Louisé POV Part I
Gemeinsam verlassen wir "Herrgeman's&Co", wo ich gerade zum x-ten mal mein freiwilliges Praktikum mache. Ich, mit dicken Handschuhen und Ohrenwärmen, und Ed, mit dem selbst gemachten Schal, den ich ihm letztes Jahr zum Weihnachten geschenkt habe. Es ist ungewohnt, die derbe Werkstatt in der weihnachtlichen Beleuchtung zu sehen. Aber deswegen finde ich es umso schöner, wenn das Licht Rost und Metall überstrahlt. Ed hingegen geht zu seinem Motorrad und setzt sich seinen Helm auf, danach hält er mir einen zweiten unter die Nase. Eigentlich wollte ich grade nach Hause gehen, mich Zuhause unter eine Decke kuscheln und sehe ihn deshalb verwirrt an.
"Setz den Helm auf", klingt es gedämpft aus dem Helm.
"Wo willst du hin? Ich seh gammel aus", protestiere ich und deute auf die verkleckste alte Baggie-Pants.
"Erklär ich dir später."
Er drückt mir den Helm in die Hand und startet probeweise die Maschine. Seufzend setze ich mir den Helm auf und zieh mein platinblondes Haar aus dem Nacken.
Über die Schulter sieht Ed zu mir. "Bereit?"
Er lässt den Motor laufen.
"Muss ja."
Und schon fahren wir los. Wir ziehen über die menschenleere Straße hingweg, die bunten Weihnachtslichter verschwimmen zu Leuchtstreifen, ich rücke ganz nah an Edwine und klammer mich an ihm fest. Unter meinen Armen spüre ich wie sich sein Brustkorb vor Lachen -dieser Vollidiot- ruckartig hebt und senkt. Nach einer Zeit werden wir langsamer und ich erkenne die Umgebung wieder.
Hier in der Nähe wohnt Ed. Wir halten vor seinem Haus und während er sein Motorrad weg stellt, gehe ich schon mal durch die Hintertür ins Haus.
"Hey Louisé, na wie geht's dir?", begrüßt mich Ryane, Edwines Mutter. Ihre Haare sind zu einem lockeren Zopf an die Seite geflochten und Lachfältchen zieren ihr Gesicht, sodass sie die angenehme Ruhe austrahlt, die ich an ihr so schätze. Ich setze mich an die Theke und schaue ihr beim Kochen zu. "Sehr gut, naja etwas verwirrt schon."
Sie schaut kurz irritiert auf.
"Verwirrt, ja? Weshalb?"
"Na, ich bin hier."
Ryane grinst allwissend in ihr Essen, während ich dämlich weiter vor mich hin sitze. Ihr Name und Edwines? Ja, Ryanes Eltern haben sich bei ihrem Auslandsstudium in Großbritannien kennengelernt, daher ihr Name. Die Begründung für Eds Namen ist: Englisch ist einfeinfach cool, Zitat Ryane
In dem Moment als Ryane mir endlich ihre Weisheit mir preisgeben will und ihre allwissende Worte aus ihren Mund quellen wollten, kommt Ed ins Zimmer. Er schneidet ihr dreist das Wort ab mit "Nein, Ma. Ich klär' das" und zieht mich aus dem Zimmer. Sie zwinkert mir nochmal zu, widmet sich dann aber wieder dem Essen. Ed schleppt mich durchs Haus, die Treppe hoch bis in sein Zimmer. Das deswegen, weil, ich bockig und sturr, mich nicht vom Platzt rühren wollte, ehe ich nicht wüsste was abgeht. Naja jetzt hänge ich über seine Schulter. Wackelnd geht er die Treppe rauf, geht in sein Zimmer und ladet mich auf das Bett ab.
"So was geht hier vor, du kranker Vollidiot? Warum entführst du mich?"
Ich ziehe eine Augenbraue hoch und sehe ihn gespielt angesäuert an. Aber ich mache mir nicht die Vorstellung von ihm ernst genommen zu werden, solange ich noch mit dem Kopf über die Kante baumel und sich mein Gesicht zunehmend dunkler verfärbt, wie ich es im Spiegel beobachte. Währenddessen wühlt Ed im Schrank, als plötzlich sein Shirt auf dem Boden landet. Er dreht zu mir um mit einem großen Päckchen mit einer fetten roten Schleife. Verwirrt setze ich mich in seinem Bett auf und werde mir bewusst, in was für einer Situation ich gerade bin. Edwine halbnackt mit einem Weihnachtsgeschenkt, das einzige Licht von der Straßen Laterne vor dem Fenster betont seine Muskeln und ich auf dem Bett in seinem Zimmer. Als er näher zum Bett kommt weich ich panisch zurück. Ich bin so gar nicht darauf vorbereitet. Edwine ist cool, sexy und witzig und ein Traumtyp alles in allem, aber er war bisher immer nur mein bester Freund!
Plötzlich blitzen blaue Augen, ein großer, muskulöser Körper , umrandet von braunem, kurzen Haar in meinem Gedächtnis auf: Chris. Edwine setzt sich direkt vor mir und ich wage es kaum zu atmen. Ich kann Ed keine Abfuhr geben! Mein Gott, es ist Ed! Ich habe das Gefühl seine grauen Augen verschlingen mich gleich, als sein Gesicht mir immer näher kommt. Er drückt mir das Geschenk entgegen.
"Tust du mir eingefallen?", flüstert er.
Ich nicke und bete, dass er gleich alles mögliche sagt, nur nicht "schließe deine Augen".
"Kannst du-", jetzt kommt es,"-heute Abend so tun als wärst du meine Freundin?"
Warte? Was hat er gesagt?!
Er will mich nicht küssen. Er will mich nicht küssen! Als die Nachricht dann auch endlich mein Bewusstsein erreicht, kippe ich lachend vom Bett.
"Oh Gott, nein, das hast du gerade nicht ehrlich gefragt? Du,-",
ich zeige auf ihn in meinem Lachflash, "- Mister Sexy-Obercool, musst mich fragen um deine Scheinfreundin zu sein?"
Erleichtert und einfach nur verbrannt im Hirn, drehe mich lachend auf dem Teppich.
"Machst du's nun oder nicht?!", brüllte Ed auf einmal.
Ich halte inne und seh zu ihm auf, er scheint es gar nicht witzig zu finden.
"Ganz ruhig, Ed. Ich mach es ja.",beruhige ich ihn. "Aber deiner Familie was vorspielen ist irgendwie nicht das Wahre"
"Nein, heute ist ein Weihnachtsball organisiert von den etwas reicheren meiner alten Klassenkameraden und wir gehen da hin. Begleitung ist Pflicht und alle erwarten, dass ich meine super tolle Freundin mitbringe"
Er steht auf und beginnt sich umzuziehen.
Verdammt warum werde ich jetzt rot?! Ich versuche meine glühenden Wangen zu verbergen und zupf an meiner befleckten Baggy Pants. "Ich fühl mich nicht gerade so wie die super tolle Freundin, eher wie das Straßenkind aus dem Getto."
"Hier" Er wirft mir das Päckchen zu. "Fröhliche Weihnachten. Ich dachte, ich schenk dir mal was anderes als Zeichenwaren und Sprayartikel." Endlich ist der fröhliche Ed wieder da.
Neugierig öffne ich das Geschenk und ein wunderschönes bodenlanges Kleid, ein paar Schuhe und ein weiteres, weit aus kleineres Päckchen kommen zum Vorschein.
Das Kleid ist mintgrün, schlicht, aber trägerlos. Da die Schultern und die Arme wären nackt, wenn ich nicht dieses eng anliegende Croptop aus feiner schwarzer Spitze in der kleinen Schachtel gefunden hätte. Die Schuhe sind schwarz und sehen umwerfend aus, nicht zu niedrig und nicht zu hoch. Schnell klaube ich alle meine Sachen zusammen und verschwinde im Bad. Irgendwann taucht Ryane neben mir auf und hilft mir mit den Haaren. Ed kommt auch einmal vorbei um seine Haare zu stylen. Und wow, dieser Junge könnte öfter eine Smoking tragen.
Als er und ich später unten vor der Tür in den Spiegel sehe, habe ich nur einen Gedanken:
Scheiße sehen wir gut aus.
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Forever Young
Mister / ThrillerEs ist diese Flüssigkeit, die unsere Gene nicht altern lässt und uns für immer jung hält. Diese eine Flüssigkeit nimmt uns unsere Zukunft und gibt uns eine Neue. Elisabeth und Louisé zwei Mädchen, die unterschiedlicher nicht sein können, werden zum...