Kapitel 9

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"Ich..." "Martina, wieso bist du auf dem Cover dieser Zeitschrift, die aus Los Angeles kommt?", fragte er nun etwas wütender als traurig. Als ich ihm keine Antwort gab, meinte er: "Bist du dort als Model tätig oder was?" Ich schüttelte den Kopf: "Nicht ganz..." "Was dann?!" Ich stand auf und nahm ihm die Zeitschrift aus der Hand. Wieso musste Mechi die auch ausgerechnet auf meinem Schreibtisch so offen dort liegen lassen? Ich schlug eine Seite, die über mich handelte, auf und drückte ihm das geöffnete Magazin wieder in die Hände.
"Du... bist ein Star in Nordamerika?", stotterte er, als er die Artikel überflogen hatte. Ich nickte und fügte noch hinzu, dass man mich eigentlich auf der ganzen Welt kannte, außer hier. "Aber das kann nicht wahr sein." murmelte er. "So ist es aber, Jorge. Vielleicht verstehst du jetzt meine Art. Dieses Dorf ist eine Qual für mich. Ich wollte nie freiwillig meine Weihnachten hier verbringen und singen schon gar nicht. Das mag dich vielleicht hart treffen, aber mein Leben dort ist um einiges besser." erklärte ich. Irgendwann musste das eh rauskommen. Außerdem hatte ich nicht mal einen Grund, um es zu verheimlichen. Aber irgendwie erschien es mir erst als richtig. "Wieso hast du nichts gesagt? Ich meine, wir haben uns doch angenähert oder nicht?" Ich zuckte mit den Schultern. "Weißt du, vielleicht wollte ich mal herausfinden, wie Menschen mit mir umgehen, die mich nicht als Berühmtheit sehen." "Und dafür belügst du mich derartig?" Lachend verdrehte ich die Augen. Er soll sich nicht so anstellen. "Was ist dein Problem? Wir haben rein gar nichts, was uns verbindet oder noch irgendwas. Bei uns treffen zwei verschiedene Welten aufeinander. Nicht mal Freundschaft kann zwischen uns sein oder siehst du das anders?" "Nein. Du hast recht." Endlich hat er es verstanden. Ich meine, wieso sollten wir Freunde sein? Er ist zwar heiß und so, aber mehr auch nicht. Vielleicht kann er mich von Peter ablenken... Aber wenn ich nicht mal was für ihn gefühlt habe, brauche ich auch keine Ablenkung. Trotzdem hatte ich das Gefühl, irgendwas falsch gemacht zu haben. Keine Ahnung, woher das kam. Ich hatte noch nie etwas wie Mitleid, Mitgefühl oder ähnliches gefühlt. Vielleicht habe ich auch einfach was verdorbenes gegessen oder so. "Was stehst du hier noch herum?", fragte ich, als er immer noch mit der Zeitschrift vor mir stand. "Ich will es verstehen... Ist das der wahre Grund, für dein Leben in Kalifornien? Du machst gar keine Auslandsjahre?" "Wow, du Blitzmerker." meinte ich sarkastisch. "Und wie lebt es sich so als Superstar?" "Google mich doch mal. Martina Stoessel. Du wirst auf Videos meiner Konzerte stoßen. Falls du Google überhaupt kennst." Damit verschwand er und nahm die Zeitschrift mit. Ja gut, ist ja nicht so, dass Mechi die gekauft hat, aber ok.

Ich ließ mich auf mein Bett fallen und dachte über das Geschehene nach. Jetzt wusste Jorge von meiner Identität. Und in Nullkommanichts weiß das ganze Dorf davon. "Hast du klasse gemacht, Martina", murmelte ich.

"Tinita?", klopfte es an der Tür. Mechi. "Komm herein." murmelte ich.
Ich erzählte ihr, was gerade mit Jorge abging. "Nein, die Zeitschriften lagen aber ganz sicher in meiner Handtasche. Ich schwöre!" "Hä? Aber sie lag doch dort auf meinem Schreibtisch." erklärte ich. "Dann muss sie jemand genommen haben oder so. Ich war es zu 100% nicht, versprochen." beteuerte sie. Das brachte mich echt zum Grübeln. Wieso sollte jemand die Zeitschrift ohne zu fragen nehmen?

Beim Abendessen fragte mich meine Mutter: "Was haben du und Jorge so gemacht?" "Ähm, geredet." "Nur geredet? Es hörte sich an wie Streit." sagte sie. Ist das ihr Ernst? Lauscht die schon oder was? "Ja, vielleicht haben wir uns auch gestritten. Was interessiert es dich?" "Worum ging es in dem Streit?", hakte sie nach. "Mama!" "Ok, bin schon still." Irgendwie kam es mir so vor, als würde sie ganz genau wissen, worüber Jorge und ich gestritten hatten. Aber wahrscheinlich täuscht mich mein Gefühl heute.


Frohe Weihnacht?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt