Ein paar Tage später fuhr ich mit Mechi und Fran in die nächstgelegene Stadt, um die ersten Weihnachtsgeschenke zu besorgen.
Die Fahrt dauerte bestimmt vier Stunden, weil dieses Kaff, in dem wir wohnten, ziemlich weit außerhalb lag.
Kaum waren wir aus dem Auto gestiegen, schrie ein Mädchen: "Da sind Martina und Mechi!" Und schon kam eine Horde an Menschen zu uns gelaufen und wollten Autogramme und Fotos. Ich genoss es, denn sowas hatte mir in den letzten Tagen echt gefehlt.Doch ein Mädchen stach mir besonders ins Auge. Sie stand ganz hinten und rührte sich nicht. Ich beobachtete sie eine kleine Weile, aber sie kam weder zu mir noch zu Mechi. Er sie stand dort, mit Stift und Block in der Hand. Keine Ahnung, wieso sie nicht kam.
Nachdem ich noch ein paar weitere Fotos machte, ging ich zu dem Mädchen und hockte mich auf ihre Größe. "Wieso stehst du hier hinten so alleine?", fragte ich sie. Aber sie antwortete nicht. Sie hielt mir einfach den Block hin, auf welchem ich auch direkt unterschrieb. "Willst du noch ein Foto machen?", fragte ich. Doch auch auf diese Frage bekam ich keine Antwort. Plötzlich kam eine ältere Frau, wahrscheinlich ihre Mutter. Sie machte irgendwelche Zeichen mit den Händen, woraufhin das Mädchen auch welche machte. So ging das eine ganze Weile, bis sich die Mutter an mich wendete. "Entschuldigung, aber meine Tochter würde gerne ein Foto mit Ihnen machen, wenn das möglich wäre." meinte sie. "Ja, klar." antwortete ich direkt. Sie holte ihr Handy heraus und das Mädchen und ich lächelten in die Kamera. "Danke." Das kleine Mädchen drehte sich zu mir und machte irgendwelche Gesten. "Sie sagt, dass sie Ihr größter Fan ist und sie bedankt sich, dass Sie sich Zeit für sie genommen haben, obwohl sie taub ist." übersetzte ihre Mutter. "Wie sage ich 'gern geschehen'?" Sie machte eine weitere Geste, die ich versuchte nachzumachen. Dann verschwanden die beiden wieder. Es muss echt schwer sein, mit solch einer Einschränkung zu leben.Als wir dann erstmal die große Horde abgearbeitet hatten, gingen wir in die ersten Geschäfte. Das hier entsprach schon ehr meinem Niveau. Hin und wieder kamen einzelne Fans zu uns, aber sonst hatten wir weitgehend unsere Ruhe.
Zuhause angekommen, ging ich direkt in mein Zimmer, um meine Errungenschaften zu verstauen. Ich hatte nun für jeden ein Weihnachtsgeschenk. Mama, Papa, Fran und Mechi. Ich hatte auch überlegt, etwas für Lodo und Cande, die in LA sind, zu kaufen, aber ich dachte ich schenke ihnen einfach was, wenn ich wieder zurück bin.
Das Mädchen von vorhin ließ mir aber einfach keine Ruhe. Aus diesem Grund setze ich mich vor meinen Laptop und recherchierte über Gehörlosigkeit.
Mich interessierte dieses Thema seit der Begegnung sehr. Immerhin trifft es meine Fans. Doch eine Frage stellte sich mir. Wenn sie meine Musik nicht hören kann, wie kann sie ein Fan von mir sein? Und falls sie Filme mit mir sieht, wie kann sie die verstehen?
Ich fand heraus, dass die meisten tauben Menschen, Filme mit Untertiteln gucken. Sofort kam mir in den Sinn, dass ich das nicht könnte. Zwei Stunden nur lesen, mich während eines Filmes konzentrieren zu müssen.Ein Klopfen riss mich aus meinen Recherchen. "Ja?" Herein trat Jorge. "Was machst du denn hier?", fragte ich. "Darf ich dich nicht einmal mehr besuchen?" "Doch, klar. Also, was gibt's?" Ich lachte auf: "Du denkst auch, ich komme nur zu dir, weil ich was will, oder?" Ehrlich gesagt schon. Das war doch Standard. Die Leute kamen zu mir, ich gab ihnen Autogramme und Fotos, um sie glücklich zu machen. Doch dann fiel mir ein, dass Jorge keiner dieser Fans ist. "Warum bist du sonst hier?" Aber er antwortete nicht, sondern sah sich in meinem Zimmer um. "Ich war ewig nicht mehr hier oben." stellte er fest. Ich beobachtete, wie er durch mein Zimmer ging. Doch irgendwann blieb sein Blick auf einem Punkt kleben. Er ging auf meinen Schreibtisch zu und nahm sich etwas davon. "Was hast du da?", erkundigte ich mich. Er drehte sich zu mir und hielt eine Modezeitschrift mit einem Bild von mir auf dem Cover. "Was soll das bedeuten?", fragte er enttäuscht.
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Frohe Weihnacht?
FanfictionScharf zog sie die Luft ein, als sie hörte, dass sie an Weihnachten beim Weihnachtsfest der Obdachlosen singen sollte. Jedes Jahr veranstaltete eine Organisation in ihrem kleinen Heimatdorf ein Fest für alle Obdachlosen. Und dieses Jahr hatte ihre...