Kapitel 4

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“Also, wir können los“, sagte ich zu Manuel und steuerte den Fahrstuhl an. “Schon vergessen? Wir wollten doch Sport machen“, räusperte er sich und musste sich das Grinsen verkneifen. “Ups“, antwortete ich und merkte, wie mir das Blut in den Kopf schoss. “Das mach ich irgendwie schon aus Gewohnheit.“ “Faules Stück“, erwiderte Manuel und fing sich erst einmal einen Schlag auf den Hinterkopf ein. “Aua“, grinste er mich nur an und lief die Treppen hinunter. Ich hatte jetzt schon Mühe hinterherzukommen; wie sollte das denn noch weitergehen? Ich sah mich schon keuchend die Straße entlangschlurfen, während Manuel frustriert und voller Energie auf mich wartete.

Manuel wartete tatsächlich schon unten vor der Tür auf mich. “Also los“, sagte er und drückte die schwere Eingangstür auf. Schweigend joggten wir los. Mir war das Schweigen extrem unangenehm, also beschloss ich, da anzufangen, wo ich gestern aufgehört hatte: beim Smalltalk. “Also, wie gefällt dir Essen so?“ “Ganz gut eigentlich“, antwortete Manuel und versuchte sich ein Grinsen zu verkneifen, was allerdings nicht so gut funktionierte. “Was ist denn so lustig?“ “Ach, nichts“, antwortete Manuel nur und musste nur noch breiter grinsen. “Okay...ähm...wo hast du denn vorher gewohnt?“ Bei dieser Frage wich das Grinsen allerdings aus seinem Gesicht und er fing an zu stottern: “Ähm...äh...Köln.“ “Ach, die große Youtuber-Hauptstadt also?“ “Ja...“ Manuel biss sich auf die Lippe. “Hast du auch schon ein paar getroffen?“, fuhr ich weiter locker fort und tat so, als hätte ich die Unsicherheit seinerseits nicht bemerkt. “Nein, leider nicht. Wie stehst du eigentlich zu dem Thema YouTube?“, wechselt er ganz hektisch das Thema. “Tja, also ich schau schon ab und zu ein paar Videos...aber meist auch nur Tutorials wenn ich wegen meiner Unfähigkeit wieder was nicht hinbekomme“, antwortete ich und kicherte. Toll, kommt ja bestimmt nicht blöd rüber oder so. “Achso“, sagte Manuel und atmete erleichtert aus. Was war nur los mit ihm? Warum wurde er bei manchen Themen so nervös? Dieser Mann war ein einziges, großes Mysterium. Und ich wollte jetzt mehr denn je herausfinden, warum.

“Fühlst du dich denn in deiner neuen Wohnung schon wohl?“, fuhr ich fort und versuchte, das Thema sanft auf seinen nicht vorhandenen Schlafrhytmus zu lenken. “So wohl man sich in einer Wohnung eben fühlen kann, in der alles von Kartons zugestellt ist“, lachte Manuel. “Hast du etwa noch nichts ausgepackt?“, fragte ich erstaunt und schüttelte verwundert den Kopf. War er nicht schon früh angekommen? “Ja, ich...hatte noch...anderweitig zu tun.“ Ich beschloss, nicht weiter nachzufragen. “Die Wände in diesem Haus sind ziemlich dünn, musst du wissen. Also hätte ich eine Frage: Was zur Hölle machst du um zwei Uhr nachts?“

Manuel wurde rot und fing wieder an zu stottern: “A-ach so, d-das hast du g-gehört? I-ich hab...a-also ich hab...t-telefoniert.“ Ach, und das sollte ich ihm also glauben? Dachte er etwa, ich sei komplett bescheuert?! Doch ich wollte ihn nicht noch mehr in Verlegenheit bringen, also nickte ich nur zweifelnd und fuhr fort: “Im Gegensatz zu dir wollen andere Leute um diese Zeit schlafen, also...“ “Oh, d-das tut m-mir echt total leid, i-ich...“ “Nein, nein schon okay“, unterbrach ich ihn und wedelte beschwichtigend mit der Hand. “Nur so, also verschieb das Telefonieren bitte auf den Tag wie normale Leute“, sagte ich und lächelte, um die Schärfe aus meinen Worten zu nehmen. “Klar“, antwortete Manuel und lächelte ebenfalls, allerdings glühten seine Wangen immer noch. Schweigend joggen wir weiter.
Wir durchquerten gerade einen kleinen Park, ich schloss die Augen und genoss einfach nur die frische Luft, das Zwitschern der Vögel in den Bäumen und das Gefühl, endlich mal wieder draußen zu sein. Ich bin seit Jeremys Tod nie wirklich oft draußen gewesen, hatte mich von der Welt abgeschottet...abgesehen von den Malen, an denen mich Lina fast schon aus der Wohnug gezerrt hatte. Aber ich konnte nie wirklich loslassen...

Ich öffnete die Augen wieder und schaute zu Manuel, dessen besorgter Blick auf mir ruhte. Hatte man mir etwas ansehen können? Verlegen drehte ich den Kopf und blickte stur auf den Boden. Zum Glück fragte Manuel nicht nach und wir liefen weiterhin schweigend nebeneinander her.

Der weitere Weg verlief ereignislos und irgendwann standen wir wieder vor der Wohnungstür. “Da wären wir“, durchbrach Manuel die Stille. “Ja...“, antwortete ich zögernd. Ich wusste nicht was ich sagen sollte, also blickte ich ihm nur in seine grünen Augen. Diese wunderschönen Augen...Ich verlor mich in dem strahlenden Grün und wollte gar nicht mehr auftauchen, doch Manuel räusperte sich und wendete verlegen den Blick ab. “Also dann, bis...irgendwann“ presste er angestrengt hervor und huschte in seine Wohnung.
Komplett aufgelöst und verwirrt betrat ich jetzt auch meine Wohnung. Dort wartete schon Lina auf mich. “Wo warst du?“, fragte sie sogleich mit gerunzelter Stirn. “Joggen...“, antwortete ich ausweichend und wollte mich in mein Zimmer verziehen, doch sie hielt mich am Arm fest. Fragend hob sie eine Augenbraue. “...mit Manuel“, vervollständigte ich meinen Satz, wand mich aus Linas Griff und ging in mein Zimmer, um über das Erlebte nachzudenken.

So, das wars mal wieder! Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen! Nicht vergessen zu voten und zu kommentieren, was euch gefallen hat oder was ihr vielleicht nicht so gut fandet!(Wie zum Beispiel meine Unfähigkeit, über emotionale Ereignisse zu schreiben, aargh!) Ciao und bis zum nächsten Kapitel! :D

Ein GLP gegenüber (GLP FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt