht in seinen Magen. Mr. Monocerotis zuckte zusammen, fasste sich an seinen fetten Bauch und ließ mich doch tatsächlich los! Schnell schnappte ich meine Tasche und lief davon. "Dich schnappe ich noch du dämliches Miststück!", schrie er mir hinterher.

Doch ich hörte ihn fasst nicht mehr, als ich voller Freude ins Freie rannte.

Zu dieser Zeit wusste ich auch noch nicht was heute alles passieren würde...

Das ist das erste Kapitel meines ersten Buches. Ich hoffe es gefällt euch.
Liebe Grüße
Eure 0maro4

P.S. bin offen für Ideen zum Buch;)

Behind the mask Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt