Kapitel 12

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Der Artikel war aber mindestens schon zwei Monate alt. Und von wem der Brief kam, konnte ich mir dann wohl auch denken. "Jetzt hab' ich ihn für immer verloren", heulte ich. "Hey, nicht weinen. Du erklärst es ihm einfach. Wenn er wirklich etwas für dich empfindet, wird er dir zuhören", sprach Mechi mir zu. "Er hasst mich jetzt endgültig, Mechi."

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Heiligabend. Eigentlich einer der schönsten Tage im Jahr. Wäre da nicht Jorge, der mich abgrundtief hasst. Und dazu kommt ja noch, dass ich ihn liebe. Toll, die Person, die ich liebe, hasst mich. Hast du klasse gemacht, Martina.
Genau genommen ist es ja nicht meine Schuld, dass er diesen Zeitungsartikel hat. Ich frage mich aber, woher er ihn hat, da man diese Zeitschrift sicherlich nicht hier kaufen kann.
Ich stürmte von meinem Bett zu den Zeitschriften , die Mechi aus Kalifornien mitgebracht hat. Und siehe da: eine Seite war herausgerissen. Ich nahm den Artikel, den Jorge mir geschickt hat und legte ihn an die Zeitschrift. Er musste aus dieser Ausgabe stammen, da das Papier genau daran passte. (Ist verständlich, was ich meine?)

Aber Jorge war doch gar nicht mehr hier seit dem Kuss. Wie soll er also in mein Zimmer gekommen sein? Irgendwas läuft hier gewaltig falsch.
"Martina! Du musst jetzt los zum Fest. Bist du fertig?", rief meine Mutter von unten. Ich war froh, dass das Fest nachmittags war. So konnte ich abends mit meiner Familie Bescherung machen. "Bin gleich unten!", rief ich zurück.
Ich hatte keine Lust, dort gleich auf Jorge zu treffen und mit ihm aufzutreten. Außerdem hatte ich keine Ahnung, wie ich ihm unter die Augen treten soll. Immerhin haben wir uns erst geküsst und dann war Funkstille. Und das alles nur, weil ich so dumm bin. Er hatte Recht, dass wir im Hier und Jetzt leben sollten und der Rest würde sich schon ergeben. Aber ich habe Angst vor der Zukunft. Und ich fand nicht die passenden Worte, um ihm das klarzumachen. Ich hoffte nur, dass mir dieses Fest die Weihnachtsstimmung nicht noch mehr vermiesen würde.

Ich schnappte mir meine Gitarre und ging mit Mama, Papa, Fran und Mechi zum Rathausplatz.
Vom Weitem sah ich schon Jorge, der gerade das Rathaus betrat. Jetzt war ich noch nervöser als ohnehin schon. Wenn ich vor ihm einen Fehler mache, will ich am liebsten im Boden versinken.
Der Platz war schon gut gefüllt, die Bänke alle besetzt und es wurde wärmer Kakao und Punsch verteilt. Doch irgendwie sah es nicht so aus, als würden dort nur Obdachlose sitzen. Aber ich konnte mir nicht weiter großartig Gedanken darüber machen, denn Magdalena zog mich am Arm ins Innere des Rathauses und meinte zu den anderen, dass sie doch ebenfalls Platz nehmen könnten.
"Martina, so viele Leute waren noch nie hier. Das liegt bestimmt daran, dass du wieder zu Hause bist, ich bin mir sicher. Du erfüllst unser kleinen Dorf mit Weihnachtsmagie", meinte sie. Magie? Als ob die das selber glaubt. Aber verwunderlich ist es schon, dass plötzlich so viele Leute hier sind. Das liegt an meiner strahlenden Schönheit. Ok, nein. Das hätte ich vor drei Wochen noch gesagt. Aber ich habe mich geändert, und zwar ins Positive. Genau wie Mechi, obwohl sie nie so oberflächlich war wie ich. Aber ein bisschen Zicke steckt ja wohl in jedem Mädchen, oder nicht?
"Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass das Programm dieses Jahr besser ist oder so", murmelte ich. Schließlich waren Jorge und ich ja nicht die einzigen, die heute etwas vorführen. "Das glaubst du doch wohl selber nicht, Martina." Ich senkte meinen Kopf, weil es mir das erste Mal unangenehm war, von jemandem derartig als großartig beschrieben zu werden. "Können wir?", fragte Jorge, der plötzlich zu uns stoss und der nebenbei bemerkt unbeschreiblich gut aussah. "Ja."

Das Gefühl auf dieser kleinen Bühne war fast noch besser als auf einer großen in Nordamerika. Aber nur fast.
Ich sollte noch eine kleine Begrüßungsansprache halten, was mir aber komischerweise heute total schwer fiel. "Hallo, ähm. Ich bin Martina und wir eröffnen heute dieses Weihnachtsfest. Jedenfalls wünschen wir euch viel Spaß, frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr", sprach ich in das Mikrofon. Ich nickte Jorge, mit dem ich heute nicht wirklich geredet hatte, zu und er finde an zu spielen. Kurz später setzte ich mit der Gitarre ein und fing an zu singen. Die Leute hörten gespannt zu, auch wenn ich sie nicht sehen konnte. Denn es war in kurzer Zeit schon dunkel draußen geworden und nur die Bühne, auf welcher ich mich ja befand, wurde beleuchtet.

Nach dem kleinen Konzert stieg ich mit meiner Gitarre von der Bühne und verschwand auf dem Klo. Aus einem unerklärlichem Grund war das gerade zu viel für mich. Hier für arme Menschen, die kein Dach über dem Kopf haben, zu singen, während ich theoretisch mit Geld um mich werfen könnte. Das war das einzige, worüber ich beim Singen nachdenken konnte. Es ist schrecklich, dass manchen Menschen sowas widerfährt. Und schrecklicher ist es, dass man nicht allen Menschen helfen kann.
Ich saß in einer Kabine auf dem Toilettendeckel und fing an zu weinen. Keine Ahnung wieso, aber es wuchs mit einfach alles über den Kopf. Ich konnte nicht mehr. "Tina?", fragte jemand und klopfte gegen die Kabinentür. "Was?!", gab ich patzig von mir. Niemand sollte wissen, dass ich wegen sowas heule. Nicht mal Mechi. Aber sie war es auch nicht, die mir aufs Damenklo folgte. "Ich mache mir ernsthaft Sorgen um dich." "Jorge, du musst dich nicht um mich kümmern, nachdem ich so dumm war. Du musst mich einfach hassen für meine immer dümmer werdenden Aktionen." "Mach erstmal die Tür auf. Ich glaube wir müssen dir alle mal etwas erklären", meinte er.
Vorsichtig und langsam öffnete ich die Tür der Kabine und ging mit Jorge nach draußen. Dort stand meine Familie inklusive Mechi auf der Bühne. "Was zum...?" Doch Jorge schob mich einfach auf die Bühne und ich ging direkt zu Mechi. "Was soll das werden?" "Glaub mir, ich hab genauso wenig Ahnung wie du", flüsterte sie zurück.
"Ich glaube, so langsam dürfen wir Martina und Mechi aufklären, oder?", sprach meine Mutter ins Mikro. Verständnislos sah ich sie an.
"Erinnerst du dich, als ich dich eine Woche lang in den USA besuchte? Was ich zu dir sagte? Ich sagte, dass das Starleben dich verändert hat und dass du nicht mehr meine Tochter bist. Daraufhin reiste ich ab. Per Telefon vertrugen wir uns wieder, weil keiner von uns zum anderen reisen wollte. Doch so ein Verhältnis wollte ich nicht zu dir. Keine wollte, dass es noch schlimmer mit dir wird. Also fragte ich die Bürgermeisterin, ob du nicht hier singen könntest. Dann verbreitete ich die Nachricht, dass du zurückkehren wirst. Die Mädchen waren alle ganz aus dem Häuschen, dass sie Martina Stoessel, ihr Idol sehen werden." Hä? Ich dachte niemand hier kennt mich. Sie fuhr fort und klärte weitere Fragen auf: "Ich bat unser Dorf darum, sich dir gegenüber normal zu verhalten. Als würden sie dich nicht kennen. Klar, deinen Fans fiel das nicht einfach, aber ich sagte ihnen, sie könnten heute dein Konzert sehen. Und schon haben alle mitgemacht. Das gleiche galt auch für Mechi. Denkt ihr wirklich, wir leben so weit außerhalb, dass wir die neusten Nachrichten, Hits etc. nicht mitbekommen? Dieses Dorf ist nicht so schlimm, wie ihr beiden vielleicht denkt. Wir wollten dich, Martina, auf den Boden der Realität zurück holen. Und als Jorge dich das erste Mal hier wieder traf, merkte er, dass es ernster um dich steht, als er vorher dachte." Mama übergab Jorge das Mikrofon und er erzählte weiter. "Deine Mutter und ich haben uns zusammengesetzt und darüber geredet. Ich meinte, dass es nicht ummöglich wäre, die alte Tini wieder hervorzuholen. Wir verbrachten mehr Zeit miteinander und einiges änderte sich. Du ändertest dich und... meine Gefühle änderten sich ebenfalls. Ich verliebte mich in dich. Aber du wolltest dir deine Gefühle nicht eingestehen. Deshalb gab mir deine Mutter den Zeitungsartikel. Ich hoffte, so würdest du merken, wie stark deine Gefühle sind. Aber nein, du sträubtest dich weiterhin. Und jetzt stehen wir hier und ich sage dir, dass ich dich liebe, Martina." 
Das war eindeutig zu viel auf einmal. Gespannt sah er mich an, doch ich stand nur steif da und wusste nicht, was ich tun sollte. Bis Mechi mir in die Rippen stieß und ich ein "Ich dich auch", herausbrachte. "Was?" "Ich liebe dich auch, Jorge!", rief ich und fiel ihm in die Arme. Er wirbelte mich herum und am Ende küssten wir uns kurz. "Heißt das, du gibst uns eine Chance?" "Na ja, der Fakt, dass du eigentlich von Anfang an wusstest, wer ich wirklich bin und du diese  Traurigkeit nur vorgetäuscht hast, lässt mich noch etwas zweifeln....", log ich. Und er fiel voll drauf rein. "Bitte verzeih mir das! Aber ich musste nun mal strenge Maßnahmen einhalten und..." "Ich legte meinen Finger auf seinen Mund und meinte: "Ja, ich gebe uns eine Chance."
Um uns applaudierten die Leute und ich merkte, dass wir ja gar nicht alleine waren. Peinlich.... "Darf ich ein Foto von euch beiden machen?", fragte ein Reporter. Ich wollte gerade verneinen, als Jorge sagte: "Klar, wieso nicht? Dann weiß die ganze Welt, wer der neue und letzte Mann an Martina Stoessels Seite ist." Aww, wieso muss er so süß sein? Ich sterbeeeeee.

-Ende-

Sooo, heute ist der 24. und mein Buch ist damit beendet. Ich hoffe, es hat euch die Wartezeit auf Heiligabend etwas verkürzt und dass es euch gefallen hat. Schreibt mir doch mal in die Kommentare, wie ihr das Buch fandet. Würde mich mega freuen.
Und falls ihr meine anderen Bücher noch nicht lest, solltet ihr mal dort vorbeischauen (Werbung und so😂).
Ich wünsche euch frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2016!🎉🎊 Lasst euch reich beschenken.❤❤🎁

Frohe Weihnacht?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt