Kapitel 2

57 6 1
                                    

"Haltet die Diebin", schrie Mr. Monocerotis aus vollem Hals hinter mir her, "haltet sie auf!" Kurz entschlossen, schaute ich mich nach ihm um. Zum Glück hatte ich bereits einen Vorsprung von rund 30 Metern aufgebaut, den er nicht so schnell einholen wird. Denn seien wir mal ehrlich, Mr. Monocerotis war nicht der sportlichste. Ich war schon überrascht, dass er überhaupt einigermaßen mithalten konnte. Sein dampflokartiges Schnaufen ließ nämlich schon seit vier Blocks vermuten, dass er das Laufen nicht gewohnt war. Doch Mr. Monocerotis ließ sich auch nach zwei weiteren Blocks nicht abschütteln. Bestens. 

Wenigstens dauerte es nicht mehr lange bis ich zu Hause und bei Andrea sein würde. Während ich nun weiter die bunten Straßen von Andromeda entlangrannte, kam ich auch an einigen meiner Fahndungsplakaten vorbei. Ich hatte sie bereits zu genüge in der kompletten Stadt verteilt gesehen. "Gesucht: Elena Swan; Belohnung: 100.000€; Beauftragte Polizisten: Alnitak und Mirfak" und dazu ein wunderschönes schwarz weiß Bild von mir, bei dem ich nur dezent aussah, als wäre ich irgendeine dahergelaufene Verbrecherin. Absolut lächerlich.

Vielleicht sollte ich an dieser Stelle noch ein paar Worte zu meinen beiden Lieblingspolizisten verlieren. Sie wurden ganz am Anfang meiner Karriere mit mir beauftragt, als noch niemand auch nur im Geringsten erahnen konnte, dass ich später zu einer der meistgesuchtesten Diebinnen der Stadt werden würde. Hätte der Chef der Polizeizentrale dies gewusst, hätte er gewiss nicht Alnitak und Mirfak beauftragt. Sie waren, naja, nicht die besten in ihrer Branche. Bis heute glaube ich, dass nur niemand anderes ihren Job übernimmt, weil alle es witzig finden wie das Duo kläglich versagt. Sie haben wirklich alles probiert, um mich festzunehmen. Und wenn ich alles sage, meine ich auch alles. Dies natürlich immer unter dem spöttischen Gelächter ihrer Kollegen.

Als ich meinen Raub geplant habe, hatte ich selbstverständlich mit einbezogen, dass ich ihnen nicht begegnen durfte. An diesem Wochentag gehen sie immer um die gleiche Zeit für ein paar Stunden in ihre Lieblingskneipe. Sie waren zwar als Polizisten absolute Nieten aber in die Arme rennen, wollte ich Ihnen jetzt auch nicht.

Mr. Monocerotis lief immer noch keuchend und schwitzend hinter mir her, während er weiter "haltet die Diebin" schrie. Man der Typ hat vielleicht Nerven. Aufhalten tat mich trotzdem kein Mensch. Die meisten realisierten erst gar nicht, dass ich die Diebin war und hielten es auch nicht für nötig mich festzuhalten. Also rannte ich weiter an Marktständen und Leuten, die sich unterhielten oder Flyer für irgendein Event verteilten vorbei. Mr. Monocerotis Gerufe war bald darauf nur noch ein verstummter Laut in der Ferne. Wenn ich jetzt nicht durch irgendetwas zum stehen komme, würde ich es ohne Probleme nach Hause schaffen. Noch schnell links um die Ecke und...

Na
ganz
toll.
Direkt vor mir standen mitten auf der Straße Alnitak und Mirfak. Die sollten doch eigentlich bei ihrer Lieblingkellnerin sitzen und von ihren "Erfolgen" als Polizisten berichten, doch jetzt standen sie vor mir. Ich brauchte einen neuen Plan und zwar ganz schnell.

"Alnitak, hast du das gehört? Da ruft doch einer "Diebin" oder?", fragte Mirfak verblüfft. "Ja, ich höre es auch. Wir müssen schnell zu diesem hilflosen Bürger, schließlich ist es unsere Pflicht der Gesellschaft zu helfen!", meinte Alnitak. "Weißt du vielleicht etwas von der Diebin junge Dame?", fragte mich Mirfak. Beide starten mich erwartungsvoll an. Ich konnte es nicht glauben. Ich stand zwei Meter vor ihnen und sie erkannten mich nicht! Meine Verkleidung war anscheinend besser, als ich dachte. Dennoch musste ich mich jetzt konzentrieren, denn wenn ich mich zu auffällig verhalte, könnten sogar diese beiden misstrauisch werden. "Ja, da ist ein Mädchen durch die Straße gerannt, welches irgendwie verdächtig wirkte. Besser sie gehen der Sache auf den Grund", sagte ich mit einem gespielt verängstigten Unterton. "Vielen dank, junges Fräulein. Wir werden uns umgehend um diesen Zwischenfall kümmern, damit du ohne Angst nach Hause gehen kannst", rief mir Mirfak zu. Beide eilten an mir vorbei zum Ende der Straße. Plötzlich tauchte aus dem Nichts Mr. Monocerotis vor den Polizisten auf. Sie rannten ihm direkt in die Arme.

Ich lief schnell weiter bevor die beiden realisieren konnten wer ich wirklich war. Von hinten hörte ich wie Mr. Monocerotis die beiden so heftig anschrie, dass ihnen Hören und Sehen verging. "Ihr dummen Trottel von Polizisten! Ihr erkennt ja nicht mal eine Diebin, wenn sie vor euch steht! Wie heißt ihr Dumpfbacken? Sobald ich mein Geld zurück habe, werde ich dafür sorgen, dass ihr beide auf der Stelle gefeuert werdet!", schrie er mit hochrotem Gesicht." "Alnitak und Mirfak, das sind unsere Namen. Doch bitte gehen Sie nicht zu unserem Chef, Mr. Monocerotis. Wir helfen Ihnen sogar diese Diebin festzunehmen, versprochen!", erwiderten sie kleinlaut. "Das will ich ja auch hoffen, schließlich... Moment mal, das ist sie doch! Elena Swan! Und ihr seid mit ihr beauftragt! Wieso steht ihr hier eigentlich noch rum? Nehmt sie endlich fest!" Sie salutierten und liefen nun zu dritt in meine Richtung. Ich weiß nicht was sie riefen, irgendetwas wie "Stehen bleiben! Der lange Arm des Gesetzes wird dich früher oder später fassen! Gib lieber auf! " oder so ähnlich. Als ob das für mich jemals in Frage kommt.

Durch ihre anfängliche Diskussion hatte ich bereits einen großzügigen Vorsprung aufgebaut. Die Polizisten und Mr. Monocerotis waren nur noch kleine Punkte hinter mir. Ich würde es auf jedenfall nach Hause schaffen. Ich würde es wirklich schaffen! Naja jedenfalls wenn jetzt nichts katastrophal schief gehen würde. Das war bei meinem Glück natürlich völlig ausgeschlossen.

Plötzlich kam ich in die Nähe eines Obststandes an dem ein junger Mann gerade einkaufte. Ich ging natürlich davon aus, dass er da noch eine Weile stehen bleiben würde, also versuchte ich ihn nicht weiter zu beachten, obwohl er schon ziemlich gut aussah. Doch genau in dem Moment als ich hinter ihm langrannte, machte er einen Schritt in meine Richtung und ich rannte schmerzlich gegen ihn. Er blieb stehen, ließ seine Einkäufe fallen und hielt mich an einem Arm fest. Dabei fiel leider meine Sonnenbrille auf den Boden und ging kaputt. "Es tut mir leid, ich hätte mich umsehen müssen bevor ich gehe. Ist Ihnen etwas passiert?", fragte er mit einem schiefen Grinsen. Ich starrte in seine haselnussfarbenen Augen. Das konnte doch nicht war sein. Ich hatte es vorhin aber auch hinaufbeschworen. Vor mir stand ihre königliche Hoheit Prinz Tobias von Andromeda. Heute ging aber auch alles schief. Da ich von hinten Mirfak, Alnitak und Mr. Monocerotis kommen sah, stammelte ich hastig: "Mir geht's gut... ich muss aber ganz schnell los... auf Wiedersehen." Schnell rannte ich weiter und ließ einen total verdatterten Prinzen zurück.

Als ich weiter gekommen war, warf ich einen kurzen Blick nach hinten, um zu sehen, dass jetzt auch noch der Prinz hinter mir her war. Ganz klasse. Der hatte doch sicherlich besseres vor als hinter irgendeiner Diebin herzulaufen. Dumm nur, dass ich schon längst nicht mehr irgendeine Diebin war. Wahrscheinlich hatte sogar Tobias selbst mich erkannt, schließlich war ich mittlerweile schon eine kleine Berühmtheit in Andromeda und Umgebung. Ich hatte nur langsam ein Problem mir ging die Puste aus und der Prinz war dicht hinter mir. Ich musste mir sofort etwas einfallen lassen! Ich könnte versuchen mich unter einer nahegelegenen Brücke verstecken und hoffen, dass sie an mir vorbeirennen. Nein, zu riskant. Wenn sie mich von allen Seiten einkesseln, habe ich verloren. Doch da sah ich die Lösung.

Ich überlegte nicht lange und kletterte, die an einem Haus befestigte, metallene Leiter hinauf. Der Prinz war dicht hinter mir dann folgten Mirfak und Alnitak, Mr. Monocerotis war weit abgeschlagen und kam gerade mit hochrotem Kopf um die Ecke. Ich sprang über die Dächer. Die Abstände waren nicht sonderlich groß sodass auch meine Verfolger, sogar Mr. Monocerotis, mit Leichtigkeit hinter mir her kamen. Doch urplötzlich tat sich vor mir ein riesiger Abgrund auf. Sollte ich den Sprung nicht schaffen, wären ein paar Knochenbrüche noch das harmloseste, was mir passieren konnte. Aber hatte ich denn eine andere Wahl? Ich atmete tief durch, hörte genau auf meinen Herzschlag, nahm Anlauf und sprang. Unter mir sah ich den Abgrund, doch ich konzentrierte mich nur auf das Hausdach, das immer näher kam. Ich versuchte auf den Füßen zu landen jedoch knickte ich schmerzhaft um und kam so unsanft auf. Mit meinen Armen und meiner Tasche schützte ich mein Gesicht. Ich rollte ein bisschen bis ich schlussendlich zum Liegen kam. Mit Freude bemerkte ich, dass ich bis auf ein paar Schirfwunden unversehrt war. Als ich aufstand und mich zu meinen Verfolgern umdrehte sah ich, wie sie mich allesamt mit offenen Mund anzustarren. Keiner traute sich zu springen.

"Es war mir eine Ehre Sie kennenzulernen mein Prinz. Bis zum nächsten Mal", rief ich ihm zu und knickste zum Abschluss, bevor ich mit einem Lächeln auf dem Lippen über die Dächer der nach Hause sprang.

Vielen Dank an meine ersten drei Leser ich hoffe euch hat das neue Kapitel gefallen. Ich bräuchte eure Hilfe. Habt ihr Ideen wie ich den König und die Königin nennen könnte würde mich sehr freuen☺

Liebe Grüße
Eure 0maro4

Behind the mask Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt